Besteht bei einem Zuwendungsgeschäft zwischen Leistung und Gegenleistung ein objektives, über ein geringes Maß deutlich hinausgehendes Missverhältnis, besteht eine tatsächliche Vermutung für das Vorliegen einer gemischten Schenkung; diese Vermutung gilt aber nur zugunsten Dritter, deren schutzwürdige Interessen durch das Vorliegen einer gemischten Schenkung tangiert würden, nicht dagegen zugunsten der Vertragsparteien des Rechtsgeschäftes selbst.

Der Begriff der Schenkung im Sinne von § 1374 Abs. 2 BGB entspricht nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs einer Vermögensbewegung im Sinne von § 516 Abs. 1 BGB. Sie setzt eine Zuwendung voraus, durch die der Schenker die Substanz seines Vermögens vermindert und das Vermögen des Beschenkten entsprechend vermehrt, wobei beide Teile darüber einig sind, dass die Zuwendung unentgeltlich erfolgt; bei einer gemischten Schenkung sind sich die Vertragsparteien darüber einig, dass nur ein Teil der Leistung unentgeltlich zugewendet wird, während der übrige Teil durch eine Gegenleistung abgegolten ist1. In einem solchen Fall kann von vornherein nur der unentgeltliche Teil des Rechtsgeschäfts als privilegierter Erwerb im Sinne von § 1374 Abs. 2 BGB behandelt werden. Die Darlegungs- und Beweislast für einen privilegierten Erwerb im Sinne von § 1374 Abs. 2 BGB – und damit für das Vorliegen einer gemischten Schenkung – trägt derjenige Ehegatte, der den angeblichen Schenkungsanteil der Zuwendung in sein positives Anfangsvermögen einstellen möchte2.
Der Ehegatte kann keine tatsächliche Vermutung für die Vereinbarung einer (teilweisen) Unentgeltlichkeit der Übertragung für sich in Anspruch nehmen. Zwar entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass demjenigen, der sich auf das Vorliegen einer gemischten Schenkung beruft, grundsätzlich eine Beweiserleichterung in Form einer tatsächlichen Vermutung zuzubilligen ist, wenn zwischen Leistung und Gegenleistung ein objektives, über ein geringes Maß deutlich hinausgehendes Missverhältnis besteht3. Eine solche Beweiserleichterung hat der Bundesgerichtshof bislang allerdings nur Dritten gewährt, deren schutzwürdige Interessen durch das Vorliegen einer Schenkung tangiert wurden, wie dies etwa bei Pflichtteilsberechtigten4, Vertrags- oder Schlusserben5 oder bei Sozialhilfeträgern nach der Überleitung von Rückforderungsansprüchen aus § 528 BGB6 der Fall ist. Ohne eine Beweiserleichterung könnten solche Dritten ihre Rechte vielfach nicht effektiv wahrnehmen, denn sie wären – da sie außerhalb des Vertragsverhältnisses zwischen dem Zuwendenden und dem Zuwendungsempfänger stehen – in den meisten Fällen nicht imstande, einen ihnen obliegenden Beweis für die von den Vertragsparteien tatsächlich gewollte7 Unentgeltlichkeit des Rechtsgeschäftes zu führen4. Demgegenüber besteht keine Veranlassung, eine tatsächliche Vermutung dieser Art auch zugunsten eines Zuwendungsempfängers zuzulassen, der – wie hier aufgrund der Beweislastregeln zu § 1374 Abs. 2 BGB – ausnahmsweise die Unentgeltlichkeit der Zuwendung in seinem Interesse beweisen muss8. Denn der Zuwendungsempfänger hat es bei einer gemischten Schenkung als Vertragsbeteiligter selbst in der Hand, dem von den Parteien des Zuwendungsgeschäftes tatsächlich zugrunde gelegten Wertverständnis im Vertrag einen hinreichenden Ausdruck zu verleihen.
So nahm der Bundesgerichtshof im vorliegenden Fall an, dass die vergünstigte Überlassung der Geschäftsanteile in einer die (teilweise) Unentgeltlichkeit ausschließenden Weise damit verknüpft gewesen sei, dass der Antragsteller als Geschäftsführer (wieder) in die GmbH eintrete:
An der erforderlichen Einigkeit der Parteien über die Unentgeltlichkeit der Zuwendung fehlt es nach allgemeiner Meinung immer dann, wenn eine Vertragspartei – sei es auch nur irrtümlich – die Zuwendung als Abgeltung einer Gegenleistung oder als Erfüllung einer Verbindlichkeit ansieht9. Die eine Unentgeltlichkeit ausschließende Verknüpfung der Zuwendung mit einer Gegenleistung kann dabei nach Art eines gegenseitigen Vertrags (synallagmatisch) als auch durch Setzung einer Bedingung (konditional) oder eines bestimmten Rechtszwecks (kausal) erfolgen10. Die Gegenleistung kann auch einen immateriellen Charakter haben11.
