Wünscht der Betreute einen bestimmten Familienangehörigen zum Betreuer und würde dessen Bestellung zu erheblichen familiären Konflikten führen, unter denen der Betreute persönlich leiden müsste, oder könnte infolge dieser Spannungen innerhalb der Familie eine Regelung der wirtschaftlichen oder sonstigen Verhältnisse des Betreuten nicht gewährleistet werden, können diese Umstände auf die Eignung der gewünschten Person zur Führung der konkreten Betreuung im Sinne des § 1816 Abs. 2 Satz 1 BGB durchschlagen1.

Die Kriterien für die Auswahl des Betreuers richten sich seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts am 1.01.2023 nach § 1816 BGB. Wünscht der Betreute eine bestimmte Person als Betreuer, ist diesem Wunsch nach § 1816 Abs. 2 Satz 1 BGB zu entsprechen; ebenso wie die Vorgängervorschrift des § 1897 Abs. 4 Satz 1 BGB aF räumt das Gesetz dem Tatrichter bei der Auswahl des Betreuers insoweit kein Ermessen ein. Der Wille des Betroffenen kann nur dann unberücksichtigt bleiben, wenn die gewünschte Person zur Führung der Betreuung nicht geeignet ist. Insoweit hat der Gesetzgeber im Rahmen der Betreuungsrechtsreform die Grenzen der Wunschbefolgungspflicht neu definiert, da in § 1816 Abs. 2 Satz 1 BGB nunmehr auf die fehlende Eignung des gewünschten Betreuers und nicht wie in § 1897 Abs. 4 Satz 1 BGB aF darauf abgestellt wird, ob die Führung der Betreuung durch die gewünschte Person dem Wohl des Betreuten zuwiderläuft.
Damit ist indessen nicht die Aussage verbunden, dass die gewünschte Person bei der Betreuerbestellung nur wegen Unredlichkeit oder fehlender psychischer oder physischer Voraussetzungen für die Ausübung des Betreueramtes übergangen werden dürfte. Denn es ist neben der generellen Eignung der gewünschten Person als Betreuer auch dessen Eignung für den konkreten Betreuten zu prüfen2.
Dies erfordert weiterhin die einzelfallbezogene Prüfung, ob sich aufgrund einer umfassenden Abwägung aller relevanten Umstände Gründe von erheblichem Gewicht ergeben, die gegen die Bestellung der gewünschten Person sprechen.
Solche Umstände können sich auch aus erheblichen familiären Konflikten ergeben, welche die Bestellung eines bestimmten Familienangehörigen als Betreuer hervorrufen würde. Wenn der Betreute persönlich unter den Spannungen seiner Familienangehörigen leidet oder wenn die Regelung seiner wirtschaftlichen oder sonstigen Verhältnisse wegen der Spannungen innerhalb der Familie nicht gewährleistet werden kann3, können diese Umstände auf die Eignung der gewünschten Person für die Führung der konkreten Betreuung durchschlagen. Für eine solche Würdigung reichen die tatsächlichen Feststellungen des Beschwerdegerichts allerdings bislang nicht aus.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 3. Mai 2023 – XII ZB 442/22
- Fortführung des BGH, Beschlusses vom 15.05.2019 XII ZB 57/19 FamRZ 2019, 1356[↩]
- vgl. BT-Drs.19/24445 S. 238[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 15.05.2019 XII ZB 57/19 FamRZ 2019, 1356 Rn. 15[↩]
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