Wird der Mitarbeiter eines Betreuungsvereins zum berufsmäßigen Verfahrensbeistand in einer Kindschaftssache bestellt, steht der sich nach § 158 Abs. 7 Satz 2 und 3 FamFG ergebende Vergütungsanspruch entsprechend § 277 Abs. 4 Satz 1 FamFG dem Betreuungsverein zu. Der Anspruch auf die erhöhte Vergütung nach § 158 Abs. 7 Satz 3 FamFG hängt nicht davon ab, dass der Verfahrensbeistand die ihm nach § 158 Abs. 4 Satz 3 FamFG zusätzlich übertragenen Tätigkeiten bereits aufgenommen hat. Ausreichend ist vielmehr, dass er in irgendeiner Weise im Kindesinteresse tätig geworden ist.

Die für die Tätigkeit seines Mitarbeiters als berufsmäßiger Verfahrensbeistand anfallende Vergütung steht dem Betreuungsverein entsprechend § 277 Abs. 4 Satz 1 FamFG zu.
Zwar gilt die Bestimmung des § 277 Abs. 4 Satz 1 FamFG, nach der die Ansprüche auf Aufwendungsersatz und Vergütung für die Tätigkeit des Mitarbeiters eines anerkannten Betreuungsvereins dem Verein zustehen, unmittelbar nur für die Verfahrenspflegschaft, nicht aber für die hier vorliegende Verfahrensbeistandschaft in einer Kindschaftssache. Die Vorschrift des § 158 Abs. 7 FamFG, die die Vergütung des Verfahrensbeistands regelt, enthält weder eine dem § 277 Abs. 4 Satz 1 FamFG vergleichbare Bestimmung noch verweist sie auf diesen. Nach dem Gesetzeswortlaut stünde ein für die Tätigkeit des Verfahrensbeistands gegebenenfalls angefallener Vergütungsanspruch mithin nicht dem Betreuungsverein zu.
Die Norm des § 277 Abs. 4 Satz 1 FamFG ist jedoch entsprechend anwendbar, wenn der Mitarbeiter eines Betreuungsvereins zum Verfahrensbeistand bestellt wird.
Die Tätigkeit von Vereinen im Rahmen der Verfahrensbeistandschaft widerspricht nicht der Gesetzessystematik. Denn § 158 Abs. 7 Satz 1 FamFG ordnet für den Aufwendungsersatz des nicht berufsmäßigen Verfahrensbeistands die entsprechende Anwendung von § 277 Abs. 1 FamFG an, der sich wiederum in seinem Satz 3 unter anderem mit dem Verein als Verfahrenspfleger befasst. Mithin geht das Gesetz von der Möglichkeit aus, dass auch eine Verfahrensbeistandschaft durch einen Verein geführt werden kann. Vereine werden in diesem Bereich aber regelmäßig durch Mitarbeiter tätig1.
Der Verfahrensbeistand nach § 158 FamFG ersetzt den früher in § 50 FGG vorgesehenen Verfahrenspfleger für minderjährige Kinder2. In seiner zuletzt geltenden Fassung nahm § 50 Abs. 5 FGG auf § 67 a FGG Bezug, der wiederum in Satz 1 seines Abs. 4 die heute durch § 277 Abs. 4 Satz 1 FamFG getroffene Regelung beinhaltete.
In der ursprünglich vorgesehenen Fassung des § 158 FamFG fand sich als Vergütungsregelung lediglich die Anordnung der entsprechenden Geltung von § 277 FamFG. Erst in der Stellungnahme des Rechtsausschusses vom 23.06.2008 zum Entwurf des FGGReformgesetzes war § 158 Abs. 7 FamFG in seiner Gesetz gewordenen Fassung aufgenommen3, die für den Aufwendungsersatzanspruch des nicht berufsmäßigen Verfahrensbeistands auf § 277 Abs. 1 FamFG verweist (Satz 1) und im Übrigen für die berufsmäßige Verfahrensbeistandschaft eine Vergütung nach Fallpauschalen regelt (Satz 2 bis 4).
