Verstößt ein Ehegatte während des Zusammenlebens gegen die ihn nach § 1353 Abs. 1 S. 2 BGB treffende Vermögensfürsorgepflicht gegenüber dem anderen Ehegatten, indem er heimlich die Hausratversicherung für die gemeinsame Ehewohnung auf eine allein in seinem Eigentum stehende Wohnung ummeldet, weshalb der aufgrund eines späteren Einbruchs entwendete Hausrat in der Ehewohnung nicht von der Versicherung ersetzt wird, ist er dem so hintergangenen Ehegatten dem Grunde nach zum Schadensersatz verpflichtet.

in Schadensersatzanspruch der Ehefrau gegen den Ehemann lässt sich im vorliegenden Fall zumindest aus § 1353 Abs. 1 S. 2 BGB herleiten. Im vorliegenden Fall geht es um die Verletzung einer sich aus § 1353 Abs. 1 S. 2 BGB ergebenden Fürsorgepflicht während bestehender Ehe. Verstöße gegen die aus § 1353 Abs. 1 S. 2 BGB abzuleitenden Verpflichtungen der Ehegatten sind grundsätzlich geeignet, Schadensersatzansprüche auszulösen 1. Allerdings muss unterschieden werden zwischen der Verletzung persönlicher Pflichten, die grundsätzlich keine Schadensersatzpflicht auslöst, und der Verletzung vermögensrechtlicher Pflichten, die zu Schadensersatzansprüchen führen kann 2. Als Beispiele für schadensersatzauslösende Pflichtverletzungen werden genannt die Verletzung der Mitwirkungspflicht bei der gemeinsamen Steuerveranlagung 3 oder die Verweigerung der Zustimmung zur Übertragung eines Kfz-Schadenfreiheitsrabatts auf die den Zweitwagen überwiegend fahrende Ehefrau 4.
Nach Auffassung des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen ließe sich die Schadensersatzverpflichtung des Ehemanns im vorliegenden Fall aber auch aus § 280 BGB i.V.m. § 662 BGB herleiten 5. Nach den Schilderungen der Beteiligten liegt es nämlich nahe; vom konkludenten Zustandekommen eines Auftragsverhältnisses i.S.d. § 662 BGB zwischen den Ehegatten insoweit auszugehen, als es der Ehemann während des Zusammenlebens der Beteiligten übernommen hatte, für Versicherungsschutz für den gemeinsamen Hausrat in der jeweiligen gemeinsamen Wohnung zu sorgen. Eine derartige auftragsmäßige Übernahme dieser Aufgabe durch den Ehemann ergibt sich insbesondere aus dem Schreiben der X‑Versicherung vom 30.08.1999 , in dem diese den Ehemann, ihren Versicherungsnehmer, zutreffend 6 darüber aufgeklärt hat, dass sich der Versicherungsschutz auch auf die der Ehefrau gehörenden Gegenstände in der gemeinsamen Ehewohnung beziehe. Ob die Ehefrau die Aufgabe, für eine Hausratversicherung hinsichtlich der Ehewohnung zu sorgen, auch selbst hätte übernehmen können, weil sie ebenso geschäftlich erfahren war und ist wie der Ehemann, ist angesichts der tatsächlich gehandhabten Aufgabenverteilung zwischen den Eheleuten Versicherungsschutz irrelevant. "kümmert", weil Wenn er ein diese Ehegatte Aufgabe sich durch um den konkludente Auftragserteilung durch den anderen Ehegatten übernommen hat, muss er grundsätzlich auch während des Bestehens des ehelichen Zusammenlebens in der gemeinsamen Wohnung den Versicherungsschutz aufrechterhalten; hierauf darf der andere Ehegatte vertrauen.
