Ehebedingte Nachteile – und die geringeren Rentenanwartschaften

Ehebedingte Nachteile im Sinne des § 1578 b Abs. 1 Satz 2 BGB können nicht mit den durch die Unterbrechung der Erwerbstätigkeit während der Ehe verursachten geringeren Rentenanwartschaften begründet werden, wenn für diese Zeit ein Versorgungsausgleich stattgefunden hat. Nachteile in der Versorgungsbilanz sind dann in gleichem Umfang von beiden Ehegatten zu tragen und somit vollständig ausgeglichen1.

Ehebedingte Nachteile – und die geringeren Rentenanwartschaften

Ein ehebedingter Nachteil, der darin besteht, dass der unterhaltsberechtigte Ehegatte auch nachehelich geringere Versorgungsanrechte erwirbt, als dies bei hinweggedachter Ehe der Fall wäre, ist grundsätzlich als ausgeglichen anzusehen, wenn er für diese Zeit Altersvorsorgeunterhalt zugesprochen erhält oder jedenfalls erlangen kann2.

Ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt ist nach § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Nach § 1578 b Abs. 2 Satz 1 BGB ist ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig wäre. Die Kriterien für die Billigkeitsabwägung ergeben sich aus § 1578 b Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB. Danach ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen, oder eine Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe unbillig wäre. Nachteile i.S.d. Satzes 2 können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes sowie aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe ergeben, § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB3.

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Der Maßstab des angemessenen Lebensbedarfs, der nach § 1578 b Abs. 1 BGB die Grenze für die Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts bildet, bemisst sich dabei nach dem Einkommen, das der unterhaltsberechtigte Ehegatte ohne die Ehe und Kindererziehung aus eigenen Einkünften zur Verfügung hätte. Erzielt der Unterhaltsberechtigte nach einer ehebedingten Einschränkung seiner Erwerbstätigkeit lediglich Einkünfte, die den eigenen angemessenen Unterhaltsbedarf nach § 1578 b BGB nicht erreichen, scheidet eine Befristung des Unterhaltsanspruchs regelmäßig aus. Auch dann kann der Unterhalt nach einer Übergangszeit aber bis auf den ehebedingten Nachteil herabgesetzt werden, der sich aus der Differenz zwischen angemessenem Unterhaltsbedarf und dem erzielten oder erzielbaren eigenen Einkommen ergibt, was freilich voraussetzt, dass der Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen den eigenen angemessenen Lebensbedarf übersteigt. Um den ehebedingten Nachteil der Höhe nach bemessen zu können, muss der Tatrichter Feststellungen zum angemessenen Lebensbedarf des Unterhaltsberechtigten im Sinne des § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB und zum Einkommen treffen, das der Unterhaltsberechtigte tatsächlich erzielt bzw. gemäß §§ 1574, 1577 BGB erzielen könnte. Die Differenz aus den beiden Positionen ergibt den ehebedingten Nachteil4.

Der Ausgleich unterschiedlicher Vorsorgebeiträge ist vornehmlich Aufgabe des Versorgungsausgleichs, durch den die Interessen des Unterhaltsberechtigten regelmäßig ausreichend gewahrt werden. Ehebedingte Nachteile im Sinne des § 1578 b Abs. 1 Satz 2 BGB können also nicht mit den durch die Unterbrechung der Erwerbstätigkeit während der Ehe verursachten geringeren Rentenanwartschaften begründet werden, wenn für diese Zeit ein Versorgungsausgleich stattgefunden hat. Nachteile in der Versorgungsbilanz sind dann in gleichem Umfang von beiden Ehegatten zu tragen und somit vollständig ausgeglichen5. Ein ehebedingter Nachteil, der darin besteht, dass der unterhaltsberechtigte Ehegatte auch nachehelich geringere Versorgungsanrechte erwirbt, als dies bei hinweggedachter Ehe der Fall wäre, ist grundsätzlich als ausgeglichen anzusehen, wenn er für diese Zeit Altersvorsorgeunterhalt zugesprochen erhält oder jedenfalls erlangen kann6.

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Freilich ist zu beachten, dass für die Entstehung eines ehebedingten Nachteils i.S.d. § 1578 b BGB auch der nach der – für den Zugewinnausgleich maßgeblichen – Zustellung des Scheidungsantrags liegende Zeitraum entscheidend sein kann, namentlich wenn es darum geht, dass die Ehefrau wegen ihres ehebedingt reduzierten Einkommens ab Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags keine bzw. nur noch geringere Rentenanwartschaften bilden kann7.

Der Unterhalt des unterhaltsberechtigten Ehegaten kann gemäß § 1578 b Abs. 1 BGB auf den angemessenen Lebensbedarf herabgesetzt werden. Dieser Maßstab bildet regelmäßig die Grenze für die Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts und bemisst sich nach dem Einkommen, das der unterhaltsberechtigte Ehegatte ohne Ehe und Kindererziehung aus eigenen Einkünften zur Verfügung hätte4.

Dabei sind für die Bemessung des angemessenen Lebensbedarfs und den damit möglicherweise einhergehenden ehebedingten Nachteilen die wirtschaftlichen Verhältnisse des unterhaltspflichtigen Ehemanns ohne Belang. Ist festgestellt, dass es an einem ehebedingten Nachteil fehlt, kommt es auch nicht mehr darauf an, ob die unterhaltsberechtigte Ehefrau aus dem Zugewinnausgleich einen weiteren Vermögenszufluss erlangen wird.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 4. Juli 2018 – XII ZB 122/17

  1. im Anschluss an BGH, Urteil vom 07.03.2012 – XII ZR 179/09 , FamRZ 2012, 772[]
  2. im Anschluss an BGH, Beschluss vom 14.05.2014 – XII ZB 301/12 , FamRZ 2014, 1276[]
  3. BGH, Beschluss vom 26.03.2014 XII ZB 214/13 FamRZ 2014, 1007 Rn. 17 mwN[]
  4. BGH, Beschluss vom 26.03.2014 XII ZB 214/13 FamRZ 2014, 1007 Rn. 18 mwN[][]
  5. BGH, Urteil vom 07.03.2012 – XII ZR 179/09 , FamRZ 2012, 772 Rn. 24 mwN[]
  6. BGH, Beschluss vom 14.05.2014 XII ZB 301/12 FamRZ 2014, 1276 Rn. 46 f.[]
  7. vgl. Palandt/Brudermüller BGB 77. Aufl. § 1578 Rn. 63, 65[]
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