Die als Betreuer übergangene Vertrauensperson – und ihre Eignungsmängel

Für die Bestellung einer anderen als der vom Betroffenen vorgeschlagenen Person als Betreuer wegen Eignungsmängeln des Vorgeschlagenen müssen Erkenntnisse vorliegen, die geeignet sind, einen das Wohl des Betroffenen gefährdenden Eignungsmangel auch für die Zukunft und bezogen auf den von der Betreuung umfassten Aufgabenkreis zu begründen.

Die als Betreuer übergangene Vertrauensperson – und ihre Eignungsmängel

Maßstab der Betreuerauswahl nicht nur bei der Erstentscheidung, sondern auch bei einer Verlängerung der Betreuung stellt § 1897 BGB dar. Dies folgt aus dem Rechtscharakter der Verlängerungsentscheidung als erneute vollständige Einheitsentscheidung über die Betreuung und ergibt sich aus § 295 Abs. 1 Satz 1 FamFG, nach dem für die Verlängerung der Bestellung eines Betreuers die Verfahrensvorschriften über die erstmalige Anordnung dieser Maßnahme entsprechend gelten. Die Vorschrift des § 1908 b Abs. 1 BGB, die die Voraussetzungen regelt, unter denen ein Betreuer entlassen werden kann, ist in diesen Fällen nicht einschlägig, sondern nur anwendbar, wenn bei fortbestehender Betreuung eine isolierte Entscheidung über die Beendigung des Amtes des bisherigen Betreuers getroffen werden soll1.

Im vorliegenden Fall hat die Betroffene im Zusammenhang mit der Erteilung der Vorsorgevollmacht auch eine Betreuungsverfügung des Inhalts abgegeben hat, dass ihr Sohn als Betreuer bestellt werden soll, falls trotz Vollmachterteilung eine Betreuung erforderlich werden sollte. Die Betreuungsverfügung ist bereits ihrem Wortlaut nach nicht auf bestimmte Aufgabenkreise oder (nur) den von der Vollmacht umfassten Aufgabenkreis beschränkt. Darüber hinaus bezieht sich die Vorsorgevollmacht auch auf die Aufenthaltsbestimmung, so dass die Betreuungsverfügung selbst bei Annahme einer derartigen Beschränkung für den von der Betreuung umfassten Aufgabenkreis maßgeblich wäre.

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Dieser Jahre vor Einleitung des Betreuungsverfahrens erfolgte Betreuervorschlag der Betroffenen ist gemäß § 1897 Abs. 4 Satz 3 BGB zu berücksichtigen, weil nicht erkennbar ist, dass sie nicht mehr daran festhalten will.

Daher gelangt § 1897 Abs. 4 Satz 1 BGB zur Anwendung. Diese Vorschrift räumt dem Tatrichter bei der Auswahl des Betreuers kein Ermessen ein. Es ist die Person zum Betreuer zu bestellen, die der Betroffene wünscht. Der Wille des Betroffenen kann nur dann unberücksichtigt bleiben, wenn die Bestellung der vorgeschlagenen Person seinem Wohl zuwiderläuft. Dies setzt voraus, dass sich aufgrund einer umfassenden Abwägung aller relevanten Umstände Gründe von erheblichem Gewicht ergeben, die gegen die Bestellung der vorgeschlagenen Person sprechen. Es muss die konkrete Gefahr bestehen, dass der Vorgeschlagene die Betreuung des Betroffenen nicht zu dessen Wohl führen kann oder will2.

Die Annahme einer solchen konkreten Gefahr beruht auf einer Prognoseentscheidung des Gerichts, für die dieses sich naturgemäß auf Erkenntnisse stützen muss, die in der – näheren oder auch weiter zurückliegenden – Vergangenheit wurzeln. Soweit es um die Eignung der vorgeschlagenen Person geht, müssen diese Erkenntnisse geeignet sein, einen das Wohl des Betroffenen gefährdenden Eignungsmangel auch für die Zukunft und bezogen auf den von der Betreuung umfassten Aufgabenkreis zu begründen.

Zwar stellt es zweifelsfrei eine Pflichtverletzung des Betreuers dar, wenn er verabsäumt, für eine freiheitsentziehende Maßnahme i.S.d. § 1906 Abs. 4 BGB die gerichtliche Genehmigung einzuholen. Berücksichtigung muss aber vorliegend zum einen finden, dass das Amtsgericht seinerseits erst nach Ablauf der Genehmigung wegen einer „Verlängerung“ von Betreuung und Fixierungsgenehmigung nachgefragt hatte. Zum anderen ist das Amtsgericht auch nach der jedenfalls durch das Pflegeheim – und auch durch den Sohn – Anfang März 2013 erfolgten Mitteilung eines weiteren Genehmigungserfordernisses nicht nach § 331 FamFG tätig geworden, sondern hat über eine weitere Fixierung erst rund vier Monate nach Mitteilung des Fixierungsbedarfs befunden. Zudem wurde die genehmigungslose Fixierung – die jedenfalls seit Mai 2013 nicht mehr mittels Bauchgurt, sondern durch einen Stecktisch erfolgte – nicht durch den Sohn, sondern durch das Pflegeheim vorgenommen. Dass es sich hierbei um eine zum Schutz der Betroffenen zwingend erforderliche Maßnahme handelte, ergibt sich aus der im Juli 2013 erfolgten betreuungsgerichtlichen Genehmigung für die gesetzliche Höchstdauer von zwei Jahren. Bei dieser Sachlage – die Fixierungsgenehmigung war beantragt, eine Fixierung der Betroffenen nötig – ist nicht ersichtlich, dass es dem Wohl der Betroffenen eher entsprochen hätte, wenn der Sohn bis zur gerichtlichen Entscheidung eine Fixierung aktiv unterbunden hätte.

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Soweit das Beschwerdegericht sich darauf stützt, dass mit einer hinreichenden Kooperation des Sohnes nicht zu rechnen sei, fehlt es bislang an Feststellungen, die diese Einschätzung tragen können. Die überaus kritischen Äußerungen des Sohnes zu einem „Netzwerk“ von Pflegeheim, Ärzten, Berufsbetreuern und Betreuungsgericht sprechen zwar dafür, dass sich die Zusammenarbeit mit ihm möglicherweise schwierig gestaltet. Dies steht für sich genommen einer Bestellung als Betreuer aber nicht entgegen. Dass der Sohn im Rahmen des Betreuungsverfahrens notwendige Mitwirkungshandlungen unterlassen hat, ist nicht festgestellt.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25. März 2015 – XII ZB 621/14

  1. BGH, Beschlüsse vom 15.09.2010 – XII ZB 166/10 , FamRZ 2010, 1897 Rn. 17 mwN; und vom 17.09.2014 – XII ZB 220/14 , FamRZ 2014, 1998 Rn.20[]
  2. BGH, Beschlüsse vom 15.09.2010 – XII ZB 166/10 , FamRZ 2010, 1897 Rn.20; vom 14.08.2013 – XII ZB 206/13 , NJW-RR 2013, 1473 Rn. 8; und vom 17.09.2014 – XII ZB 220/14 , FamRZ 2014, 1998 Rn. 21[]