Beschwerdefrist für den Versorgungsträger

Ein im erstinstanzlichen Versorgungsausgleichsverfahren formell nicht Beteiligter, aber nach § 59 Abs. 1 FamFG beschwerdeberechtigter Versorgungsträger kann auch nach Ablauf der Frist des § 63 Abs. 1, 3 Satz 1 FamFG in zulässiger Weise Beschwerde einlegen. Für ihn wird durch die Zustellung der angefochtenen Entscheidung an die anderen Verfahrensbeteiligten keine Rechtsmittelfrist in Gang gesetzt.

Beschwerdefrist für den Versorgungsträger

In Rechtsprechung und Literatur ist allerdings umstritten, wann die Beschwerdefrist für denjenigen beginnt bzw. endet, der durch die Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt worden und damit gem. § 59 Abs. 1 FamFG beschwerdeberechtigt ist, aber vom Ausgangsverfahren keine Kenntnis erhalten hat. Eine Regelung hierzu enthält § 63 FamFG nicht.

Überwiegend wird die auf die Gesetzesbegründung zu § 63 FamFG1 gestützte Auffassung vertreten, dass ein materiell Betroffener, der übergangen wurde, nur solange fristgemäß Beschwerde einlegen kann, bis die Frist für den letzten am Verfahren formell Beteiligten abgelaufen ist. Diese Lösung diene der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit. Die Hinzuziehungspflicht nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 FamFG und die Benachrichtigungspflicht des Gerichts gem. § 7 Abs. 4 FamFG stellten sicher, dass die dem Gericht bekannten Beteiligten zu dem Verfahren hinzugezogen oder in die Lage versetzt werden, einen Antrag auf Hinzuziehung zu stellen2.

Nach anderer Ansicht kann der bisher nicht beteiligte materiell Beeinträchtigte auch nach Ablauf der Fristen des § 63 Abs. 1 FamFG in zulässiger Weise Beschwerde einlegen. Es sei verfassungsrechtlich äußerst bedenklich und mit dem Grundsatz rechtlichen Gehörs unvereinbar, wenn ein zu Unrecht nicht Beteiligter an die Ergebnisse eines Verfahrens gebunden werde, auf das er keinen Einfluß nehmen konnte, weil er keine Kenntnis vom Verfahren erlangt hat. Die Vorschrift des § 63 Abs. 3 Satz 1 FamFG sei daher verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass für einen am Verfahren nicht Beteiligten, aber nach § 59 Abs. 1 FamFG Betroffenen, die Rechtsmittelfrist gar nicht bzw. erst durch die Zustellung der Entscheidung zu laufen beginnt3.

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Der Gutachter in der Unterbringungssache

Das Oberlandesgericht Dresden teilt die letztgenannte Auffassung und schließt sich zudem der Ansicht des Oberlandesgerichts Köln4 an, dass einer Auslegung des § 63 Abs. 3 Satz 1 FamFG der Vorzug zu geben ist, die eine Heilung des Verfahrensverstoßes (der Nichtbeteiligung eines materiell Betroffenen) durch Nachholung rechtlichen Gehörs und effektiven Rechtschutzes noch im selben Verfahren erlaubt und den übergangenen Beteiligten nicht auf ein neu zu führendes Wiederaufnahmeverfahren verweist5.

Oberlandesgericht Dresden, Beschluss vom 22. November 2013 – 19 UF 686/13

  1. BT-Drs. 16/9733, S. 289[]
  2. Keidel/Sternal, FamFG, 17. Aufl., § 63 Rn. 45; Schulte-Bunert/Weinreich/Unger, FamFG, 3. Aufl., § 63 Rn. 21, 22; Bumiller/Harders, FamFG, 9. Aufl., § 63 Rn. 6; Johannsen/Henrich/Althammer, Familienrecht, 5. Aufl., § 63 Rn. 11; Schürmann, Das Rechtsmittel nach dem FamFG, FamRB 2009, 24, 25; OLG Hamm, Beschluss vom 07.09.2010, 15 W 111/10, FamRZ 2011, 396; OLG Celle, Beschluss vom 04.10.2011, 17 W 16/11, FamRZ 2012, 321[]
  3. Prütting/Helms/Abramenko, FamFG, 3. Aufl., § 63 Rn. 7a; Musielak/Borth, Familiengerichtliches Verfahren, 4. Aufl., § 63 Rn. 7, 8; MünchKomm zum FamFG/Fischer, 2. Aufl., § 63 Rn. 35 ff.; OLG Köln, Beschluss vom 29.01.2013, 26 UF 109/12, NJW-RR 2013, 903[]
  4. OLG Köln, a.a.O.[]
  5. so Schulte-Bunert/Weinreich/Unger, a. a. O., Rn. 22[]