Gegen einen mitwirkungsbereiten Dritten im Sinne von § 1684 Abs. 4 Satz 3 und 4 BGB kann eine gerichtliche Regelung des begleiteten Umgangs nicht vollstreckt werden. Das gilt auch, wenn dieser (hier das Jugendamt) in anderer Funktion Beteiligter des Umgangsverfahrens war1.

Die Verhängung eines Ordnungsgelds aufgrund einer vollstreckbaren gerichtlichen Umgangsregelung setzt nach § 89 Abs. 1 Satz 1 FamFG die Zuwiderhandlung gegen den Vollstreckungstitel voraus. Die Person oder Behörde2, gegen die das Ordnungsgeld festgesetzt werden soll, muss dabei Verpflichtete der Umgangsregelung sein.
Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main3 ist zutreffend davon ausgegangen, dass diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall nicht gegeben sind. Soweit das Jugendamt nach der getroffenen Umgangsregelung seine Räumlichkeiten und Mitarbeiter zur Durchführung des jeweiligen Umgangs als Umgangsbegleiter zur Verfügung stellt, nimmt dies nicht am vollstreckbaren Inhalt des Beschlusses teil. Soweit es in seiner Funktion als Ergänzungspfleger am Verfahren beteiligt und für die Durchführung der Umgangskontakte verantwortlich war, liegt keine schuldhafte Zuwiderhandlung gegen eine ihm insoweit obliegende Verpflichtung vor.
Die Regelung des § 1684 Abs. 4 Satz 3 und 4 BGB ist (seinerzeit noch als Satz 2 und 3) durch das Kindschaftsrechtsreformgesetz vom 19.12.19974 eingeführt worden. § 1684 BGB beruht auf der vorangegangenen Vorschrift des § 1634 BGB aF, die eine ausdrückliche Regelung zum begleiteten Umgang noch nicht enthalten hatte5.
Übereinstimmend mit dem Wortlaut der Norm („mitwirkungsbereiter Dritter“) ist der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass sich der Dritte im familiengerichtlichen Verfahren zur Mitwirkung bereit erklären muss und nicht gegen seinen Willen zur Anwesenheit bei der Ausübung des Umgangsrechts gezwungen werden kann6. Daraus folgt, dass auch das Jugendamt insoweit im Rahmen einer vom Familiengericht getroffenen Umgangsregelung nicht in zulässiger Weise zur Mitwirkung verpflichtet werden kann. Hat sich das Jugendamt – wie im vorliegenden Fall – zunächst zur Mitwirkung bereit erklärt, hält es daran aber nach Erlass des Beschlusses über den begleiteten Umgang nicht mehr fest, liegt darin ein jederzeit möglicher Widerruf seines Einverständnisses mit der Umgangsbegleitung. Auf die Tragfähigkeit der vom Jugendamt hierfür angeführten Gründe kommt es nicht an, denn die Einverständniserklärung entfaltet keine Bindungswirkung. Wie die erstmalige Mitwirkung unterliegt daher im familiengerichtlichen Verfahren auch deren Fortsetzung durch das Jugendamt als mitwirkungsbereiter Dritter seiner freien Entscheidung7.
Ein etwaiger öffentlichrechtlicher Anspruch gegen das Jugendamt oder den Jugendhilfeträger auf Mitwirkung bei den Umgangskontakten kann im familiengerichtlichen Verfahren nicht durchgesetzt werden und begründet daher keine Ausnahme von der in § 1684 Abs. 4 Satz 3 BGB geregelten Freiwilligkeit der Mitwirkung.
Zwar hat der umgangsberechtigte Elternteil ein aus § 18 Abs. 3 Satz 3 und 4 SGB VIII abgeleitetes verwaltungsgerichtlich einklagbares subjektives Recht gegen den staatlichen Träger der Jugendhilfe auf Beratung und Unterstützung bei der Ausübung des Umgangsrechts, welches er nötigenfalls im Wege des Eilrechtsschutzes durchsetzen kann. Dies kann unter Berücksichtigung der sozialrechtlichen Gewährleistungspflicht des § 79 Abs. 2 SGB VIII auch die Pflicht des Jugendhilfeträgers einschließen, seine Mitwirkungsbereitschaft vor dem Familiengericht zu erklären. Eine Abstimmung zwischen diesen beiden Verfahren kann etwa dadurch erreicht werden, dass das Umgangsverfahren gemäß § 21 FamFG ausgesetzt und dem umgangswilligen Elternteil unter Setzung einer angemessenen Frist Gelegenheit gegeben wird, seinen etwaigen Mitwirkungsanspruch verwaltungsgerichtlich durchzusetzen8. Daraus folgt aber zugleich, dass vor dem Familiengericht ein Mitwirkungsanspruch gegen das Jugendamt oder den Träger der Jugendhilfe nicht geltend gemacht werden kann. Das Familiengericht ist im Rahmen der Vollstreckung der Umgangsregelung folglich auch nicht zur zwangsweisen Durchsetzung eines etwa bestehenden öffentlichrechtlichen Mitwirkungsanspruchs befugt.
