Die fehlende Eignung des vorgeschlagenen Betreuers – und die Aufhebung der Betreuung

Zu den Voraussetzungen für die Aufhebung einer Betreuung bei fehlender Eignung eines von dem Betroffenen mit freiem Willen vorgeschlagenen Betreuers hat nun der Bundesgerichtshof Stellung bezogen:

Die fehlende Eignung des vorgeschlagenen Betreuers – und die Aufhebung der Betreuung

In dem hier entschiedenen Fall wandte sich der Betroffene gegen die Aufhebung seiner Betreuung.

Im Januar 2012 bestellte ihm das Amtsgericht Stralsund den Berufsbetreuer M. J. als Betreuer für die Aufgabenkreise Gesundheitssorge, Vermögenssorge, Wohnungsangelegenheiten, Geltendmachung von Ansprüchen jeder Art sowie allgemeine Vertretung gegenüber Behörden, Versicherungen und Gerichten. Mit Beschluss vom 01.07.2015 entließ das Amtsgericht den bisherigen Betreuer und bestellte eine neue Berufsbetreuerin.

Nachdem diese um ihre Entlassung gebeten hatte, weil es zwischen ihr und dem Betroffenen keinerlei persönlichen Kontakt gegeben habe und eine Basis für die Betreuung nicht habe aufgebaut werden können, hat das Amtsgericht die Betreuung aufgehoben1. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Betroffenen hat das Landgericht Stralsund zurückgewiesen2. Auf die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde des Betroffenen hob der Bundesgerichtshof nun die Beschwerdeentscheidung auf und verwies die Sache zurück an das Landgericht Stralsund:

Nach § 1908 d BGB ist eine Betreuung aufzuheben, wenn ihre Voraussetzungen weggefallen sind. Hierfür genügt es, wenn im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nur eine der Voraussetzungen für die Bestellung eines Betreuers nicht mehr vorliegt. Da nach § 1896 Abs. 1 a BGB gegen den freien Willen eines Volljährigen ein Betreuer nicht bestellt werden darf, ist deshalb eine bestehende Betreuung aufzuheben, wenn sich der Betroffene mit freiem Willen gegen die Betreuung entscheidet3. Nichts Anderes kann gelten, wenn ein Betroffener, der in der Lage ist, seinen Willen frei zu bestimmen, zwar grundsätzlich mit der Fortführung einer für ihn eingerichteten Betreuung einverstanden ist, dies aber mit der Bedingung verknüpft, dass eine Person zum Betreuer bestellt wird, die aus Sicht des Betreuungsgerichts für die Übernahme des Betreueramtes ungeeignet ist. Auch in diesem Fall widerspräche die Fortführung der Betreuung mit einem anderen als dem gewünschten Betreuer dem freien Willen des Betroffenen (§ 1896 Abs. 1 a BGB). Beruht die Entscheidung des Betroffenen gegen die Bestellung eines anderen als dem von ihm gewünschten Betreuer auf einer freien Willensbildung, muss diese Entscheidung auch dann respektiert werden, wenn die Fortführung der bestehenden Betreuung für den Betroffenen objektiv vorteilhaft wäre4. Deshalb ist in diesem Fall auch bei bestehender Betreuungsbedürftigkeit des Betroffenen und fortbestehendem Betreuungsbedarf die Betreuung gemäß § 1908 d Abs. 1 BGB aufzuheben.

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Auch gemessen hieran ist die Annahme des Beschwerdegerichts, dass im vorliegenden Fall die Betreuung aufzuheben sei, weil der Betroffene nur den Berufsbetreuer M. J. als Betreuer akzeptiere und dieser wegen seiner mangelnden Eignung nicht zum Betreuer bestellt werden könne, nicht frei von Rechtsfehlern.

Zwar hat das Beschwerdegericht festgestellt, dass der Betroffene zu einer freien Willensbildung in der Lage ist und eine Betreuung durch eine andere Person als dem von ihm gewünschten Berufsbetreuer strikt ablehnt, so dass die Bestellung eines anderen Betreuers zu einer gemäß § 1896 Abs. 1 a BGB unzulässigen Zwangsbetreuung führen würde.

Es hat jedoch keine tragfähigen Feststellungen dazu getroffen, weshalb der vom Betroffenen gewünschte Betreuer nicht bestellt werden kann.

Wird der bisherige Betreuer gemäß § 1908 b Abs. 2 BGB auf seinen Wunsch entlassen, hat die Auswahl des nach § 1908 c BGB zu bestellenden neuen Betreuers gemäß § 1897 BGB zu erfolgen5. Eine von dem volljährigen Betreuten als Betreuer vorgeschlagene Person kann deshalb nur dann abgelehnt werden, wenn deren Bestellung dem Wohl des Volljährigen zuwiderlaufen würde, § 1897 Abs. 4 Satz 1 BGB. Ob diese Voraussetzung im vorliegenden Fall erfüllt ist, lässt sich den Gründen der angegriffenen Entscheidung nicht in ausreichendem Maß entnehmen. Das Beschwerdegericht hält den vom Betroffenen vorgeschlagenen Betreuer zwar zur Übernahme der Betreuung für ungeeignet. Zur Begründung verweist es indes nur auf zwei in anderen Verfahren ergangene Entscheidungen, in denen die Ungeeignetheit des Berufsbetreuers M. J. vom Beschwerdegericht wiederholt festgestellt worden sei, ohne die maßgeblichen Gründe hierfür näher auszuführen. Auch die weitere Begründung, wonach der Berufsbetreuer M. J. im Umgang mit dem Gericht und anderen Einrichtungen teilweise erhebliche Defizite gezeigt hatte, lässt nicht erkennen, weshalb der vom Betroffenen gewünschte Betreuer zur Übernahme der Betreuung, möglicherweise auch nur in Teilbereichen, ungeeignet ist.

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Betreuung - und der Einwilligungsvorbehalt

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 7. Dezember 2016 – XII ZB 346/16

  1. AG Stralsund, Beschluss vom 29.01.2016 – 19 XVII 117/12[]
  2. LG Stralsund, Beschluss vom 09.03.2016 – 8 T 45/16[]
  3. MünchKomm-BGB/Schwab 6. Aufl. § 1908 d Rn. 3[]
  4. vgl. BGH, Beschluss vom 22.01.2014 XII ZB 632/12 FamRZ 2014, 647 Rn. 10 mwN[]
  5. BayObLG FamRZ 2001, 252[]