Die Auskunftspflicht im Zugewinnausgleichsverfahren – Streitwert und Beschwer

Mit dem Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Auskunftsverpflichtung in einer Zugewinnausgleichssache1 hatte sich aktuell der Bundesgerichtshof zu befassen:

Die Auskunftspflicht im Zugewinnausgleichsverfahren – Streitwert und Beschwer

In dem hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall hatte das Oberlandesgericht Frankfurt am Main in der Vorinstanz zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, die Beschwerde sei unzulässig, weil der nach § 61 Abs. 1 FamFG erforderliche Wert des Beschwerdegegenstands von mehr als 600 € nicht erreicht sei2. Bei einem Rechtsmittel gegen die Verpflichtung zur Auskunftserteilung bemesse sich die Beschwer des Rechtsmittelführers nach seinem Interesse, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei dabei auf den für die Erteilung der Auskunft notwendigen Aufwand an Zeit und Kosten abzustellen, wobei zur Bewertung des Zeitaufwands auf die Stundensätze zurückzugreifen sei, die der Auskunftspflichtige als Zeuge im Zivilprozess nach § 20 JVEG erhalten würde, wenn er mit der Erteilung der Auskunft weder eine berufstypische Leistung erbringe noch einen Verdienstausfall erleide. Im vorliegenden Fall betrage der Zeitaufwand höchstens 20 Stunden, was bei einem Stundensatz von 3, 50 € zu einem Wert von 70 € führe. Die Beschwer des Antragstellers erhöhe sich jedoch um seine Aufwendungen zur Abwehr einer ungerechtfertigten Zwangsvollstreckung in Höhe von 240 €, weil die vom Amtsgericht titulierte Verpflichtung zur Belegvorlage nicht vollstreckungsfähig sei. Ein werterhöhendes Geheimhaltungsinteresse sei hingegen nicht dargelegt. Schließlich führe auch der Zwischenfeststellungsantrag der Antragsgegnerin zu keiner weiteren Beschwer, denn das Amtsgericht habe diesen nicht beschieden.

Weiterlesen:
Der geschlossene Immobilienfonds im Zugewinnausgleich

Dies steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.

Zutreffend ist das Oberlandesgericht Frankfurt a. M. davon ausgegangen, dass sich die Beschwer eines zur Auskunft verpflichteten Beteiligten grundsätzlich nach seinem Interesse richtet, die Auskunft nicht erteilen zu müssen3. Zur Bewertung des erforderlichen Aufwands an Zeit und Kosten für die sorgfältige Erteilung der geschuldeten Auskunft ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich auf die Stundensätze zurückzugreifen, die der Auskunftspflichtige als Zeuge in einem Zivilprozess erhalten würde, wenn er mit der Erteilung der Auskunft weder eine berufstypische Leistung erbringt noch einen Verdienstausfall erleidet4.

Auch hat das Oberlandesgericht Frankfurt a. M. den auf ein Geheimhaltungsinteresse gerichteten Vortrag des Antragstellers im Beschwerdeverfahren zu Recht als unschlüssig angesehen. Ein solches kann zwar im Einzelfall für die Bemessung der Beschwer erheblich sein. Insoweit muss der Rechtsmittelführer aber sein besonderes Interesse, bestimmte Tatsachen geheim zu halten, und den durch die Auskunftserteilung drohenden Nachteil substantiiert darlegen und erforderlichenfalls glaubhaft machen. Dazu gehört auch, dass gerade in der Person des Auskunft Begehrenden die Gefahr begründet sein muss, dieser werde von den ihm gegenüber offenbarten Tatsachen über das Verfahren hinaus in einer Weise Gebrauch machen, welche die schützenswerten wirtschaftlichen Interessen des zur Auskunft Verpflichteten gefährden könnte. Allein die Berufung auf allgemeine Belange der Geheimhaltung und des Vertraulichkeitsschutzes ist nicht ausreichend5. Nach diesem Maßstab fehlt es dem Vortrag des Antragstellers im Beschwerdeverfahren, wonach die Antragsgegnerin mit Kenntnis der von ihr begehrten Vermögensauskünfte seine wirtschaftlichen Interessen zu gefährden versuchen würde, an hinreichend konkreten Anhaltspunkten für einen dem Antragsteller drohenden Nachteil. Auch mit ihrem weiteren Vorbringen begründet die Rechtsbeschwerde kein besonderes Interesse an der Geheimhaltung.

