Der mutwillige Antrag auf Verfahrenskostenhilfe

Gemäß § 76 Abs. 1 FamFG in Verbindung mit § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO setzt die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe auch voraus, dass die Rechtsverfolgung nicht mutwillig erscheint.

Der mutwillige Antrag auf Verfahrenskostenhilfe

Nach der Legaldefinition des § 114 Abs. 2 ZPO ist die Rechtsverfolgung mutwillig, wenn eine Partei, die keine Verfahrenskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

Durch die Definition des Merkmals der Mutwilligkeit, die mit dem Gesetz zur Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts vom 31.08.20131 mit Wirkung vom 01.01.2014 in die Zivilprozessordnung eingefügt worden ist, soll dessen eigenständige Bedeutung betont und gesetzlich klargestellt werden. Die Bestimmung knüpft an den vom Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung vorgegebenen Maßstab an2.

In den Gesetzesmaterialien heißt es dazu, es sei nicht Aufgabe der Prozesskostenhilfe, auf Kosten der Allgemeinheit Rechtsstreitigkeiten zu ermöglichen, die eine Partei, die den Prozess selbst finanzieren müsste, bei besonnener Einschätzung der Prozesschancen und risiken nicht führen würde3. Die Formel werde in der Praxis seit langem angewandt; sie habe sich bewährt. Sie gebe den Gerichten ausreichend präzise, jedoch gleichzeitig flexible Kriterien für die vorzunehmende Bewertung vor4.

Diese Erwägungen gehen mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts einher, wonach Unbemittelte im Rahmen des Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art.20 Abs. 3 GG nur solchen Bemittelten gleichgestellt zu werden brauchen, die ihre Prozessaussichten vernünftig abwägen und dabei auch das Kostenrisiko berücksichtigen5.

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Insofern ist in dem hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall das Begehren der Mutter mutwillig i.S. des § 114 ZPO. Würde der Mutter Verfahrenskostenhilfe bewilligt werden, würde sie lediglich erreichen, dass die grundsätzliche Frage beantwortet werden würde, ohne dass dies Auswirkungen auf ihre konkrete Rechtsposition hätte. Ein vernünftiger Beteiligter, der die Kosten des Verfahrens selbst zu tragen hätte, würde ein solches Rechtsbeschwerdeverfahren nicht durchführen6.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19. Januar 2022 – XII ZA 12/21

  1. BGBl. I S. 3533[]
  2. BT-Drs. 17/11472 S. 24[]
  3. BT-Drs. 17/11472 S. 29[]
  4. BT-Drs. 17/13538 S. 26[]
  5. BGH, Beschluss vom 13.04.2016 XII ZB 238/15 , FamRZ 2016, 1058 Rn. 21 ff. mwN[]
  6. vgl. auch BGH, Beschluss vom 16.10.2002 XII ZR 73/02 NJW-RR 2003, 228, 229[]