Der unzumutbare Elternunterhalt

Auch wenn Kinder normalerweise zum Elternunterhalt verpflichtet sind, kann diese Verpflichtung durch frühere Verfehlungen des Elternteils gegenüber dem Kind entfallen.

Der unzumutbare Elternunterhalt

So hat das Oberlandesgericht Oldenburg in dem hier vorliegenden Fall einer Tochter entschieden und ihre Unterhaltsverpflichtung verneint.

Allgemein gilt, dass im Alter bei einer Pflegebedürftigkeit die Kosten von der Pflegeversicherung und der eigenen Rente getragen werden. Doch leider übersteigen die anfallenden Kosten häufig die vorhandenen finanziellen Mittel. Es entsteht eine Versorgungslücke, die durch das vorhandene Vermögen bzw. Einkommen der Betroffenen geschlossen werden muss. Wenn dann das Vermögen aufgebraucht ist, wendet sich das Sozialamt an die Kinder des Pflegebedürftigen für den Elternunterhalt. Es besteht eine gesetzliche Verpflichtung des erwachsenen Kindes, für den Unterhalt eines bedürftigen Elternteils aufzukommen. Übersteigt das Einkommen des Kindes 1800, 00 Euro (Alleinstehender) bzw. 3240,00 Euro (Familie), wird das Kind zur Zahlung herangezogen. Ist Vermögen vorhanden, dass das Schonvermögen übersteigt, muss auch davon der Elternunterhalt bestritten werden.

Dabei ist darauf zu achten, dass bei Leistungsunfähigkeit der entsprechende Nachweis zu erbringen ist. So hat das Oberlandesgericht Hamm mit Beschluss vom 21.11.2012 entschieden, dass sich eine erwachsene Tochter, die ihre fehlende unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit nicht darlegen oder nachweisen kann, sich an den Heimkosten der Mutter zu beteiligen hat. Der Unterhaltspflichtige hat seine Leistungsunfähigkeit darzulegen und ggf. auch nachzuweisen. Hierzu hat er die seine Lebensstellung bestimmenden Tatsachen wie Alter, Familienstand, Höhe seines Vermögens und Einkommens, Verbindlichkeiten, Werbungskosten und die sonstigen einkommensmindernden Posten vorzutragen. Ist der Unterhaltspflichtige verheiratet, ist für die Frage der Leistungsfähigkeit das Familieneinkommen maßgebend nach Auffassung des Oberlandesgerichts Hamm. Daher hat der Betreffende auch zum Einkommen der anderen Familienmitglieder vorzutragen. Fehlt es daran, ist von einer Leistungsfähigkeit zur Unterhaltszahlung auszugehen1 und das Kind hat Elternunterhalt zu zahlen.

Weiterlesen:
Elternunterhalt: Heimkosten und die Auswahl des Pflegeheims

In dem vom Oberlandesgericht Oldenburg entschiedenen Fall hat der Vater über sechs Jahre lang gar nichts für die damals noch bedürftige Tochter gezahlt, obwohl er in der Lage gewesen wäre, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Außerdem hat der Vater bei der Trennung von der Mutter per Einschreiben mitgeteilt, dass er von seiner alten Familie nichts mehr wissen wollte.

In seiner Entscheidung hat das Oberlandesgericht Oldenburg ausgeführt, dass ein solcher Kontaktabbruch eine grobe Verfehlung gegenüber der Tochter und eine Verletzung der väterlichen Pflicht zu Beistand und Rücksicht darstellt. So sei der Kontaktabbruch auch nachhaltig gewesen. Allein die Einladung der Tochter zur neuen Hochzeit des Vaters und ein einmaliger Besuch der Tochter bei einem Krankenhausaufenthalt des Vaters führten noch nicht zu einer Wiederherstellung eines Vater-Tochter-Verhältnisses.

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts stellt zwar ein Kontaktabbruch nicht regelmäßig eine grobe Verfehlung dar, die zu einem Verlust des Unterhaltsanspruchs führt. In diesem Fall kommt aber neben den Kontaktabbruch noch die grobe Verletzung der Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind hinzu. Die Tochter hat als Kind nicht nur wirtschaftlich schlecht dagestanden. Sie hat auch die emotionale Kälte des Vaters durch den Kontaktabbruch erfahren müssen. Beides zusammen führt nach Meinung des Oberlandesgerichts Oldenburg dazu, dass die Tochter als Erwachsene jetzt nicht mehr für den Vater einstehen muss. So entfällt eine Unterhaltsverpflichtung des erwachsenen Kindes, wenn der bedürftige Elternteil seine eigene, frühere Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem Kind gröblich vernachlässigt hat und eine Inanspruchnahme insgesamt grob unbillig erscheint.

Weiterlesen:
Der auf den Sozialhilfeträger übergegangene Unterhaltsanspruch - und der richtige Gerichtsstand

Oberlandesgericht Oldenburg, Beschluss vom 4. Januar 2017 – 4 UF 166/15

  1. OLG Hamm, Beschluss vom 21.11.2012 – II-8 UF 14/12[]