Wenn das Jugendamt in anderer Funktion, etwa als Amtsvormund oder Ergänzungspfleger, am Umgangsverfahren beteiligt war, führt auch das nicht zu einer Erstreckung der diesem obliegenden Verpflichtung auf eine im familiengerichtlichen Verfahren darüber hinausgehend zugesagte Umgangsbegleitung9. Eigenständige Verpflichtungen des Jugendamts ergeben sich dementsprechend auch nicht aus dessen auf Antrag nach § 162 Abs. 2 Satz 2 BGB erfolgter Verfahrensbeteiligung10. Vollstreckbare Mitwirkungspflichten bei der Durchführung von Umgangskontakten können sich vielmehr nur aus den dem Jugendamt vom Gesetz zugewiesenen Aufgaben ergeben, wenn und soweit diese einen Bezug zum Verfahrensgegenstand haben und ihrer Rechtsnatur nach einer Vollstreckung nach §§ 88 ff. FamFG zugänglich sind. Allein aus der Verfahrensbeteiligung des Jugendamts lässt sich eine solche vollstreckbare Verpflichtung mithin nicht ableiten.
Dass die Umgangsbegleitung durch das Jugendamt in den die Umgangsregelung enthaltenden Beschluss aufgenommen wird, dient der erforderlichen Konkretisierung der Umgangsmodalitäten und begründet keine eigenständige vollstreckbare Pflicht zur Umgangsbegleitung7. Ein vom Familiengericht gegenüber dem Jugendamt ausgesprochener Warnhinweis nach § 89 Abs. 2 FamFG bleibt in diesem Fall auf die gesetzlichen Aufgaben des Jugendamts im Hinblick auf die Durchführung des Umgangs beschränkt, wie sie diesem etwa in seiner Funktion als Amtsvormund obliegen11. Sollte ein Hinweis darüber hinausgehend auch auf die Begleitung des Umgangs seitens des Jugendamts gerichtet sein, so ginge dieser mangels einer entsprechenden vollstreckbaren Verpflichtung ins Leere.
Unter Beachtung dieser Maßstäbe stellt der die Umgangsregelung enthaltende Beschluss keine taugliche Grundlage für eine Vollstreckung gegen das Jugendamt nach §§ 88 ff. FamFG dar.
Da dieses hinsichtlich der Umgangsbegleitung keine vollstreckbare Pflicht trifft, liegt in der Einstellung der Umgangsbegleitung keine zur Festsetzung eines Ordnungsgelds führende Zuwiderhandlung. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aufgrund seiner Verfahrensbeteiligung als Ergänzungspfleger. Soweit seine diesbezügliche Verpflichtung reicht, ist ihm, wie vom Oberlandesgericht zutreffend herausgestellt, keine Pflichtverletzung vorzuwerfen. Der Mutter bleibt demnach – abgesehen vom verwaltungsrechtlichen Rechtsschutz – nur die Möglichkeit, eine Abänderung nach § 54 FamFG anzuregen, bei der die Frage der Umgangsbegleitung neu zu prüfen sein wird.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 9. Juni 2021 – XII ZB 513/20
- Abgrenzung von BGH, Beschluss vom 19.02.2014 – XII ZB 165/13 , FamRZ 2014, 732[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 19.02.2014 – XII ZB 165/13 , FamRZ 2014, 732 Rn. 13 ff.[↩]
- OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 23.06.2020 – 5 WF 107/20, FamRZ 2020, 1376[↩]
- BGBl. I S. 2942[↩]
- zur historischen Entwicklung – auch in Verbindung mit dem früheren Jugendwohlfahrtsrecht – vgl. Staudinger/Dürbeck BGB [2019] § 1684 Rn. 350[↩]
- vgl. BT-Drs. 13/4899 S. 106; BVerfG FamRZ 2015, 1686 Rn. 5; OVG Münster FamRZ 2017, 808; Staudinger/Dürbeck BGB [2019] § 1684 Rn. 370 mwN[↩]
- vgl. Finke FamFR 2013, 142; Prütting/Helms/Hammer FamFG 5. Aufl. § 89 Rn. 15[↩][↩]
- vgl. BVerfG FamRZ 2015, 1686 Rn. 5 f. mwN; OVG NRW FamRZ 2017, 808; VG Aachen ZKJ 2021, 76 mwN zum einstweiligen Rechtsschutz[↩]
- vgl. bereits BGH, Beschluss vom 19.02.2014 – XII ZB 165/13 , FamRZ 2014, 732 Rn.20 mwN[↩]
- aA OLG Frankfurt FamRZ 2013, 809[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 19.02.2014 – XII ZB 165/13 , FamRZ 2014, 732 Rn. 13, 20[↩]
Bildnachweis:
- Scheidung: Gerd Altmann