Die verworfene Beschwerde im vereinfachten Unterhaltsverfahren

Gegen eine Entscheidung, mit der in einem vereinfachten Unterhaltsverfahren eine Beschwerde verworfen wird, ist die Rechtsbeschwerde zulassungsfrei statthaft.

Die verworfene Beschwerde im vereinfachten Unterhaltsverfahren

Die Rechtsbeschwerde ist in einem solchen Fall gemäß §§ 112 Nr. 1, 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG, §§ 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auch ohne Zulassung statthaft.

Die Vorschrift des § 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG, die mit dem darin enthaltenen Verweis auf § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO bei der Verwerfung einer Beschwerde eine zulassungsfrei statthafte Rechtsbeschwerde anordnet1, kommt auch in einem vereinfachten Unterhaltsverfahren nach den §§ 249 ff. FamFG – wie dem vorliegenden – zur Anwendung2. Denn § 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG gilt nach seinem Wortlaut für alle Ehe- und Familienstreitsachen3. Bei dem vereinfachten Unterhaltsverfahren nach den §§ 249 ff. FamFG handelt es sich gemäß § 231 Abs. 1 Nr. 1 FamFG um eine Unterhaltssache und damit gemäß § 112 Nr. 1 FamFG um eine Familienstreitsache. § 257 FamFG, der besondere Verfahrensvorschriften für das vereinfachte Unterhaltsverfahren vorsieht, enthält keine den § 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG modifizierenden Regelungen.

Teleologische oder sich aus der Gesetzgebungsgeschichte ergebende Gründe4 dafür, dass es in einem vereinfachten Unterhaltsverfahren abweichend von § 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG im Fall der Verwerfung einer Beschwerde der Zulassung der Rechtsbeschwerde bedarf, liegen nicht vor. Mit dem in dieser Vorschrift enthaltenen Verweis auf § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO wollte der Gesetzgeber einen Gleichklang mit der Berufung erreichen. Ebenso wie die Verwerfung der Berufung sollte damit auch die entsprechende Entscheidung des Beschwerdegerichts in Ehe- und Familienstreitsachen mit der Rechtsbeschwerde angefochten werden können, ohne dass diese zugelassen sein muss5. Der Grund dafür, dass bei einer Verwerfung der Berufung (in Ehe- und Familienstreitsachen im Sinne des § 117 Abs. 1 FamFG der Beschwerde) als unzulässig die zulassungsfreie Rechtsbeschwerde (§§ 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO) eröffnet ist, ist dabei im Wesentlichen darin zu sehen, dass eine das Rechtsmittel als unzulässig verwerfende Entscheidung der revisions- bzw. rechtsbeschwerdegerichtlichen Nachprüfung stets zugänglich sein soll, damit sich das Berufungs- bzw. Beschwerdegericht nicht unberechtigt einer Sachentscheidung über das Rechtsmittel entziehen kann. Zudem soll damit der Bundesgerichtshof als Revisions- und Rechtsbeschwerdegericht die Möglichkeit erhalten, Einfluss auf die Anwendung und Auslegung der formalen Zulässigkeitsvoraussetzungen für die Berufung oder Beschwerde zu nehmen6. Diese Erwägungen gelten auch für das vereinfachte Unterhaltsverfahren.

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Bundesgerichtshof, Beschluss vom 12. Oktober 2022 – XII ZB 450/21

  1. BGH, Beschluss vom 20.06.2018 XII ZB 285/17 , FamRZ 2018, 1347 Rn. 14[]
  2. vgl. OLG Dresden FamRZ 2017, 1244; OLG Frankfurt Rpfleger 2018, 84; OLG Frankfurt FamRZ 2018, 115; OLG Brandenburg FamRZ 2017, 230; OLG Jena FamRZ 2015, 1513; OLG Saarbrücken Beschluss vom 29.10.2020 6 WF 140/20 3; Zöller/Lorenz ZPO 34. Aufl. § 256 FamFG Rn. 7; BeckOK FamFG/Weber [Stand: 1.04.2022] § 117 Rn. 1; Bahrenfuss/Blank FamFG 3. Aufl. § 117 Rn. 2; Prütting/Helms/Bömelburg FamFG 5. Aufl. § 256 Rn. 34; Langheim in Dutta/Jacoby/Schwab FamFG 4. Aufl. § 256 Rn.19; aA OLG Brandenburg FamRZ 2014, 681; MünchKomm-FamFG/Macco 3. Aufl. § 256 Rn. 10; Wendl/Dose/Schmitz Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 10. Aufl. § 10 Rn. 685; wohl auch OLG Saarbrücken FamRZ 2011, 49[]
  3. vgl. BGH, Beschluss vom 27.11.2013 XII ZB 464/13 – NZFam 2014, 141 Rn. 4[]
  4. vgl. dazu BT-Drs. 16/6308 S. 372, 412[]
  5. BGH, Beschluss vom 09.12.2015 XII ZB 614/14 , FamRZ 2016, 452 Rn. 8[]
  6. BGH, Beschluss vom 23.06.2021 XII ZB 588/20 , FamRZ 2021, 1729 Rn. 16[]

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