Die Pflicht des Vaters zum Umgang mit seinem Kind

Für einen getrennt lebenden Kindesvater besteht zum Wohl des Kindes die Pflicht zum Umgang mit dem Kind.

Die Pflicht des Vaters zum Umgang mit seinem Kind

So hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main in dem hier vorliegenden Fall eines Vaters von drei Söhnen entschieden und damit die Regelung des Amtsgerichts, nach der der Kindesvater das Recht und die Pflicht habe, die drei Söhne an einem Sonntag im Monat tagsüber sowie in näher bezeichneten Ferienzeiten zu sich zu nehmen.

Die Kindeseltern leben getrennt, sind aber noch nicht geschieden. Das Sorgerecht steht den Eltern gemeinsam zu. Nach Auszug des Kindesvaters aus der gemeinsamen Wohnung Anfang 2017 fanden nur noch sporadische Umgangskontakte statt. Die Kindesmutter leitete im Herbst 2019 ein Umgangsverfahren ein, da die Kinder den Vater vermissen würden und sich einen regelmäßigen Umgang wünschten. Der Vater verwies darauf, beruflich und privat unter enormen Druck zu stehen. Er habe ein neugeborenes Kind, arbeite bis zu 120 Stunden wöchentlich und schlafe lediglich 3-4 Stunden. Ihm sei derzeit ein Umgang nicht möglich.

Durch das Amtsgericht wurde der Umgang so geregelt, dass der Kindesvater das Recht und die Pflicht habe, die drei Söhne an einem Sonntag im Monat tagsüber sowie in näher bezeichneten Ferienzeiten zu sich zu nehmen. Mit dieser Entscheidung war der Kindesvater nicht einverstanden und hat sich mit der Beschwerde dagegen gewehrt.

Weiterlesen:
Das Kindeswohl im Vollstreckungsverfahren

In seiner Entscheidung hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main deutlich erklärt, dass der Kindesvater zum Umgang mit seinen drei Söhnen gesetzlich verpflichtet sei (§ 1684 Abs. 1 BGB). Diese Umgangspflicht konkretisiere die den Eltern grundrechtlich zugewiesene Verantwortung für ihr Kind. Gemäß Art. 6 Abs. 2 S.1 GG sei die den Eltern zuvörderst obliegenden Pflicht die Pflege und Erziehung ihres Kindes. Diese Pflicht bestehe nicht allein gegenüber dem Staat, sondern auch unmittelbar gegenüber dem Kind.

So finde das Elternrecht dem Kind gegenüber seine Rechtfertigung darin, dass das Kind des Schutzes und der Hilfe bedürfe, um zu einer eigenverantwortlichen Persönlichkeit heranzuwachsen. Dieses Recht sei deshalb untrennbar mit der Pflicht der Eltern verbunden, dem Kind diesen Schutz und diese Hilfe zu seinem Wohl angedeihen zu lassen. Dabei beziehe sich die Pflicht nicht lediglich auf das Kind, sondern besteht auch gegenüber dem Kind. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main sei das Kind nicht Gegenstand elterlicher Rechtsausübung, sondern es sei Rechtssubjekt und Grundrechtsträger, dem die Eltern schulden, ihr Handeln an seinem Wohl auszurichten. Mit der Verpflichtung der Eltern gegenüber dem Kind, es zu pflegen und zu erziehen, korrespondiere das Recht des Kindes auf Pflege und Erziehung durch seine Eltern.

Weiter sei das grundgesetzlich geschützte Erziehungsrecht der Eltern im Interesse des Kindes und auf dessen Wohl auszurichten. Denn dem Wohl des Kindes komme es grundsätzlich zugute, wenn es durch Umgang mit seinen Eltern die Möglichkeit erhalte, sein Vater und seine Mutter kennenzulernen, mit ihnen vertraut zu werden oder eine persönliche Beziehung zu ihnen mithilfe des Umgangs fortsetzen zu können.

Weiterlesen:
Kündigung einer Vollkaskoversicherung - und die Schlüsselgewalt des Ehegatten

Darüber hinaus stelle die Verweigerung jeglichen Umgangs mit dem Kind und damit die Loslösung von einer persönlichen Bindung einen maßgeblichen Entzug elterlicher Verantwortung und zugleich die Vernachlässigung eines wesentlichen Teils der Erziehungspflicht dar. Mit dem Verweis auf wissenschaftliche Erkenntnisse sieht das Oberlandesgericht Frankfurt am Main im Umgang eine herausragende Bedeutung für die kindliche Entwicklung.

In dem hier vorliegenden Fall diene der Umgang des Kindesvaters mit seinen drei Kindern auch deren Wohl. Die Kinder wünschten sich den Kontakt, der ihnen fehle. Den vom Kindesvater vorgetragenen enormen derzeitigen Belastungen werde durch die eingeschränkte Umgangsverpflichtung Rechnung getragen. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main sollten die vorgetragenen Belange des Kindesvaters ihn eher zu einer Umstrukturierung seiner Prioritäten veranlassen, statt seiner verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Umgangspflicht mit seinen drei älteren Kindern weiter nicht nachzukommen.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 11. November 2020 – 3 UF 156/20

 

Bildnachweis: