Der Streit um das Aufenthaltsbestimmungsrecht – und die Vergütung des Ergänzungspflegers

Zu den vergütungsfähigen Tätigkeiten des für den Aufgabenbereich „Aufenthaltsbestimmungsrecht“ bestellten Ergänzungspflegers können neben den Kontakten zum Kind und zu der Einrichtung, in welcher das Kind lebt, auch Kontakte mit den Kindeseltern und dem Jugendamt gehören. Das kann auch die Teilnahme an einem Hilfeplangespräch umfassen. Ein persönliches Zusammentreffen des Ergänzungspflegers mit dem in einer Einrichtung lebenden Pflegling einmal im Quartal kann im Hinblick auf § 1793 Abs. 1a BGB ausreichend sein, sofern nicht die konkreten Umstände einen intensiveren persönlichen Kontakt erfordern.

Der Streit um das Aufenthaltsbestimmungsrecht – und die Vergütung des Ergänzungspflegers

Der Vergütungsanspruch bemisst sich gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 VBVG nach der für die Führung der Ergänzungspflegschaft tatsächlich aufgewandten und erforderlichen Zeit. Soweit in § 1915 Abs. 1 Satz 2 Hs. 1 BGB für einen Ergänzungspfleger von § 3 VBVG abweichende besondere Kriterien zur Bemessung der Vergütungshöhe bestimmt werden, gelten diese im hier entschiedenen Fall gemäß § 1915 Abs. 1 Satz 2 Hs. 2 BGB wegen der Mittellosigkeit des Jugendlichen nicht.

Vergütungsfähig sind diejenigen Tätigkeiten, die für die Erfüllung der Aufgaben erforderlich sind, mit dem für die pflichtgemäße Wahrnehmung dieser Aufgaben benötigten Zeitaufwand. Entscheidend ist die Lage, wie sie sich dem seine Sorgfaltspflichten beachtenden Ergänzungspfleger im Zeitpunkt seines Tätigwerdens darstellt1. Hierzu gehören grundsätzlich nur Tätigkeiten, die der Ergänzungspfleger im Rahmen der ihm nach § 1909 Abs. 1 Satz 1 BGB übertragenen sorgerechtlichen Angelegenheiten erbringt und die er nach den Umständen des Einzelfalls für erforderlich halten durfte. Außerhalb des gerichtlich festgesetzten Wirkungskreises erbrachte Tätigkeiten sind nicht vergütungsfähig.

Insoweit ist bei der entsprechenden Anwendung der für den Vormund geltenden Vorschriften einerseits zu beachten, dass der Aufgabenkreis des Ergänzungspflegers wesentlich enger ist als der des Vormunds. Während die Vormundschaft die umfassende und grundsätzlich unbeschränkte Fürsorgetätigkeit für den Minderjährigen mit den der elterlichen Sorge entsprechenden Befugnissen und Pflichten ist (vgl. § 1793 Abs. 1, § 1800 BGB), betrifft die Ergänzungspflegschaft die Besorgung nur einer oder mehrerer bestimmter Angelegenheiten für den Minderjährigen, an deren Besorgung die Eltern verhindert sind (§ 1909 Abs. 1 Satz 1 BGB) und die vom Gericht im Einzelnen bei der Anordnung der Ergänzungspflegschaft, sonst bei der Bestellung festgelegt werden2. Ob eine bestimmte Tätigkeit von der Fürsorgeaufgabe und Vertretungsmacht des Ergänzungspflegers umfasst und damit vergütungsfähig ist, entscheidet sich im Zweifel danach, ob der übertragene Aufgabenkreis sich seiner Natur nach auf eine Maßnahme dieser Art erstreckt. Der Aufgabenkreis erweitert sich hingegen nicht ohne weiteres dadurch, dass ein weiteres, außerhalb des zugewiesenen Wirkungskreises liegendes Fürsorgebedürfnis auftritt3.