Diese Entstehungsgeschichte verdeutlicht, dass das Fehlen einer Verweisung auf § 277 Abs. 4 Satz 1 FamFG bzw. das Unterbleiben der Aufnahme einer vergleichbaren Bestimmung in § 158 FamFG nicht auf einer bewussten gesetzgeberischen Entscheidung beruht. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber für den Bereich der Verfahrensbeistandschaft – anders als bei der Verfahrenspflegschaft nach § 277 FamFG und abweichend von der Verfahrenspflegschaft nach § 50 FGG als Vorgängerinstitut der heutigen Verfahrensbeistandschaft – bei Bestellung eines Vereinsmitarbeiters nicht mehr den Verein, sondern den Mitarbeiter selbst als gegenüber der Staatskasse berechtigt behandeln wollte. Vielmehr liegt nahe, dass bei der Regelung der Fallpauschalen die Aufnahme einer § 277 Abs. 4 Satz 1 FamFG entsprechenden Vorschrift übersehen wurde, und es sich insoweit um eine planwidrige Regelungslücke handelt.
Dies entspricht im Übrigen auch der Rechtslage bei Bestellung des Mitarbeiters eines Vormundschaftsvereins zum Vormund. Dort fehlt ebenfalls eine gesetzliche Regelung, die dem Verein einen eigenen Vergütungsanspruch einräumt. Auch dort besteht eine planwidrige Regelungslücke, die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die entsprechende Anwendung der für den Bereuungsverein geltenden Bestimmungen zum Vergütungs- und Aufwendungsersatzanspruch gebietet. Nach dem daher für den Vereinsvormund anwendbaren § 7 Abs. 1 und 3 VBVG steht der Anspruch dem Verein, nicht aber dem Mitarbeiter zu4.
Der Verfahrensbeistand in einer Kindschaftssache, in der er für mehrere Kinder bestellt ist, erhält für jedes der von ihm betreuten Kinder die Pauschalgebühr nach § 158 Abs. 7 FamFG5.
Der Anspruch aus § 158 Abs. 7 FamFG entsteht in dem Moment, in dem der Verfahrensbeistand mit der Wahrnehmung seiner Aufgaben nach § 158 Abs. 4 FamFG begonnen hat, so dass die Entgegennahme des Bestellungsbeschlusses nicht ausreichend ist. Es genügt jedoch, dass der Verfahrensbeistand in irgendeiner Weise im Kindesinteresse tätig geworden ist6.
Darüber hinaus sprach der Bundesgerichtshof im vorliegenden Fall auch die erhöhte Fallpauschale des § 158 Abs. 7 Satz 3 FamFG zu:
Während teilweise gefordert wird, der Verfahrensbeistand müsse die ihm nach § 158 Abs. 4 Satz 3 FamFG zusätzlich übertragenen Tätigkeiten bereits aufgenommen haben, um die erhöhte Vergütung beanspruchen zu können7, wird von der Gegenmeinung auch für die erhöhte Vergütung für ausreichend gehalten, dass der Verfahrensbeistand in irgendeiner Weise im Kindesinteresse tätig geworden ist8.
Die letztgenannte Auffassung ist zutreffend.
Hierfür spricht bereits der Gesetzeswortlaut des § 158 Abs. 7 FamFG, der9 die Vergütungsstaffelung nicht vom Umfang der Tätigkeiten des Verfahrensbeistands abhängig macht. Nach Satz 2 erhält der Verfahrensbeistand für die „Wahrnehmung seiner Aufgaben“ gemäß Absatz 4 die Grundpauschale von 350 €. Demgegenüber stellt Satz 3 für die erhöhte Pauschale allein auf die „Übertragung von Aufgaben“ nach Absatz 4 Satz 3 ab10, und verlangt mithin gerade kein Tätigwerden im erweiterten Aufgabenkreis. Nach der gesetzlichen Regelung stellt das Tätigwerden im Rahmen der gemäß § 158 Abs. 4 Satz 3 FamFG übertragenen Aufgaben zudem keinen eigenständigen, von der Grundpauschale unabhängigen Vergütungstatbestand dar. Vielmehr soll (allein) die Aufgabenübertragung eine Erhöhung des ohne sie 350 € betragenden Vergütungssatzes auf 550 € begründen.
