Ist nach Art. 15 Abs. 1, 14 Abs. 1 EGBGB ausländisches Güterrecht anzuwenden, kommt es auf das aktuell geltende Recht an.

Gemäß Art. 15 Abs. 1 EGBGB unterliegen die güterrechtlichen Wirkungen der Ehe dem bei der Eheschließung für die allgemeinen Wirkungen der Ehe maßgebenden Recht. Nach Art. 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB ist für die allgemeinen Wirkungen der Ehe zunächst auf das Recht des Staates abzustellen, dem beide Ehegatten angehörten. Im vorliegenden Fall waren beide Ehegatten zum Zeitpunkt der Eheschließung russische Staatsangehörige, so dass sich die güterrechtlichen Wirkungen der Ehe nach russischem Recht richten. Da ausschließlich auf den Zeitpunkt der Eheschließung abzustellen ist („Unwandelbarkeit“), ist es unerheblich, dass die Beteiligten inzwischen beide die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen.
In der Rechtsprechung ist umstritten, auf welchen Rechtsstand bei dem nach Art. 15 Abs. 1 EGBGB anzuwendenden ausländischen Recht abzustellen ist. Nach der so genannten Versteinerungstheorie werden Rechtsänderungen des fremden Rechts von der Verweisung nicht erfasst, so dass es ausschließlich auf das zum Zeitpunkt der Eheschließung geltende ausländische Recht ankommt [1]. Wesentliches Argument hierfür war der Schutz vor politisch motivierten Rechtsänderungen, die häufig der Fluchtgrund waren [2] und die Gesetzesbegründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Neuregelung des Internationalen Privatrechts [3].
Nach der wohl herrschenden Meinung ist auf das heute geltende ausländische Recht abzustellen [4].
Das Oberlandesgericht folgt der Auffassung, dass sich die Verweisung auf das aktuell geltende Recht des fremden Staates bezieht.
So handelt es sich bei der Verweisung in Art. 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB gemäß Art. 4 Abs. 1 S. 1 EGBGB um eine Gesamtverweisung, die auch das ausländische Internationale Privatrecht umfasst. Enthält dies eine Rückverweisung auf das deutsche Recht, wird diese nach Art. 4 Abs. 1 S. 2 EGBGB akzeptiert.
Soweit nun das ausländische Kollisionsrecht eine wandelbare Anknüpfung beinhaltet, etwa auf den jeweiligen Aufenthalt oder die Staatsangehörigkeit abstellt, handelt es sich um eine bewegliche Rückverweisung. Damit akzeptiert das deutsche Kollisionsrecht, dass sich aus der Veränderung maßgeblicher Anknüpfungstatsachen eine Wandlung des Güterrechtsstatuts ergeben kann.
Dies spricht gegen die Auffassung, wonach es auf das Recht des fremden Staates allein zum Zeitpunkt der Eheschließung ankommt, weil sich bereits aus dem fremden Kollisionsrecht eine Wandelbarkeit ergeben kann. Es wäre daher wenig überzeugend, unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes die Änderungen des Rechts des fremden Staates unberücksichtigt zu lassen. Denn so wie die Beteiligten in der Lage sind, die güterrechtlichen Folgen von Veränderungen ihrer Lebensverhältnisse nach Maßgabe des internationalen Privatrechts zu überblicken, werden sie dies auch hinsichtlich der Rechtsentwicklung ihres vormaligen Heimatrechts können [5].
Das von der Gegenauffassung herangezogene Argument des Schutzes vor politisch motivierten Änderungen ist aufgrund des Gesetzes über den ehelichen Güterstand von Vertriebenen und Flüchtlingen vom 04.08.1969 und der weiteren historischen Entwicklung überholt [6]. Auch trägt der Hinweis der Gegenauffassung auf die Gesetzesbegründung nicht, weil diese lediglich die Frage der Unwandelbarkeit des Güterrechtsstatuts zum Gegenstand hat und sich nicht mit der Frage der Wandelbarkeit des ausländischen Rechts befasst.
Als weiteres Argument für die Auffassung, dass auf das derzeit geltende ausländische Recht abzustellen ist, tritt hinzu, dass auch Ehen, für deren allgemeine Wirkungen bei Eheschließung deutsches Recht gilt, an der Rechtsentwicklung des deutschen Güterrechts teilhaben. Es wäre daher kaum nachvollziehbar, warum nicht das jeweils geltende ausländische Rechts zur Anwendung gelangen sollte, ist doch bei Ehen, für deren güterrechtliche Verhältnisse das deutsche Recht gilt, ebenso das jeweils geltende deutsche Recht anzuwenden. So entwickelt der Gesetzgeber das Güterrecht auch für bereits geschlossene Ehen fort und belässt es bei punktuellen Übergangsvorschriften, wie Art. 229 § 20 Abs. 2 EGBGB belegt.
Daher ist das Recht der Russischen Föderation anzuwenden. In dessen internationalen Kollisionsrecht findet sich eine (wandelbare) Rückverweisung auf das deutsche Recht. Nach Art. 161 Nr. 1 S. 1 des Familiengesetzbuches der Russischen Föderation vom 29.12.1995 [7] bestimmen sich die vermögenswerten Rechte und Pflichten der Ehegatten nach der Gesetzgebung des Staates, auf dessen Gebiet sie ihren gemeinsamen Wohnsitz haben oder ihren letzten gemeinsamen Wohnsitz hatten. Da die Beteiligten zumindest ihren letzten gemeinsamen Wohnsitz in Deutschland hatten, ist nach dem russischen Kollisionsrecht deutsches Güterrecht anzuwenden.
Oberlandesgericht Celle, Beschluss vom 31. März 2014 – 15 UF 186/13
- BGH NJW 1963, 1975, 1976 f.; OLG Nürnberg FamRZ 2011, 1509, 1510[↩]
- BGH a.a.O.[↩]
- OLG Nürnberg a.a.O. unter Hinweis auf BT-Drs. 10/504, S. 57 f.[↩]
- OLG Hamm FamRZ 2010, 975, 976; OLG Düsseldorf FamRZ 2011, 1510, 1512 m.w.N. zu beiden Auffassungen[↩]
- OLG Hamm FamRZ 2010, 975, 976[↩]
- OLG Hamm FamRZ 2010, 975, 976; OLG Düsseldorf FamRZ 2011, 1510, 1512[↩]
- Lorenz in: Bergmann/Ferid/Henrich: Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Länderteil „Russische Föderation“, Stand: 10.07.2013[↩]
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