Weiterlesen:
Aufhebung eines dinglichen Arrestes - und die weitere Beschwerde der Staatsanwaltschaft

Die vom Oberlandesgericht Frankfurt a. M. berücksichtigten Kosten für die Abwehr einer ungerechtfertigten Zwangsvollstreckung6 sind für den Bundesgerichtshof von Rechts wegen auch nicht zu beanstanden.

Ohne Erfolg blieb vor dem Bundesgerichtshof auch die Rüge, das Oberlandesgericht Frankfurt a. M. habe bei der Bemessung der Beschwer außer Acht gelassen, dass das Amtsgericht nicht nur über den Auskunftsantrag, sondern auch über den Zwischenfeststellungsantrag der Antragsgegnerin entschieden habe. Vielmehr erweist sich die vom Bundesgerichtshof uneingeschränkt zu überprüfende Auslegung des OLG Frankfurt, wonach das Amtsgericht keine solche Entscheidung getroffen hat, als richtig. Wie die Rechtsbeschwerde einräumt, weist die Beschlussformel neben der Verpflichtung des Antragstellers zur Auskunft nach ihrem Wortlaut keinerlei feststellenden Inhalt auf. Auch unter ergänzender Heranziehung von Tatbestand und Entscheidungsgründen des Beschlusses7 ergibt sich hier nichts anderes. Zwar hat das Amtsgericht im Rahmen einer inzidenten Prüfung eine Rechtswahl im Ehevertrag zugunsten des niederländischen Rechts als nicht wirksam angesehen und auf dieser Grundlage einen Auskunftsanspruch aus § 1379 BGB bejaht. Zugleich hat es aber ausgeführt, eine Zwischenfeststellung über diese Frage sei „vorliegend nicht angezeigt“.

Es begründet ebenfalls keine zusätzliche Beschwer, dass sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde nicht nur gegen seine Verpflichtung zur Auskunft, sondern auch gegen die Begründung des Amtsgerichts gewendet hat, wonach keine wirksame Rechtswahl zustande gekommen ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist für die Bewertung des Beschwerdegegenstands nur auf den unmittelbaren Gegenstand der Entscheidung abzustellen. Das daneben auch bestehende Ziel des zur Auskunft Verpflichteten, den Hauptanspruch zu verhindern, geht dagegen über das Ziel des Rechtsmittels hinaus und ist daher bei der Wertfestsetzung nicht zu berücksichtigen8. Das Oberlandesgericht Frankfurt a. M. hat hiernach zu Recht keine gesonderte Beschwer im Hinblick auf die Ausführungen des Amtsgerichts über die Wirksamkeit der Rechtswahl angenommen.

Weiterlesen:
Die Vergütung des Betreuers - und der Zeitpunkt der Mittellosigkeit des Betreuten

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 16. Dezember 2020 – XII ZB 26/20

  1. im Anschluss an BGH, Beschluss vom 08.07.2020 – XII ZB 334/19 , FamRZ 2020, 1572[]
  2. OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 30.12.2019 – 3 UF 213/19[]
  3. st. Rspr., vgl. etwa BGH, Beschluss vom 08.07.2020 – XII ZB 334/19 , FamRZ 2020, 1572 Rn. 7 mwN; BGHZ GSZ 128, 85 = FamRZ 1995, 349, 350 f.[]
  4. vgl. BGH, Beschluss vom 08.07.2020 – XII ZB 334/19 , FamRZ 2020, 1572 Rn. 9 mwN[]
  5. vgl. BGH, Beschluss vom 12.09.2018 – XII ZB 588/17 , FamRZ 2018, 1934 Rn. 13 mwN[]
  6. vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 08.07.2020 – XII ZB 334/19 , FamRZ 2020, 1572 Rn. 11 mwN[]
  7. vgl. BGHZ 159, 66 = GRUR 2004, 755 mwN sowie BGH, Beschluss vom 11.07.2001 – XII ZR 270/99 , FamRZ 2002, 1706, 1707 mwN[]
  8. vgl. BGH, Beschluss vom 13.02.2019 – XII ZB 499/18 , FamRZ 2019, 818 Rn. 10 mwN; BGHZ GSZ 128, 85 = FamRZ 1995, 349, 350 f.[]

Bildnachweis:

  • Rechner: Pixabay