Die verletzten (Verfahrens-)Rechte – und die erledigte Unterbringung

Die Feststellung, dass ein Betroffener durch die angefochtene Entscheidung in seinen Rechten verletzt ist, kann grundsätzlich auch auf einer Verletzung des Verfahrensrechts beruhen.

Die verletzten (Verfahrens-)Rechte – und die erledigte Unterbringung

Dabei ist die Feststellung nach § 62 FamFG jedenfalls dann gerechtfertigt, wenn der Verfahrensfehler so gravierend ist, dass die Entscheidung den Makel einer rechtswidrigen Freiheitsentziehung hat, der durch Nachholung der Maßnahme rückwirkend nicht mehr zu tilgen ist.

Das Unterbleiben einer verfahrensordnungsgemäßen persönlichen Anhörung des Betroffenen stellt einen Verfahrensmangel dar, der derart schwer wiegt, dass der genehmigten Unterbringungsmaßnahme insgesamt ein solcher Makel einer rechtswidrigen Freiheitsentziehung anhaftet. Die durch § 319 Abs. 1 Satz 1 FamFG angeordnete persönliche Anhörung in Anwesenheit des Verfahrenspflegers gehört zu den bedeutsamen Verfahrensgarantien, deren Verletzung die Feststellung nach § 62 FamFG rechtfertigt1.

Das nach § 62 Abs. 1 FamFG erforderliche berechtigte Interesse des Betroffenen daran, die Rechtswidrigkeit der hier durch Zeitablauf erledigten Unterbringungsmaßnahme feststellen zu lassen, liegt vor. Die gerichtliche Anordnung oder Genehmigung einer freiheitsentziehenden Maßnahme bedeutet stets einen schwerwiegenden Grundrechtseingriff im Sinne des § 62 Abs. 2 Nr. 1 FamFG2.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 1. Februar 2023 – XII ZB 166/21

  1. vgl. BGH, Beschluss vom 14.09.2022 XII ZB 554/21 FamRZ 2022, 1873 Rn. 9 ff. mwN[]
  2. st. Rspr. des Bundesgerichtshofs, vgl. BGH, Beschluss vom 14.09.2022 XII ZB 554/21 FamRZ 2022, 1873 Rn. 12 mwN[]
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