Ob dies uneingeschränkt auch dann gilt, wenn sich die Ehe in einer Krise befindet, wie dies bei den Beteiligten im Zeitraum von August bis November 2006 der Fall war, kann dahinstehen. Denn der Ehemann wäre in jedem Fall verpflichtet gewesen, der Ehefrau zeitnah nach der Abänderung im September 2006 mitzuteilen, dass er den Versicherungsschutz auf seine Wohnung in der H-Straße übertragen hat, so dass für die Wohnung in der P‑Straße – spätestens nach einer Übergangszeit von 3 Monaten nach der nächsten auf den Auszug folgenden Prämienfälligkeit 7 kein Schutz mehr durch eine Hausratversicherung bestand.
Soweit der Ehemann geltend macht, er sei aufgrund seines Auszugs gegenüber der Versicherung zu dieser Meldung verpflichtet gewesen, weshalb es sich bei seinem Verhalten bereits um "keine schuldhafte Verletzung irgendeiner Verpflichtung" handeln könne, kann dieses Vorbringen nicht überzeugen. Selbst wenn die Meldung gegenüber der Versicherung im September 2006 "bedingungsgemäß" erfolgt sein sollte, ist zu berücksichtigen, dass sich die Eheleute im Oktober/November 2006 wieder versöhnt hatten: Der Ehemann ist wieder – auch wenn gegenüber der Ehefrau eventuell nur zum Schein in die gemeinsame Ehewohnung zurückgekehrt. Daher wäre nun – seinen Vortrag über die Meldeobliegenheit gegenüber der Versicherung als richtig unterstellt ebenso wie zum Zeitpunkt des Auszuges im August 2006 eine "bedingungsgemäße" Meldung der neuen/alten Wohnanschrift gegenüber der Hausratversicherung abzugeben gewesen, um den Hausratversicherungsschutz auf seine Anschrift in der PStraße zu erstrecken. Hiervon hat der Ehemann aber aus nicht näher dargelegten Gründen abgesehen. Entgegen der Auffassung des Ehemanns musste die Ehefrau auch nicht wissen, dass die Hausratversicherung nicht mehr bestand. Vielmehr durfte sie jedenfalls angesichts der Rückkehr des Ehemanns in die gemeinsame Ehewohnung davon ausgehen, dass sich am Versicherungsschutz für den Hausrat in der Ehewohnung nichts geändert hatte bzw. dass eine – als "bedingungsgemäß" unterstellte – erneute Ummeldung gegenüber der Versicherung erfolgen und somit der Versicherungsschutz für den gemeinsamen Hausrat in der Ehewohnung P‑Straße wiederhergestellt würde. Dass der Ehemann parallel noch seine Wohnung in der H‑Straße behalten hat, wie er vorgetragen hat, ändert nichts daran, dass die Ehe bis Januar 2011 in der gemeinsamen Wohnung in der PStraße bzw. ab Mitte 2010 in der – C‑Straße "offiziell" fortgesetzt worden ist; eine Ummeldung zur H‑Straße hat der Ehemann gegenüber dem Einwohnermeldeamt erst zum 5.01.2011 vorgenommen. Bei der Wohnung in der HStraße handelte es sich also bis zu diesem Zeitpunkt – auch nach eigenem Vortrag nicht um seine offizielle Wohnanschrift. Spätestens im Zeitpunkt der Rückkehr in die Ehewohnung hätte der Ehemann also die Ehefrau darauf hinweisen müssen, dass er die Hausratversicherung auf die H‑Straße umgemeldet hatte und den Hausratversicherungsschutz für die P‑Straße auch nicht wiederherstellen wollte.
Eine Verletzung der den Ehemann gegenüber der Ehefrau treffenden Vermögensfürsorgepflicht nach § 1353 Abs. 1 S. 2 BGB liegt somit darin, dass er die Ehefrau nicht auf den durch ihn veranlassten Entzug des Versicherungsschutzes für den Hausrat in der Ehewohnung in der P‑Straße hingewiesen hat. Hierin würde im Übrigen auch eine Verletzung der sich aus einem Auftragsverhältnis ergebenden Hinweispflicht nach § 280 BGB liegen.
Diese Pflichtverletzung ist für den geltend gemachten Schaden kausal. Da aufgrund der vom Ehemann im Jahre 2006 vorgenommenen Ummeldung der Versicherung auf die H‑Straße kein Versicherungsschutz mehr für den Hausrat in der P‑Straße bestand, hat der Ehemann die Ursache dafür gesetzt, dass die Ehefrau für die Schäden aus dem Einbruchsdiebstahl vom 04.05.2008 keinen Ersatz durch die Hausratversicherung erlangen konnte. Das Oberlandesgericht geht somit vom Bestehen eines Kausalzusammenhangs zwischen dem gegen § 1353 Abs. 1 S. 2 BGB verstoßenden Handeln des Ehemanns und dem von der Ehefrau geltend gemachten Schaden aus. Entgegen der vom Amtsgericht vertretenen Auffassung hat das Oberlandesgericht auch keine Zweifel daran, dass die Ehefrau bei einer entsprechenden Information durch den Ehemann unverzüglich für Versicherungsschutz für den Hausrat in der Wohnung P‑Straße gesorgt hätte. Die Ehefrau hatte nach ihrem Vortrag erhebliche Wertgegenstände in der im Erdgeschoss gelegenen Ehewohnung gelagert. Es war bereits im Jahre 2006 zu einem Wohnungseinbruch gekommen, so dass davon ausgegangen werden muss, dass die Ehefrau ebenso wie fast alle Haushalte in Deutschland 8 eine Hausratversicherung abgeschlossen hätte. Dies hat sie auch im Jahre 2008 sofort in die Wege geleitet, nachdem sie mit der – angeblichen – Schadensregulierung durch die X‑Versicherung unzufrieden gewesen war. Dass die geschäftsgewandte Ehefrau im Jahre 2006 eine Hausratversicherung gewählt hätte, die den Wertersatz für ihre erheblichen Wertgegenstände nicht umfasste, ist ebenfalls nicht anzunehmen. Es muss vielmehr unterstellt werden, dass sie einen dem Versicherungsschutz durch die X‑Versicherung gleichwertigen Versicherungsvertrag abgeschlossen hätte.
Der somit dem Grunde nach bestehende Schadensersatzanspruch der Ehefrau gegen den Ehemann scheitert nicht an den vom Ehemann erhobenen Einwendungen. Die vom Ehemann gegen den Schadensersatzanspruch der Ehefrau vorgebrachte Einrede der Verjährung scheitert an § 207 Abs. 1 S. 1 BGB: Die Beteiligten sind noch nicht geschieden, so dass die Verjährungshemmung andauert.
Für die Einrede der Verwirkung gibt es ebenfalls keine Anhaltspunkte. Ein Recht kann verwirkt sein, wenn der Berechtigte es längere Zeit hindurch nicht geltend gemacht hat und der Verpflichtete sich darauf eingerichtet hat und dies auch durfte. Sie setzt also ein sog. Zeitmoment und ein sog. Umstandsmoment voraus 9. Worin im vorliegenden Fall diese Verwirkungsvoraussetzungen zu sehen sein sollen, ist aus dem Vortrag des Ehemanns – einschließlich der Ausführungen im Schriftsatz vom 04.09.2014 nicht ersichtlich. Unwidersprochen hat die Ehefrau von der Versicherungsummeldung erst im Jahre 2013 erfahren. Der Antrag auf Schadensersatz ist am 4.07.2013 beim Amtsgericht Bremen eingegangen. Von Verwirkung kann somit keine Rede sein. Weshalb die Ehefrau verpflichtet gewesen sein sollte, nach dem Jahre 2008 vom Ehemann ihr geschenkten Schmuck nur "unter Vorbehalt" anzunehmen und sich jetzt diese Geschenke als "Ersatzschenkungen" "gegenrechnen" lassen sollte, ist vor dem Hintergrund der Kenntniserlangung vom Handeln des Ehemanns im September 2006 erst im Jahre 2013 nicht verständlich. Im Übrigen hätte sie auch von der Hausratversicherung Ersatz für Schmuckstücke verlangen können, die ihr zuvor vom Ehemann oder anderen Personen geschenkt worden sind.
