Hat ein im gesetzlichen Güterstand lebender Grundstückseigentümer über ein ihm gehörendes Grundstück ohne Zustimmung des Ehegatten verfügt, darf das Grundbuchamt seine Verfügungsbefugnis nur anzweifeln, wenn konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen sowohl der objektiven als auch der subjektiven Voraussetzungen des § 1365 Abs. 1 BGB bestehen1.

Nach § 19 GBO erfolgt eine Eintragung, wenn derjenige sie bewilligt, dessen Recht von ihr betroffen wird. Da sich die verfahrensrechtliche Bewilligungsbefugnis von der Befugnis zur sachenrechtlichen Verfügung über das Recht bzw. über das Eigentum ableitet2, hat das Grundbuchamt von Amts wegen zu prüfen, ob der Bewilligende Verfügungsbeschränkungen unterliegt3. Eine solche Beschränkung enthält die Vorschrift des § 1365 Abs. 1 BGB4. Danach kann sich ein im Güterstand der Zugewinngemeinschaft lebender Ehegatte nur mit Zustimmung des anderen Ehegatten verpflichten, über sein Vermögen im Ganzen zu verfügen; hat er sich ohne Zustimmung des anderen Ehegatten verpflichtet, so kann er diese Verpflichtung nur erfüllen, wenn der andere Ehegatte einwilligt. Zustimmungsbedürftig sind nicht nur Rechtsgeschäfte über das Gesamtvermögen als solches. Vielmehr können auch Rechtsgeschäfte über einen einzelnen Gegenstand § 1365 BGB unterfallen, wenn dieser Gegenstand das ganze oder nahezu das ganze Vermögen ausmacht. Letzteres ist bei größeren Vermögen in der Regel anzunehmen, wenn dem verfügenden Ehegatten Werte von weniger als 10% seines ursprünglichen Gesamtvermögens verbleiben5.
Weitere Voraussetzung ist, dass der Vertragspartner weiß, dass es sich bei dem in Frage stehenden Gegenstand um das ganze oder nahezu ganze Vermögen des Ehegatten handelt, oder wenn der Erwerber zumindest die Verhältnisse kennt, aus denen sich dies ergibt6.
Da das Zustimmungserfordernis jedoch eine Ausnahme von der freien Verfügungsbefugnis des Ehegatten (§ 1364 BGB) darstellt, kann das Grundbuchamt grundsätzlich davon ausgehen, dass ein Rechtsgeschäft über ein Grundstück auch bei im gesetzlichen Güterstand lebenden Eheleuten nicht eine Verfügung über das Vermögen im Ganzen darstellt, dass also der Ausnahmefall des § 1365 Abs. 1 BGB nicht vorliegt. Das Grundbuchamt ist nur dann zu einer Beanstandung gemäß § 18 GBO berechtigt und verpflichtet, wenn es von dem Vorliegen der Voraussetzungen des § 1365 Abs. 1 BGB Kenntnis hat oder wenn aus den Eintragungsunterlagen oder aufgrund bekannter bzw. nach der Lebenserfahrung naheliegender Umstände begründeter Anlass zu einer solchen Annahme besteht. Nur wenn konkrete Anhaltspunkte sowohl für das Vorliegen des objektiven als auch für das Vorliegen des subjektiven Tatbestandes des § 1365 Abs. 1 BGB gegeben sind, darf das Grundbuchamt die Zustimmung des anderen Ehegatten oder den Nachweis weiteren Vermögens verlangen7.
Gemessen daran ist es für den Bundesgerichtshof im vorliegend entschiedenen Fall rechtlich nicht zu beanstanden, dass das Grundbuchamt den Beteiligten zu 2 als Eigentümer des ihm von der Ehefrau des Beteiligten zu 1 übertragenen Grundstücks eingetragen hat, ohne die Zustimmung des Beteiligten zu 1 oder den Nachweis weiteren Vermögens zu verlangen.
Die dem Grundbuchamt vorgelegte notarielle Urkunde, in welcher die Ehefrau des Beteiligten zu 1 ihre Absicht erklärte, dem Beteiligten zu 2 noch zu ihren Lebzeiten ihren gesamten Grundbesitz zu überlassen, und ihm eine unwiderrufliche Vollmacht zur Übertragung des Grundbesitzes erteilte, gab keinen Anlass, die Verfügungsbefugnis der Ehefrau in Zweifel zu ziehen.
Zwar liegen ausreichende konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 1365 Abs. 1 BGB dann vor, wenn sich der dem Grundbuchamt vorgelegten Urkunde über das Grundstücksgeschäft entnehmen lässt, dass sich das Rechtsgeschäft auf den gesamten Grundbesitz eines Ehegatten bezieht. Die notarielle Urkunde beinhaltet aber kein zustimmungsbedürftiges Rechtsgeschäft im Sinne des § 1365 Abs. 1 BGB. Mit der bloßen Absichtserklärung, ihren Grundbesitz noch zu ihren Lebzeiten auf den Beteiligten zu 2 zu übertragen, hat sich die Ehefrau des Beteiligten zu 1 nicht zu einer Verfügung über die Grundstücke verpflichtet.