Andererseits führt der Ergänzungspfleger – wie der Vormund – sein Amt selbständig und in eigener Verantwortung4. Auf welche Art und Weise er die ihm übertragene Aufgabe ausübt, liegt grundsätzlich in seiner Entscheidungsbefugnis; er hat einen autonomen Entscheidungs- und Handlungsspielraum, den er nach pflichtgemäßem Ermessen ausüben kann5. Allerdings ist die Aufgabenwahrnehmung stets am Kindeswohl auszurichten6. Das Gericht darf bei der Aufsichtsführung nicht sein Ermessen an die Stelle des Ermessens des Pflegers setzen, durch Anordnungen und Weisungen darf es nur gegen pflichtwidriges Handeln oder Unterlassen seitens des Pflegers eingreifen7. Dieser Ermessensspielraum ist auch bei der Vergütungsfestsetzung zu beachten8. Für die Frage, ob der Zeitaufwand für eine bestimmte Tätigkeit zu vergüten ist, kommt es deshalb auf die objektive Sicht des Pflegers im konkreten Einzelfall an, also darauf, ob dieser die Tätigkeit im Zeitpunkt ihrer Vornahme zur pflichtgemäßen Erfüllung seiner Aufgaben nach den gesamten Umständen für erforderlich halten durfte oder ob er insoweit sein Ermessen überschritten hat9.

Im vorliegenden Fall sind deshalb diejenigen Tätigkeiten der Ergänzungspflegerin vergütungsfähig, die in einem engen tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang mit der Wahrnehmung des Aufenthaltsbestimmungsrechts stehen. Hierzu gehören – vorbehaltlich ihrer konkreten Erforderlichkeit – die Kontakte der Ergänzungspflegerin mit dem Kind, der Einrichtung, den Kindeseltern und dem Jugendamt.

Anlass zur Anordnung der Ergänzungspflegschaft sowie zur Bestellung der Ergänzungspflegerin war nicht ein auf Seiten des Jugendlichen aufgetretenes allgemeines Schutz- oder Fürsorgebedürfnis, sondern ganz konkret die Verhinderung der Kindeseltern im Hinblick auf die Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrechts. Ihnen war dieser Teilbereich der elterlichen Sorge zunächst mit dem im einstweiligen Anordnungsverfahren ergangenen Beschluss des Familiengerichts und dann mit dem im Hauptsacheverfahren ergangenen Beschluss des Familiengerichts gemäß §§ 1666, 1666a BGB entzogen worden, um den für erforderlich gehaltenen Aufenthalt des Kindes außerhalb des elterlichen Haushalts langfristig und ungefährdet durch elterliche Streitigkeiten sicherzustellen.

Das Recht zur Bestimmung des Aufenthalts umfasst zunächst und vor allem die Wahl und Festlegung des gewöhnlichen Aufenthalts, von Wohnort und Wohnung des Kindes10. Hierzu gehört auch die Unterbringung des Pfleglings bei Dritten, etwa in einer Einrichtung11. Dass das Kind künftig in der Einrichtung in B. leben soll, hatte die Ergänzungspflegerin bereits im Jahre 2015 und damit außerhalb des Abrechnungszeitraums bestimmt. Allerdings erschöpfte sich die ihr übertragene Aufgabe nicht in dieser einmaligen Entscheidung über die Unterbringung in B.

Da dem Begriff des Aufenthalts eine gewisse Verweildauer immanent ist12, hat die Ergänzungspflegerin während der gesamten Dauer ihrer Bestellung zu prüfen, ob der einmal gewählte Aufenthaltsort des Kindes seinem Wohl und Interesse weiterhin entspricht. Die pflichtgemäße Wahrnehmung bedarf einer fortlaufenden Abgleichung der tatsächlichen Lebenssituation des Kindes mit seinen sich weiter entwickelnden Bedürfnissen, eigenen Vorstellungen und Wünschen (vgl. § 1626 Abs. 2 BGB; BeckOGK-BGB/Kerscher, aaO Rn. 75) und setzt deshalb regelmäßige Kontakte der Ergänzungspflegerin mit dem Kind und den Mitarbeitern der Einrichtung voraus. Das hat auch das Familiengericht so gesehen.