Ebenso wenig verfängt der Einwand eines fehlenden Rechtsschutzinteresses der Ehefrau an der Durchführung des vorliegenden Verfahrens wegen des noch nicht abgeschlossenen Zugewinnausgleichsverfahrens: Ein Schadensersatzverlangen ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil noch der Zugewinnausgleich durchzuführen ist 10. Es ist daher – entgegen der Ansicht des Ehemanns im vorliegenden Verfahren auch nicht zu klären, ob die Ehefrau einen Zugewinn erzielt hat oder nicht.
Entgegen der vom Ehemann vertretenen Auffassung muss sich die Ehefrau auf den noch konkret zu ermittelnden Schadensersatzanspruch nur 4.625 € anrechnen lassen. Zwar hat der Ehemann unstreitig bereits 9.250 € als Ersatz für die entfallene Entschädigung durch die X‑Versicherung auf ein gemeinsames Oder-Konto überwiesen. Dass sich die Ehefrau nur die Hälfte der 9.250 € auf den ihr entstandenen Schaden anrechnen lässt, ist aber angesichts der Tatsache, dass es sich um ein Gemeinschaftskonto handelte und den Ehegatten im Zweifel die auf diesem befindlichen Beträge jeweils zur Hälfte zustehen, angemessen. Hinzukommt, dass auch der Ehemann laut der von der Ehefrau als Anlage A 3 vorgelegten Liste der entwendeten Gegenstände einen Schaden erlitten hatte, für den er von der Versicherung hätte Ersatz verlangen können. Soweit der Ehemann vorträgt, die Ehefrau habe die kompletten 9.250 € für sich verbraucht, gibt es für diese bestrittene Behauptung keine näheren Darlegungen und ebenso wenig Beweisangebote. Die Ehefrau hat hingegen, durch Kontoauszüge belegt, vorgetragen, beide Beträge auf ein gemeinsames Konto, auf dem Rücklagen für Steuerzahlungen gebildet wurden, überwiesen zu haben. Diesem Vortrag ist der Ehemann nicht mehr entgegen getreten.
Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen, Beschluss vom 19. September 2014 – 4 UF 40/14
- vgl. BGH, FamRZ, 1988, 143; Wever, FamRZ 2012, 416, sowie ders. in: Vermögensauseinandersetzung der Ehegatten außerhalb des Güterrechts, 6. Aufl., 2014, Rn. 848[↩]
- Wever, a.a.O.; Palandt/Brudermüller, BGB, 73. Aufl., § 1353 Rn. 15 f.[↩]
- BGH, FamRZ 1988, 143[↩]
- OLG Hamm, NJW-RR 2011, 378; AG Euskirchen, FamRZ 1999, 380; LG Flensburg, FamRZ 2007, 146[↩]
- vgl. dazu auch LG Flensburg, a.a.O.; LG Freiburg, FamRZ 1991, 1447; Wever, FamRZ 2012, 416[↩]
- vgl. Hormuth in: Münchener Anwaltshandbuch, Familienrecht, 4. Auflage, 2014, § 31 Rn. 4[↩]
- vgl. Hormuth in: Münchener Anwaltshandbuch, a.a.O., § 31 Rn.20 ff.[↩]
- s. Hormuth, a.a.O., § 31 Rn.20[↩]
- vgl. Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 242 Rn. 87 ff.[↩]
- Wever, Vermögensauseinandersetzung, 6. Aufl., Rn. 824[↩]