Der Umstand, dass sie dem Beteiligten zu 2 für den Fall, dass die beabsichtigte Grundstücksübertragung nicht binnen vier Jahren vorgenommen sein sollte, die unwiderrufliche Vollmacht erteilt hat, die Grundstücke auf sich zu übertragen, führt zu keiner anderen Beurteilung. In der bloßen Vollmachtserteilung liegt keine Verpflichtung zur Übereignung des Grundbesitzes. Die Vollmachterteilung selbst bedarf auch wenn sie unwiderruflich ist und unter Befreiung von den Beschränkungen nach § 181 BGB erteilt wird nicht nach § 1365 BGB der Einwilligung des anderen Ehegatten. § 1365 BGB knüpft allein an das Verpflichtungsgeschäft bzw. an die Verfügung selbst an. Daher bedarf erst das von dem Vertreter ausgeführte Geschäft, wie wenn der Ehegatte es selbst vorgenommen hätte, der Zustimmung nach § 1365 Abs. 1 BGB8.
Das dem Grundbuchamt vorgelegte Schreiben des Beteiligten zu 1 enthält ebenfalls keine konkreten Anhaltspunkte für die Annahme, dass es sich bei dem mit notariellem Vertrag übertragenen Grundstück nahezu um das gesamte Vermögen seiner Ehefrau handelte.
Die Angaben des Beteiligten zu 1 zum Vorliegen des objektiven Tatbestandes des § 1365 Abs. 1 BGB erschöpften sich darin, dass er den Wert des übertragenen Grundstücks auf ca.2.500.000 € bis 4.000.000 €, den des hälftigen Miteigentumsanteils an der gemeinsam bewohnten Immobilie auf 135.000 € bis 160.000 € und den Wert des übrigen Vermögens seiner Ehefrau auf ca. 100.000 € schätzte. Diese pauschalen, nicht erkennbar auf nachvollziehbare Bewertungsgrundlagen gestützten Behauptungen begründen keine konkreten Anhaltspunkte für eine Zustimmungspflicht nach § 1365 Abs. 1 BGB. Solche Anhaltspunkte liegen nur dann vor, wenn der dem Grundbuchamt unterbreitete Sachverhalt so plausibel ist, dass sich ohne die Anstellung von Ermittlungen berechtigte Bedenken an der Verfügungsbefugnis des Ehegatten aufdrängen; dies erfordert den Vortrag konkreter, durch entsprechende Nachweise hinreichend belegter Tatsachen zu den Voraussetzungen des § 1365 Abs. 1 BGB. Bloße Wertangaben zum Grundbesitz des verfügenden Ehegatten reichen hierzu nicht aus.
Darüber hinaus muss bei einem Rechtsgeschäft über einen Einzelgegenstand der dem Grundbuchamt unterbreitete Sachverhalt konkrete Anhaltspunkte auch dafür geben, dass der Erwerber positive Kenntnis vom Vorliegen eines Gesamtvermögensgeschäfts hatte oder zumindest die Verhältnisse kannte, aus denen sich ergab, dass das übertragene Grundstück nahezu das gesamte Vermögen des verfügenden Ehegatten ausmachte. Da es sich insoweit um eine innere Tatsache handelt, kann sie nur aus äußeren Tatsachen gefolgert werden. Im Hinblick darauf, dass das Schreiben des Beteiligten zu 1 bereits keine konkreten Anhaltspunkte für das Vorliegen des objektiven Tatbestandes des § 1365 Abs. 1 BGB enthielt, kann dahingestellt bleiben, ob es auch wie das Beschwerdegericht meint an Anhaltspunkten für die erforderliche Kenntnis des Beteiligten zu 2 von den Vermögensverhältnissen seiner Mutter fehlt. Allerdings liegt bei engen Verwandten, sofern sie in Kontakt miteinander stehen, eine entsprechende Kenntnis nahe9.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 21. Februar 2013 – V ZB 15/12
- Bestätigung von BGHZ 35, 135[↩]
- vgl. Demharter, GBO, 28. Aufl., § 19 Rn. 56[↩]
- BGH, Beschluss vom 28.04.1961 – V ZB 17/60, BGHZ 35, 135, 139[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 13.11.1963 – V ZR 56/62, BGHZ 40, 218[↩]
- BGH, Urteil vom 07.10.2011 – V ZR 78/11, NJW 2011, 3783, 3784; BGH, Urteil vom 13.03.1991 – XII ZR 79/90, NJW 1991, 1739[↩]
- BGH, Urteil vom 26.02.1965 – V ZR 227/62, BGHZ 43, 174, 177; Urteil vom 25.06.1993 – V ZR 7/92, BGHZ 123, 93, 95[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 28.04.1961 – V ZB 17/60, BGHZ 35, 135, 139 ff.; BayObLGZ 67, 87, 90 f.; BayOblG, MittBayNot 2000, 439; OLG Celle, NJW-RR 2000, 384; OLG Zweibrücken, FGPrax 2003, 249; OLG Schleswig, MittBayNot 2006, 38[↩]
- vgl. Staudinger/Thiele, BGB [2007], § 1365 Rn. 12; MünchKomm-BGB/Koch, 5. Aufl., § 1365 Rn. 49[↩]
- OLG Celle, FamRZ 1987, 942, 944; MünchKomm-BGB/Koch, 5. Aufl., § 1365 Rn. 33; Bauer, MittBayNot 2006, 39, 41[↩]