Die Auskunftserteilung über mehrere hundert Grundstücke

Wie ist der Wert des Beschwerdegegenstands bei der Verpflichtung zur Auskunftserteilung zu bemessen, wenn die Auskunftspflicht die Erstellung einer Bestandsliste über mehrere hundert Grundstücke erfordert?

Die Auskunftserteilung über mehrere hundert Grundstücke

Diese Frage stellte sich dem Bundesgerichtshof in einem Verfahren um Kindesunterhalt, bei dem der unterhaltspflichtige Vater nach eigener Darstellung Eigentümer von etwa 500 auf das gesamte Land Brandenburg verteilten Splittergrundstücken ist, vor allem in Form von Waldflächen, die bislang nicht zusammenhängend erfasst seien, weil es für einen derartigen Aufwand bisher keinen Bedarf gegeben habe.

Im Ausgangspunkt stellt der Bundesgerichtshof darauf ab, dass für die Bemessung des Wertes des Beschwerdegegenstandes bei der Verurteilung zur Auskunftserteilung das Interesse des Rechtsmittelführers maßgebend ist, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Abgesehen von dem Fall eines besonderen Geheimhaltungsinteresses ist auf den Aufwand an Zeit und Kosten abzustellen, den die sorgfältige Erteilung der geschuldeten Auskunft erfordert1.

In der Vorinstanz hat das Brandenburgische Oberlandesgericht2 die Darstellung des Kindsvaters mit der Begründung zurückgewiesen, es sei ohne nähere Erläuterung nicht vorstellbar, dass er keinen Überblick über den Bestand seiner Grundstücke habe. Damit hat das Brandenburgische Oberlandesgericht allerdings das Vorbringen des Antragsgegners unter Verletzung des rechtlichen Gehörs übergangen. Denn eine Rechtspflicht, ein Verzeichnis über den eigenen Grundbesitz ständig vorrätig zu halten, besteht nicht. Das Brandenburgische Oberlandesgericht zeigt auch nicht auf, aus welcher Veranlassung heraus der Antragsgegner über eine derartige Aufstellung verfügen müsse.

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Selbst wenn, wie das Brandenburgische Oberlandesgericht in Betracht zieht, mehrere Teilaufstellungen vorlägen, die „lediglich zusammengeführt“ werden müssten, steht damit nicht fest, dass sämtliche Grundstücke durch die gemutmaßten „Teilaufstellungen“ vollständig zum aktuellen Stand erfasst werden. Es müsste daher dem Antragsgegner zugestanden werden, die aus den Teilaufstellungen generierte Gesamtliste auf ihre Richtigkeit und Vollständigkeit zu überprüfen. Denn die Auskunft, zu der er durch den Ausgangsbeschluss verpflichtet wurde, ist mit der erforderlichen Sorgfalt zu erteilen.

Die Überprüfung der Vollständigkeit und Richtigkeit der aus möglichen Teilaufstellungen generierten Liste bedürfte ihrerseits eines angemessenen Zeitaufwands. Diesen hat der Antragsgegner mit wenigstens zehn Minuten je Grundstück angegeben, wenn er die Daten aus den vorhandenen Grundstückskaufverträgen und begleitenden Dokumenten ermittelt, diese auf spätere Veränderungen wie etwa Grundstücksvereinigungen oder zuschreibungen überprüft und daraus unter Berücksichtigung einer unterstellt bereits vorhandenen Teilaufstellung eine Tabelle neu erstellt. Dass der angegebene Aufwand von zehn Minuten je Grundstück zu hoch angesetzt sei, ist nicht ersichtlich. Bei 500 Grundstücken summierte sich der Gesamtaufwand auf über 83 Stunden. Unter Zugrundelegung eines dem Einkommen des Antragsgegner entsprechenden Stundensatzes von 15 € summierte sich der Eigenaufwand auf weit über 600 €.

Gleichwohl vermochte der Bundesgerichtshof hierüber – und damit über die Zulässigkeit der Beschwerde – nicht abschließend zu entscheiden, da noch weitere Feststellungen über den notwendigen Aufwand zur Erstellung der Grundstücksliste erforderlich sind.

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Insbesondere wird die vom Antragsgegner behauptete Notwendigkeit, die Daten aufwändig aus den vorhandenen Grundstückskaufverträgen und begleitenden Dokumenten zu ermitteln, in tatrichterlicher Verantwortung noch darauf hin zu überprüfen sein, ob ihm nicht anstelle einer aufwändigen Listenerstellung aus eigenen Unterlagen die Möglichkeit offensteht, mit einem 600 € unterschreitenden Aufwand eine Auflistung der in seinem Eigentum stehenden Grundstücke aus dem Amtlichen Liegenschaftskatasterinformationssystem (ALKIS) der Landesvermessung und Geobasisinformation Brandenburg zu erlangen und diese der von ihm geschuldeten Auskunft zugrunde zu legen.

Der Hinzuziehung eines Steuerberaters bedarf es zur Erfüllung der Auskunft allerdings nicht. Die Kosten der Zuziehung einer sachkundigen Hilfsperson können bei der Bemessung des Wertes des Beschwerdegegenstandes nämlich nur berücksichtigt werden, wenn sie zwangsläufig entstehen, weil der Auskunftspflichtige zu einer sachgerechten Auskunftserteilung nicht in der Lage ist3. Davon ist im vorliegenden Fall schon deshalb nicht auszugehen, weil dem Antragsgegner lediglich aufgegeben wurde, ein spezifiziertes Vermögensverzeichnis vorzulegen. Soweit das Vermögen Gesellschaftsbeteiligungen umfasst, verlangt das Vermögensverzeichnis nur deren Aufnahme als solche unter Beifügung der vorhandenen Jahresabschlüsse4.

Über eine nachträgliche Zulassung der Beschwerde muss das Brandenburgische Oberlandesgericht dagegen nicht entscheiden. Zwar hat nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs das Rechtsmittelgericht bevor es das Rechtsmittel mangels ausreichender Beschwer verwerfen darf eine Entscheidung über die Zulassung der Berufung bzw. Beschwerde nachzuholen, wenn das erstinstanzliche Gericht keine Veranlassung gesehen hat, diese zuzulassen, weil es von einer Beschwer der unterlegenen Partei ausgegangen ist, die 600 € übersteigt5. Im vorliegenden Fall bestehen jedoch keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass das Amtsgericht von der Zulässigkeit einer Beschwerde gegen seine Entscheidung ausgegangen ist6.

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Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14. Mai 2014 – XII ZB 487/13

  1. BGH, Beschluss vom 22.01.2014 XII ZB 278/13 FamRZ 2014, 644 Rn. 6 mwN[]
  2. OLG Brandenburg, Beschluss vom 05.08.2013 – 13 UF 90/13[]
  3. BGH, Beschluss vom 26.10.2005 XII ZB 25/05 FamRZ 2006, 33, 34 und BGH, Urteil vom 11.07.2001 XII ZR 14/00 FamRZ 2002, 666, 667[]
  4. vgl. BGH, Beschluss vom 23.05.2012 XII ZB 594/11 8[]
  5. BGH, Beschlüsse vom 23.03.2011 XII ZB 436/10 FamRZ 2011, 882 Rn. 14 mwN; und vom 28.03.2012 – XII ZB 323/11 FamRZ 2012, 961 Rn. 6[]
  6. vgl. auch BGH, Beschluss vom 09.04.2014 – XII ZB 565/13[]