Das Umgangsbestimmungsrecht ist selbstständiger Teil der Personensorge, der im Fall der Kindeswohlgefährdung gesondert entzogen werden kann. Bei einem Konflikt unter den Eltern sind eine gerichtliche Umgangsregelung und die Bestimmung eines Umgangspflegers als mildere Mittel stets vorrangig.

Ob die Befugnis zur Umgangsbestimmung Bestandteil der elterlichen Sorge ist und ob dieser gegenüber der Umgangsregelung und der Bestimmung eines Umgangspflegers nach § 1684 Abs. 3 BGB ein eigenständiger Anwendungsbereich zukommt, ist umstritten.
In der instanzgerichtlichen Rechtsprechung und in der Literatur wird zum Teil die Auffassung vertreten, auf der Grundlage von § 1666 BGB könne eine Entziehung des Rechts zur Regelung des Umgangs des Kindes mit seinen Eltern schon deshalb nicht angeordnet werden, weil die elterliche Sorge eine entsprechende Befugnis nicht umfasse. Zwar komme es durchaus zu Überschneidungen von Sorgerecht und Umgangsrecht. Das Sorgerecht ermächtige dessen Inhaber aber nicht, den Umgang mit dem nicht betreuenden Elternteil näher zu bestimmen, auszugestalten oder gar zu verweigern1.
Zum Teil wird angenommen, für die Anordnung einer Umgangsbestimmungspflegschaft gemäß §§ 1666, 1909 BGB bestehe nach Einführung der Umgangspflegschaft gemäß § 1684 Abs. 3 BGB kein Raum mehr. Eine Entziehung dieses Teils des Sorgerechts sei nie erforderlich, weil die Regelung des Umgangs dem Familiengericht selbst obliege und von diesem vollständig zu treffen sei2. Zum Teil wird das Umgangsbestimmungsrecht dabei als Teil des Aufenthaltsbestimmungsrechts angesehen3.
Dagegen wird das Umgangsbestimmungsrecht von Teilen der Rechtsprechung und Literatur übereinstimmend mit dem Oberlandesgericht als Teil der Personensorge eingestuft, der von der Umgangspflegschaft zu trennen sei und in bestimmten Fällen gesondert nach §§ 1666, 1666 a BGB entzogen werden könne4.
Nach zutreffender Auffassung ist die Befugnis, über den Umgang eines minderjährigen Kindes zu bestimmen, Teil der elterlichen (Personen)Sorge nach § 1626 Abs. 1 BGB. Als Träger der elterlichen Sorge bestimmen die Eltern darüber, mit wem das Kind Umgang haben kann und soll. Die Befugnis zur Umgangsbestimmung ist unabhängig vom Aufenthaltsbestimmungsrecht. Die Eltern können also insbesondere auch bestimmen, mit wem das Kind zu Hause oder in einer von ihm besuchten Schule oder sonstigen Einrichtung Kontakt hat, ohne dass sie damit zugleich eine Bestimmung über den Aufenthalt des Kindes treffen. Dass die elterliche Sorge die Befugnis zur Umgangsbestimmung enthält, wird zudem an der Regelung in § 1632 Abs. 2 BGB deutlich. Danach umfasst die Personensorge das Recht, den Umgang des Kindes auch mit Wirkung für und gegen Dritte zu bestimmen5.
Auch die Bestimmung des Umgangs mit den Eltern fällt unter die Personensorge. Steht die Personensorge den Eltern zu, so treffen sie die Umgangsbestimmung gemeinsam6. Im Fall, dass die Eltern sich nicht einigen können, kann bei Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung nach § 1628 BGB die Entscheidung vom Familiengericht auf Antrag einem Elternteil übertragen werden. Steht die elterliche Sorge einem Elternteil allein zu, ist dieser auch befugt, den Umgang des Kindes mit dem anderen Elternteil zu regeln. Der andere Elternteil hat nach § 1684 Abs. 1 BGB ein vom Sorgerecht unabhängiges Umgangsrecht, das insbesondere im Fall einer entsprechenden gerichtlichen Umgangsregelung das Sorgerecht des anderen Elternteils entsprechend einschränkt7.