Zugleich steht das von der Ergänzungspflegerin ausgeübte Aufenthaltsbestimmungsrecht in einem engen Zusammenhang mit den übrigen Teilbereichen der elterlichen Sorge, die den Kindeseltern zur Ausübung verblieben sind. So betrifft die von der Ergänzungspflegerin zu treffende Entscheidung darüber, wo das Kind lebt, die Kindeseltern unmittelbar und fortlaufend in der Ausübung ihres Rechts zur Erziehung des Kindes13. Sie beeinflusst die Wahl pädagogischer Orte wie Schule und Ausbildungsstätte des Kindes und damit dessen Ausbildung14, obwohl die Auswahl der Schule oder der Berufsausbildung bei Minderjährigen nicht zum Aufenthaltsbestimmungsrecht, sondern zur sonstigen Personensorge gehört15. Mit der Entscheidung, dass ein Kind für längere Zeit in Familienpflege oder in Obhut einer Person lebt, die im Rahmen bestimmter Hilfen nach dem SGB VIII die Erziehung und Betreuung übernimmt, wird zudem mittelbar diejenige Person bestimmt, die in Angelegenheiten des täglichen Lebens anstelle der sorgeberechtigten Eltern entscheiden kann (§ 1688 Abs. 1 und 2 BGB). Zugleich obliegt es wiederum allein den Kindeseltern als im Übrigen Personensorgeberechtigten, ob und in welchem Umfang sie von dem Recht auf Inanspruchnahme von Hilfen zur Erziehung im Rahmen der Vollzeitpflege nach §§ 27, 33 SGB VIII überhaupt Gebrauch machen16. In solchen sich überschneidenden Bereichen bedarf es im Interesse des Kindes einer Abstimmung von Ergänzungspfleger, Betreuungsperson und Kindeseltern, bei Meinungsverschiedenheiten ist das Familiengericht einzubeziehen (vgl. § 1630 Abs. 2 BGB). Hieraus folgt, dass in gewissem Umfang auch eine Kontaktpflege der Ergänzungspflegerin mit den Kindeseltern zu ihrem Aufgabenkreis und damit zu den vergütungsfähigen Tätigkeiten gehört. Das hat das Familiengericht, jedenfalls im Hinblick auf die verfahrensgegenständliche Abrechnung, dem Grunde nach ebenfalls so gesehen und die mit dem Kindesvater geführten Telefonate als vergütungsfähig angesetzt. Hingegen hat es den als Hausbesuch abgerechneten Gesprächstermin mit der Kindesmutter als nicht vergütungsfähig angesehen und die Ergänzungspflegerin insoweit auch nicht um ergänzende Informationen gebeten.

Schließlich ist im Verhältnis zum Jugendamt zu berücksichtigen, dass Pfleger und Vormünder gemäß § 53 Abs. 2 SGB VIII grundsätzlich Anspruch auf regelmäßige und dem jeweiligen erzieherischen Bedarf des Pfleglings entsprechende Beratung und Unterstützung durch das Jugendamt haben und das Jugendamt nach § 53 Abs. 3 SGB VIII zugleich darauf zu achten hat, dass Pfleger und Vormünder für die Person des Pfleglings im gebotenen Umfang Sorge tragen. Damit ist eine Zusammenarbeit zwischen dem Jugendamt und einem Ergänzungspfleger vom Gesetzgeber angestrebt17. Dass es sich bei der Ergänzungspflegerin um die Mitarbeiterin eines Vereins im Sinne des § 54 SGB VIII handelt und diese einer allgemeinen pädagogischen und rechtlichen Hilfestellung möglicherweise nur im geringeren Umfang bedarf, kann bei der Prüfung der Erforderlichkeit abgerechneter Tätigkeiten berücksichtigt werden. Hingegen greift es zu kurz, einen Kontakt der Ergänzungspflegerin mit dem Jugendamt generell mit der Begründung als nicht vergütungsfähig anzusehen, dass das Jugendamt nicht Verfahrensbeteiligter sei. Im Übrigen ist das Jugendamt jedenfalls im Verfahren nach den §§ 1666, 1666a BGB, das vorliegend zur Anordnung der Ergänzungspflegschaft geführt hat, gemäß § 162 Abs. 2 Satz 1 FamFG Beteiligter. Schließlich können auch eine regelmäßige Abstimmung der Ergänzungspflegerin mit dem Jugendamt und ein gegenseitiger Austausch von Informationen sinnvoll und im Interesse des Jugendlichen sein, weil das Jugendamt seinerseits die Kindeseltern zu unterstützen und zu beraten hat.