Darüber hinaus hat der Gesetzgeber sich auch deshalb für die Abrechnung nach Fallpauschalen entschieden, weil sie eine unaufwändige und unbürokratische Handhabung ermögliche und sowohl dem Verfahrensbeistand als auch der Justiz einen erheblichen Abrechnungs- und Kontrollaufwand erspare11. Dem würde aber widersprechen, wenn die Gerichte für den Anfall der erhöhten Fallpauschale eine Prüfung der – vom Verfahrensbeistand dann auch mit größerem Aufwand darzulegenden – erbrachten Tätigkeiten daraufhin durchführen müssten, ob diese dem erweiterten Aufgabenkreis zuzurechnen sind.
Schließlich würde es im Rahmen dieser vertieften Prüfung regelmäßig zu schwierigen Abgrenzungsfragen kommen. Dies belegt der hier zu entscheidende Fall, in dem der Verfahrensbeistand die Kontaktdaten insbesondere der Kindeseltern ermittelt hatte. Dabei handelt es sich aber um eine notwendige Maßnahme, um die Aufgaben nach § 158 Abs. 4 Satz 3 FamFG erfüllen zu können. Nichts anderes gilt im Übrigen beispielsweise auch für das Aktenstudium oder ein Gespräch mit dem Kind selbst. Letztlich hat jede Tätigkeit, die im Kindesinteresse im Rahmen der von § 158 Abs. 7 Satz 2 FamFG erfassten Aufgaben ausgeübt wird, Relevanz auch für den erweiterten Aufgabenkreis. Eine Aufteilung in „Basisaufgaben“ und andere – wie sie das Beschwerdegericht vorgenommen hat – ist mithin weder praktikabel noch durch das Gesetz vorgegeben.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27. November 2013 – XII ZB 682/12
- vgl. Keidel/Engelhardt FamFG 17. Aufl. § 158 Rn. 33[↩]
- BT-Drs.-. 16/6208 S. 238[↩]
- BT-Drs.-. 16/9733 S. 75[↩]
- BGH, Beschlüsse vom 25.05.2011 – XII ZB 625/10 , FamRZ 2011, 1394 Rn. 22 ff.; und vom 13.03.2013 – XII ZB 398/12 , FamRZ 2013, 946 Rn. 11[↩]
- BGH, Beschlüsse BGHZ 187, 40, 42 ff. = FamRZ 2010, 1893 Rn. 12 ff.; und vom 15.09.2010 – XII ZB 268/10 , FamRZ 2010, 1896 Rn. 13 ff.[↩]
- BGH, Beschlüsse vom 09.10.2013 – XII ZB 667/12 – juris Rn. 18; vom 01.08.2012 – XII ZB 456/11 , FamRZ 2012, 1630 Rn. 18; vom 19.01.2011 – XII ZB 400/10 , FamRZ 2011, 558 Rn. 7; und vom 15.09.2010 – XII ZB 268/10 , FamRZ 2010, 1896 Rn. 30[↩]
- vgl. OLG Celle FamRZ 2013, 573, 574; OLG Brandenburg Beschluss vom 14.03.2011 – 9 WF 15/11 – juris Rn. 10; MünchKomm-FamFG/Schumann 2. Aufl. § 158 Rn. 49[↩]
- vgl. OLG Frankfurt Beschluss vom 16.08.2010 – 5 UF 236/10 – juris Rn. 8; Prütting/Helms/Hammer FamFG 3. Aufl. § 158 Rn. 60; Holzer/Menne FamFG § 158 Rn. 144; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann ZPO 72. Aufl. § 158 FamFG Rn. 1; wohl auch OLG München FamRZ 2010, 1757, 1758[↩]
- entgegen der Begründung des Rechtsausschusses für die Regelung, vgl. BT-Drs.-. 16/9733 S. 294[↩]
- vgl. auch Prütting/Helms/Hammer FamFG 3. Aufl. § 158 Rn. 60[↩]
- BGH, Beschluss vom 09.10.2013 – XII ZB 667/12 – juris Rn. 9; BT-Drs.-. 16/9733 S. 294[↩]