Die Befugnis zur Umgangsbestimmung kann als Teil der Personensorge nach §§ 1666, 1666 a BGB den Eltern entzogen werden. Ob eine solche Maßnahme angezeigt ist, ist anhand der strengen Eingriffsvoraussetzungen der Sorgerechtsentziehung zu beurteilen. Dabei sind insbesondere die Geeignetheit und die Erforderlichkeit der Maßnahme zu beachten. So wird als milderes Mittel je nach den Umständen des Falles eine von Amts wegen zu treffende Umgangsregelung nach § 1684 BGB zu erwägen sein, die gegenüber der Entziehung des Umgangsbestimmungsrechts vorrangig ist. Ebenfalls ist ein Umgangsausschluss möglich, der dann allerdings unter der Voraussetzung der Kindeswohlgefährdung steht, anders als Maßnahmen nach §§ 1666, 1666 a BGB aber nur befristet möglich ist (§ 1684 Abs. 4 Satz 1 und 2 BGB). Auch die Einrichtung einer Umgangspflegschaft nach § 1684 Abs. 3 BGB ist als gegenüber der Entziehung des Umgangsbestimmungsrechts milderes Mittel vorrangig zu erwägen8. Das Gericht muss dabei eine konkrete und vollständige Regelung treffen und darf diese nicht dem Umgangspfleger als Drittem übertragen9. Dagegen wird mit der vollständigen Entziehung der elterlichen Sorge zugleich das Umgangsbestimmungsrecht entzogen und steht sodann dem bestellten Vormund zu10. Dieser regelt mithin auch den Umgang des Kindes mit den Eltern. Wäre hingegen das Umgangsbestimmungsrecht schon nicht Bestandteil der elterlichen Sorge, so würde sich daraus die sachwidrige Folge ergeben, dass in diesen Fällen der Umgang stets gerichtlich geregelt werden müsste.
Das Umgangsbestimmungsrecht ist mithin ein vom Aufenthaltsbestimmungsrecht verschiedener Bestandteil der Personensorge und kann folglich gemäß § 1666 BGB gesondert entzogen werden. Die Entziehung dieser Befugnis bedarf indessen einer strengen Prüfung der Eignung und Erforderlichkeit und wird in Fällen des Elternkonflikts in der Regel durch vorrangig nach § 1684 BGB von Amts wegen zu treffende Anordnungen als speziellere und zugleich weniger eingreifende Maßnahmen ausgeschlossen.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 6. Juli 2016 – XII ZB 47/15
- OLG Karlsruhe FamRZ 2014, 1378; Jokisch FuR 2016, 145, 148; vgl. Staudinger/Rauscher BGB [2014] § 1684 Rn. 110 ff.[↩]
- OLG München FamRZ 2011, 823, 824; OLG Stuttgart FamRZ 2014, 1794, 1795[↩]
- OLG Stuttgart FamRZ 2014, 1794, 1795 mwN[↩]
- OLG Frankfurt FamRZ 2016, 246, 247 mwN; OLG Frankfurt FamRZ 2016, 68; Heilmann FamRZ 2014, 1753 mwN[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 29.09.2010 XII ZB 161/09 FamRZ 2010, 1975 Rn. 9[↩]
- BeckOK BGB/Veit [Stand: 1.05.2016] § 1632 Rn. 26; Staudinger/Salgo BGB [2015] § 1632 Rn.20[↩]
- BeckOK BGB/Veit [Stand: 1.05.2016] § 1632 Rn. 32; a.A. Staudinger/Rauscher BGB [2014] § 1684 Rn. 117[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 26.10.2011 XII ZB 247/11 FamRZ 2012, 99 Rn. 28; OLG Hamm FamRZ 2010, 1926[↩]
- vgl. BVerfG FamRZ 2009, 1472 Rn. 34 mwN[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 19.02.2014 XII ZB 165/13 FamRZ 2014, 732 Rn. 23 ff.[↩]