Betreuerauswahl im Beschwerdeverfahren

Kommt das Beschwerdegericht in einem Betreuungsverfahren zu dem Ergebnis, dass die Einrichtung einer Betreuung erforderlich ist, muss es auch über die Betreuerauswahl entscheiden1.

Betreuerauswahl im Beschwerdeverfahren

Dagegen ist es dem Beschwerdegericht verwehrt, nur den amtsgerichtlichen Beschluss aufzuheben, ohne eine eigene Sachentscheidung zu treffen und stattdessen das Amtsgericht anzuweisen, für die Betroffene einen Betreuer zu bestellen.

Hält das Beschwerdegericht die Beschwerde für zulässig und begründet, hat es nach § 69 Abs. 1 Satz 1 FamFG grundsätzlich unter Abänderung der angegriffenen Entscheidung selbst in der Sache zu entscheiden. Eine Zurückverweisung an das Gericht des ersten Rechtszugs kommt nur unter den besonderen Voraussetzungen des § 69 Abs. 1 Satz 2 und 3 FamFG in Betracht. Bedarf die Entscheidung einer besonderen Ausführungshandlung, für die funktionell allein das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig ist, wie etwa die Verpflichtung des Betreuers nach § 289 FamFG, ist diese Handlung ebenfalls dem Ausgangsgericht zu überlassen. Nur wenn durch die bloße Aufhebung des angegriffenen Beschlusses abschließend über das Verfahren entschieden werden kann, etwa weil hierdurch die Anhängigkeit des Verfahrens endet, ist eine weitere Sachentscheidung des Beschwerdegerichts oder eine Zurückverweisung an das erstinstanzliche Gericht entbehrlich2.

Gemessen hieran hätte das Beschwerdegericht im vorliegenden Fall über die Betreuerauswahl selbst entscheiden müssen.

Da aus der Sicht des Beschwerdegerichts die Voraussetzungen für die Bestellung eines Betreuers vorgelegen haben, durfte es sich nicht darauf beschränken, den erstinstanzlichen Beschluss aufzuheben und das Amtsgericht anzuweisen, für die Betroffene einen Betreuer für die Bereiche Aufenthalt und Wohnung zu bestellen. Auf der Grundlage der von ihm vertretenen Rechtsauffassung zur Erforderlichkeit der Betreuung gemäß § 1896 Abs. 2 BGB hätte das Beschwerdegericht vielmehr selbst über die Betreuerauswahl befinden müssen. Liegen die Voraussetzungen für die Einrichtung einer Betreuung vor, muss auch ein Betreuer bestellt werden. Denn § 1896 BGB unterscheidet nicht zwischen Anordnung der Betreuung und Bestellung eines Betreuers; vielmehr ist eine Einheitsentscheidung zu treffen, was auch im Beschwerdeverfahren zu beachten ist. Kommt das Beschwerdegericht – wie hier – zu dem Ergebnis, dass die Einrichtung einer Betreuung erforderlich ist, muss es daher zwingend auch über die Person des Betreuers entscheiden. Denn das Beschwerdegericht tritt – in den Grenzen der Beschwerde – vollständig an die Stelle des Gerichts erster Instanz und hat das gesamte Sach- und Rechtsverhältnis, wie es sich zur Zeit seiner Entscheidung darstellt, seiner Beurteilung zu unterziehen3.

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Bundesgerichtshof, Beschluss vom 6. April 2022 – XII ZB 451/21

  1. im Anschluss an BGH, Beschluss vom 30.08.2017 – XII ZB 16/17 , FamRZ 2017, 1866[]
  2. vgl. BGH, Beschluss vom 30.08.2017 – XII ZB 16/17 , FamRZ 2017, 1866 Rn. 12 mwN[]
  3. vgl. BGH, Beschluss vom 30.08.2017 – XII ZB 16/17 , FamRZ 2017, 1866 Rn. 15 mwN[]