Die Fahrt zur Einrichtung ist schon deshalb zu vergüten, weil sie (auch) im Hinblick auf die Verpflichtung der Ergänzungspflegerin zu einem regelmäßigen persönlichen Kontakt mit dem Kind nach § 1793a Abs. 1a BGB veranlasst war.

Gemäß § 1915 Abs. 1 Satz 1 BGB findet auf den Ergänzungspfleger die Vorschrift des § 1793 BGB entsprechende Anwendung. Nach § 1793a Abs. 1a BGB hat der Vormund mit dem Mündel persönlichen Kontakt zu halten (Satz 1); er soll ihn in der Regel einmal im Monat in dessen üblicher Umgebung aufsuchen (Satz 2 Hs. 1). Dem liegt die gesetzgeberische Erwägung zugrunde, dass ein Vormund seine Pflicht zur Förderung und Gewährleistung einer Pflege und Erziehung des Mündels und seine umfassende Verantwortung für Person und Vermögen des Mündels überhaupt nur angemessen wahrnehmen kann, wenn er zu diesem eine persönliche Beziehung aufbaut und aufrechterhält sowie den Mündel in regelmäßigen Abständen persönlich trifft und sich über dessen Situation informiert18. Wie der persönliche Kontakt ausgestaltet wird und mit welcher Häufigkeit er stattfindet, richtet sich, wie der Wortlaut („es sei denn“) und die gesetzgeberischen Regelungsabsichten zeigen19, nach den Erfordernissen des Einzelfalls zum jeweiligen Zeitpunkt, der konkreten Schutzbedürftigkeit des Mündels und – beim Ergänzungspfleger – dem jeweils wahrzunehmenden Auftrag. Die mit der Konkretisierung der Besuchspflicht verfolgte Stärkung des persönlichen Kontakts zwischen einem Vormund und seinem Mündel als zentrales Anliegen des § 1793 Abs. 1a BGB bezweckte den besseren Schutz des Mündels vor den aus seinen tatsächlichen Lebensverhältnissen herrührenden Missständen und Gefährdungen20. Im Hinblick darauf hielt der Gesetzgeber eine geringere Besuchsfrequenz als einmal im Monat ausdrücklich für ausreichend, wenn der Mündel in stabilen Verhältnissen lebt und nach seinem Alter und seiner Persönlichkeitsstruktur in der Lage ist, auf eventuelle Missstände oder Anliegen in geeigneter Weise selbst hinzuweisen21.

Nach diesem Maßstab genügte vorliegend, sofern nicht die konkreten Umstände einen intensiveren persönlichen Kontakt zwischen der Ergänzungspflegerin und dem Kind erforderten, ein persönliches Zusammentreffen der Ergänzungspflegerin mit dem Kind einmal im Quartal vor Ort in der Einrichtung.

