Liegt ein Bagatellfall im Sinne von § 18 Abs. 1 VersAusglG vor, obliegt dem Ehegatten, der trotz Geringfügigkeit einen Wertausgleich zu seinen Gunsten erstrebt, die Darlegung – nicht offensichtlicher – Umstände für einen „Dennoch-Ausgleich“.

Nach § 18 VersAusglG soll das Familiengericht bei Bagatellwerten vom Ausgleich der Anrechte absehen, wenn gemäß Abs. 1 die Differenz der Ausgleichswerte beiderseitiger Anrechte gleicher Art oder gemäß Abs. 2 der Ausgleichswert eines Anrechts gering ist.
Dabei ist vorrangig ein Ausschluss des Versorgungsausgleichs nach § 18 Abs. 1 VersAusglG vor § 18 Abs. 2 VersAusglG zu prüfen1. Erst wenn ein Absehen vom Ausgleich wegen Geringfügigkeit nach § 18 Abs. 1 VersAusglG ausscheidet, kommt eine Prüfung nach § 18 Abs. 2 VersAusglG in Betracht.
Liegt ein Bagatellfall gemäß § 18 Abs. 1 VersAusglG vor, führt dies zwar regelmäßig, aber nicht zwingend zum Ausschluss des Versorgungsausgleichs. Dies folgt aus dem Charakter von § 18 Abs. 1 VersAusglG als Sollvorschrift. Das Gesetz räumt dem Familiengericht bei der Anwendung des § 18 VersAusglG ein Ermessen ein. Deshalb muss das Gericht zusätzlich prüfen, ob im Einzelfall die Durchführung des Versorgungsausgleichs trotz geringer Differenz- bzw. Ausgleichswerte gleichwohl geboten ist2.
Dazu müssen besonderen Gründe vorliegen, die in Abweichung vom Gesetz für einen „Dennoch-Ausgleich“3 sprechen4.
Es obliegt demjenigen Ehegatten, die – nicht offensichtlichen – Gründe vorzutragen, aus denen sich trotz Geringfügigkeit ein Wertausgleich zu seinen Gunsten im Ausnahmefall ergeben soll5.
Oberlandesgericht Karlsruhe, Beschluss vom 1. August 2011 – 18 UF 3/11
- OLG Karlsruhe Beschluss vom 12.01.2011 – 18 UF 150/10; OLG München FamRZ 2010, 1664; Ruland, VersAusglG, 2. Auflage 2009, Rz. 484; Palandt/Brudermüller, BGB, 70. Auflage 2011, § 18 VersAusglG Rz. 4; Johannsen/Henrich/Holzwarth, Familienrecht, 5. Auflage 2010, § 18 VersAusglG Rz. 14[↩]
- BT-Ds. 16/10144 S. 60[↩]
- MünchKomm-BGB/Gräper, Familienrecht, 5. Auflage 2010, § 18 VersAusglG Rz. 8[↩]
- zu möglichen Gründen vgl. BT-Ds. 16/10144 S. 61; MünchKomm-BGB/Gräper, a.a.O., § 18 VersAusglG Rz. 8 – 10[↩]
- Johannsen/Henrich/Holzwarth, a.a.O., § 18 VersAusglG Rz. 2, 15; Palandt/Brudermüller, a.a.O., § 18 VersAusglG Rz. 6 und Einl vor VersAusglG Rz. 13[↩]
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