Da die Herstellung einer solchen Verknüpfung Sache der Vertragsparteien und damit Gegenstand ihrer Willensentscheidung ist, muss das Bestehen einer solchen Verknüpfung nach den allgemeinen Regeln über die Auslegung von Willenserklärungen ermittelt werden12.
Es ist für den Bundesgerichtshof ebenfalls aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, dass das Beschwerdegericht die Übertragung der Geschäftsanteile nicht (teilweise) als unentgeltliche Zweckschenkung gewürdigt hat. Ebenso wie bei der kausalen Verknüpfung soll der Zuwendungsempfänger bei der Zweckschenkung zu einem bestimmten Verhalten veranlasst werden. Maßgeblich für die Abgrenzung ist auch hier der Parteiwillen; je stärker das erkennbare Interesse des Zuwendenden an der Erreichung des von ihm erstrebten Rechtszweckes ist, umso mehr spricht dafür, dass die Zweckerreichung als „Gegenleistung“ für die Zuwendung im Sinne einer die Unentgeltlichkeit ausschließenden kausalen Verknüpfung erwartet wird13. Nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts war Gerda R. in einem besonderen Maße daran gelegen, den Bestand der Gesellschaft als Lebenswerk ihres Ehemannes durch den Aufbau von Unternehmensnachfolgern auch über den Tod der Eheleute R. hinaus zu sichern. Ihr Interesse an einem dauerhaften persönlichen Einsatz des Antragstellers bei der Führung der Gesellschaft ging daher noch über das allgemeine wirtschaftliche Interesse hinaus, das sie als Inhaberin (restlicher) Geschäftsanteile an einer gedeihlichen Entwicklung der Gesellschaft ohnehin hatte.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 6. November 2013 – XII ZB 434/12
- BGH, Urteil vom 17.06.1992 – XII ZR 145/91, FamRZ 1992, 1160, 1161 mwN[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 20.07.2005 – XII ZR 301/02, FamRZ 2005, 1660, 1661[↩]
- vgl. zuletzt BGH Urteil vom 18.10.2011 – X ZR 45/10, FamRZ 2012, 207 Rn.19 mwN[↩]
- BGHZ 59, 132, 136 = NJW 1972, 1709, 1710[↩][↩]
- BGHZ 82, 274, 281 f. = NJW 1982, 43, 44 f.[↩]
- BGH Urteile vom 01.02.1995 – IV ZR 36/94, FamRZ 1995, 479, 480 und vom 06.03.1996 – IV ZR 374/94, NJW-RR 1996, 754, 755[↩]
- teilweise[↩]
- zutreffend OLG Karlsruhe ErbR 2010, 296, 298; ebenso jurisPK-BGB/Sefrin [Bearbeitungsstand: 1.10.2012] § 516 Rn. 77[↩]
- vgl. MünchKomm-BGB/J. Koch 6. Aufl. § 516 Rn. 25[↩]
- BGH, Urteil vom 17.06.1992 – XII ZR 145/91, FamRZ 1992, 1160, 1161; BGHZ 116, 167, 170 = FamRZ 1992, 300, 301; RGZ 163, 348, 356[↩]
- vgl. BGH, Urteile vom 02.10.1991 – XII ZR 132/90, FamRZ 1992, 293, 294 und vom 17.01.1990 – XII ZR 1/89, FamRZ 1990, 600, 601; BGH Urteil vom 28.05.2009 – Xa ZR 9/08, NJW 2009, 2737, 2738; vgl. bereits RG HRR 1931 Nr. 1752: Zuwendung eines Grundstücks an die getrennt lebende Ehefrau, um diese zur Rückkehr zu bewegen[↩]
- Soergel/Mühl/Teichmann BGB 12. Aufl. § 516 Rn. 15[↩]
- vgl. MünchKomm-BGB/J. Koch 6. Aufl. § 516 Rn. 29 und § 525 Rn. 8; Erman/Herrmann BGB 13. Aufl. § 516 Rn. 8; vgl. auch BFH DStR 2007, 799, 803[↩]