Der Ergänzungspflegerin oblag – anders als einem Vormund – nicht die umfassende Pflege und Erziehung des Kindes. Über die Einrichtung selbst, ihre Konzeption und räumliche Situation hat sich die Ergänzungspflegerin im Vorfeld und unmittelbaren Nachgang zur Unterbringung des Kindes (hier: im September 2015) durch mehrere Hausbesuche ebenso persönlich einen Eindruck verschaffen können wie davon, dass das Kind dort gut angekommen ist und sich wohl fühlt. Sie hatte deshalb im Weiteren vor allem dessen Entwicklung und Wünsche daraufhin im Blick zu behalten, ob das Wohl und Wehe von des Kindes einen Wechsel seines bisherigen Aufenthaltsortes erforderte. Hierfür genügten im Jahr 2018 vor allem telefonische und schriftliche Kontakte, da sich das Kind gut entwickelte und keine besonderen Umstände vorlagen, die eine intensive Klärung vor Ort erforderten. In der Anfangszeit nach seiner Aufnahme in der Einrichtung im August 2015 mag das Kind noch verstärkt des ihm Stabilität verleihenden persönlichen Kontakts mit der ihm vertrauten Ergänzungspflegerin bedurft haben. Mit einer Stabilisierung seiner persönlichen Verhältnisse, seinem Ankommen in der Einrichtung, der Aufnahme von Beziehungen zu den dort tätigen Betreuern und dort lebenden Mitbewohnern sowie mit fortschreitendem Alter waren Besuche der Ergänzungspflegerin vor Ort jedoch nicht mehr in der gleichen Häufigkeit erforderlich. Über die persönlichen Umstände, die aktuellen Bedürfnisse und Wünsche von des Kindes konnte sich die Ergänzungspflegerin durch Telefonate, E-Mails, SMS oder durch Rückfragen bei den Bezugsbetreuern ein ausreichendes Bild verschaffen. Dass im Abrechnungszeitraum besondere Fragen, Missstände oder ein Diskussionsbedarf hinsichtlich des weiteren Verbleibs des Kindes im Raum gestanden hätten, ergibt sich aus der Akte nicht.

Allerdings durfte sich die Ergänzungspflegerin nicht gänzlich auf telefonische oder schriftliche Angaben des Kindes bzw. der Einrichtung oder des Jugendamtes als Dritte verlassen22. Da sie ihr Amt persönlich wahrzunehmen hat, war sie zumindest zu gelegentlichen Besuchen beim Kind in dessen Umgebung verpflichtet. Hierfür war jedenfalls im Jahr 2018 ein einmaliger persönlicher Kontakt je Quartal erforderlich, aber auch ausreichend.

Der Zeitaufwand der Ergänzungspflegerin ist auch insoweit zu vergüten, wie er für die Teilnahme an dem Hilfeplangespräch beim Jugendamt angefallen ist.

Zwar war eine Einbindung der Ergänzungspflegerin in die Planung von Hilfen aufgrund der Beschränkung ihres Aufgabenbereichs auf das Aufenthaltsbestimmungsrecht nicht nach § 36 Abs. 1 SGB VIII zwingend geboten. Denn zu den in dieser Vorschrift genannten Personensorgeberechtigten, die vor der Entscheidung über die Inanspruchnahme einer Hilfe bzw. vor einer Änderung von Art und Umfang der Hilfe (Abs. 1 Satz 1) oder bei der Auswahl der Einrichtung (Abs. 1 Satz 3) zu beteiligen sind, gehört ein Ergänzungspfleger nur dann, wenn ihm (auch) das Recht zur Beantragung von Hilfen zur Erziehung bzw. von Eingliederungshilfe sowie die Mitwirkung bei der Hilfeplanung übertragen wurde23. Allerdings lag eine Teilnahme der Ergänzungspflegerin im hier entschiedenen Fall unter dem Gesichtspunkt des fachlichen Austausches über die für das Kind geeignete Hilfe und deren Ausgestaltung sowie als langjährige wichtige Bezugs- und Vertrauensperson im gesamten Familiensystem im wohlverstandenen Interesse des Kindes und wies den erforderlichen Zusammenhang mit dem übertragenen Aufgabenbereich auf. Bei dem Hilfeplangespräch ging es auch um die allgemeine Lebenssituation und den weiteren schulischen Werdegang des Kindes, u.a. den Ort, an dem er sein Fachabitur abzulegen beabsichtigt. Ferner waren die Wünsche der Kindeseltern und aufgetretene Schwierigkeiten bei der Planung und Gestaltung der Besuchsaufenthalte des Kindes bei seinen Eltern für die nächste Zeit zu besprechen und mit den Bedürfnissen des Kindes abzugleichen. Damit waren unmittelbar Fragen mit Bezug zum Aufenthaltsbestimmungsrecht betroffen, die zudem mit den gleichfalls zum Termin geladenen Kindeseltern abzustimmen waren. Wie sich aus den verschiedenen zur Akte gereichten Berichten ergibt, bedarf das Kind vorliegend weiterhin einer Unterstützung zur Durchsetzung seiner Belange im Zusammenhang mit allen sich aus der auswärtigen Unterbringung stellenden Fragen gegenüber den Kindeseltern. Gerade die Ergänzungspflegerin hat einen besonderen Zugang zu diesen. Dementsprechend ist ihre Teilnahme an den Hilfeplangesprächen zuvor seitens der jeweils zuständigen Familiengerichte auch nicht beanstandet worden. Schließlich ist im vorliegenden Fall zu berücksichtigen, dass die durch das Hilfeplangespräch zusätzlich entstandenen Kosten relativ gering sind, da die Ergänzungspflegerin die Fahrzeit ohnehin im Hinblick auf das persönliche Zusammentreffen mit dem Kind vergütet erhält und sie ihre Teilnahme am Hilfeplangespräch mit dieser Reise verbunden hat.

Der Anspruch der Ergänzungspflegerin -als Mitarbeiterin eines Vormundschaftsvereins- auf Aufwendungsersatz (hier: Fahrtkosten, Telefon Fax- und Kopierkosten) richtet sich nach § 1835 Abs. 1 Satz 1 Hs. 1 BGB. Zwar ist durch die von § 7 Abs. 1 Satz 1 VBVG in Bezug genommene Regelung des § 4 Abs. 2 Satz 1 VBVG ausdrücklich bestimmt, dass die Stundensätze der Vergütung anlässlich der Betreuung entstandene Aufwendungen abdecken. Es handelt sich insoweit um eine Inklusivvergütung24. Wenn nach der zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs allerdings bei der Bestellung des Mitarbeiters eines Betreuungs- oder Vormundschaftsvereins zum Vormund nicht die speziell für den Betreuer geltenden Vergütungsvorschriften der §§ 4 ff. VBVG heranzuziehen sind, sondern die Vergütungsregelung für den Vormund25, muss das auch für die Regelungen zum Aufwendungsersatz gelten. Anders als der Betreuer erhält der Vormund seine Aufwendungen nach dem Maßstab des § 1835 BGB in voller Höhe erstattet26.

Nicht zu erstatten sind im hier entschiedenen Fall hingegen die geltend gemachten Telefonkosten. Zwar können grundsätzlich auch Telefonkosten ersatzfähige Aufwendungen darstellen. In den Zeiten günstig verfügbarer Telefonflatrates auch für Mobiltelefone ist es allerdings nicht glaubhaft, dass im Jahr 2018 bei der Ergänzungspflegerin für jeden Anruf individuell und von ihr mit 0, 06 € je Einheit angegebene Kosten tatsächlich gesondert angefallen sind. In jedem Fall wären Kosten in dieser Höhe auch nicht erforderlich. Die Ergänzungspflegerin hätte ohne weiteres Telefonate von dem Festnetzanschluss in den Diensträumen des Vormundschaftsvereins aus führen können.27. Insoweit ist auch ein gesonderter Anfall von „Faxkosten“ nicht plausibel. Dass die Ergänzungspflegerin kurzfristig und zwingend die abgerechneten Telefonate von unterwegs und damit vom Diensthandy aus hat führen müssen, ist weder aus den Umständen ersichtlich noch ausdrücklich vorgetragen.

Schleswig -Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 4. August 2020 – 15 WF 51/19

  1. für den Vormund vgl. Dodegge in Dodegge/Roth, Systematischer Praxiskommentar Betreuungsrecht, 5. Aufl., Teil F Rn. 103[]
  2. BGH, Urteil vom 31.05.1974 – V ZR 14/73, NJW 1974, 1374; Palandt/Götz, BGB, 78. Aufl., Einf vor § 1909 Rn. 1; RGRK-BGB/Dickescheid, 12. Aufl., Vor § 1909 Rn. 8[]
  3. RGRK-BGB/Dickescheid, aaO Rn. 3[]
  4. RGRK-BGB/Dickescheid, aaO § 1915 Rn. 13; jurisPK-BGB/Locher, Stand 15.10.2019, § 1915 Rn. 23[]
  5. jurisPK-BGB/Pammler-Klein, Stand 15.10.2019, § 1793 Rn. 32; RGRK-BGB/Dickescheid, aaO § 1915 Rn. 13[]
  6. jurisPK-BGB/Locher, aaO Rn. 23; vgl. für den Vormund OLG Braunschweig, Beschluss vom 01.04.2019 – 2 WF 11/19, FamRZ 2019, 1713[]
  7. RGRK-BGB/Dickescheid, aaO § 1915 Rn. 13; jurisPK-BGB/Locher, aaO Rn. 23[]
  8. vgl. H. Schneider FamRB 2019, 261, 262; jurisPK-BGB/Locher, aaO Rn. 39; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 21.11.2007 – 3 W 201/07, FamRZ 2008, 818; OLG Hamm, Beschluss vom 13.01.2011 – I-15 W 632/10, NJW-RR 2011, 1091 7[]
  9. vgl. für den Betreuer BayObLG, Beschluss vom 19.12.1998 – 3 Z BR 241/98, BeckRS 1998, 30921532; vom 14.08.2003 – 3 Z BR 131/03, FamRZ 2003, 1969; für den Vormund OLG Braunschweig, aaO; jurisPK-BGB/Pammler-Klein, Stand: 15.10.2019, § 1835 Rn. 37 im Zusammenhang mit Aufwendungen[]
  10. MünchKommBGB/Huber, 8. Aufl., § 1631 Rn. 11; BeckOGK-BGB/Kerscher, Stand 1.03.2020, § 1631 Rn. 64 f.[]
  11. BayObLG, Beschluss vom 22.12.1987 – BReg. 3 Z 176/87, FamRZ 1988, 874, 876[]
  12. vgl. BayObLG, Beschluss vom 22.12.1987, aaO[]
  13. vgl. BGH, Beschluss vom 04.06.2014 – XII ZB 353/13, FamRZ 2014, 1357 Rn. 12 f.[]
  14. BeckOGK-BGB/Kerscher, aaO Rn. 66; Staudinger/Salgo, BGB, 2015, § 1631 Rn. 53[]
  15. BayObLG, Beschluss vom 22.12.1987, aaO[]
  16. Staudinger/Salgo, aaO Rn. 58a; BeckOGK-BGB/Kerscher, aaO Rn. 73.1[]
  17. vgl. Kunkel/Leonhardt in Kunkel/Kepert/Pattar, SGB VIII, 7. Aufl., § 53 Rn. 6[]
  18. Begründung des Regierungsentwurfs zum Gesetz zur Änderung des Vormundschafts- und Betreuungsrechts vom 29.06.2011, BT-Drs. 17/3617, S. 6; Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrats, aaO S. 13[]
  19. Begründung des Regierungsentwurfs, aaO S. 7 und S. 13[]
  20. Begründung des Regierungsentwurfs, aaO S. 6; Gegenäußerung der Bundesregierung, aaO S. 13[]
  21. Begründung des Regierungsentwurfs, aaO S. 7[]
  22. vgl. Begründung des Regierungsentwurfs, aaO S. 6[]
  23. Schmid-Obkirchner in Wiesner, SGB VIII, 5. Aufl., § 36 Rn.19; Schönecker/Meysen in Münder/Meysen/Trenczek, SGB VIII, 8. Aufl., § 36 Rn. 29[]
  24. vgl. Jurgeleit/Maier, Betreuungsrecht, 4. Aufl., § 1835 BGB Rn. 33[]
  25. BGH, Beschluss vom 25.05.2011 – XII ZB 625/10, NJW 2011, 2727 Rn. 26 und 36[]
  26. Jurgeleit/Maier, aaO § 3 VBVG Rn. 1[]
  27. OLG Frankfurt, Beschluss vom 23.08.2017 – 3 WF 145/17 34[]

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