Die Erklärung, mit der der sorgeberechtigte Elternteil nach § 1617 a Abs. 2 BGB dem Kind den Namen des anderen Elternteils erteilt, ist eine amtsempfangsbedürftige Willenserklärung. Sie wird erst mit Zugang beim zuständigen deutschen Standesamt wirksam. Der Zugang bei einem ausländischen Standesamt genügt nicht.

In dem hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall sind die nicht miteinander verheirateten Eltern des in Palma de Mallorca geborenen Kindes beide deutsche Staatsangehörige. Nach der Geburt des Kindes unterzeichneten sie gemeinsam einen Geburtseintrag des spanischen Zivilregisters von Sóller, in dem für das Kind als Familienname „J.“, der Familienname des Vaters, angegeben war. Das Zivilregister stellte daraufhin für das Kind eine Geburtsbescheinigung und ein Familienbuch aus, in denen jeweils der Familienname „J.“ angegeben ist. Einen Monat später beantragte die Mutter beim Standesamt – I in Berlin die Nachbeurkundung der Geburt. Dabei gab sie als Geburtsnamen des Kindes ihren Familiennamen „B.“ an. Die im Formular vorgesehene Möglichkeit zu erklären, dass dem Kind der Name des anderen Elternteils erteilt werden soll, nutzte sie nicht. Das Standesamt – I in Berlin beurkundete die Geburt und trug als Geburtsnamen des Kindes „B.“ ein. Zu Recht, wie jetzt der Bundesgerichtshof auf die Rechtsbeschwerde des Vaters befand:
Dabei konnte es der Bundesgerichtshof dahinstehen, ob die Unterzeichnung der Anmeldung der (auf Mallorca erfolgten) Geburt zum spanischen Personenstandsregister als entsprechende namensrechtliche Erklärung ausgelegt werden kann und ob die Erklärung formgerecht ist. Selbst wenn eine formgerechte Erklärung der Mutter, dem Kind den Namen des Vaters zu erteilen, unterstellt würde, wäre die Erklärung gemäß § 130 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht wirksam geworden. Denn dem empfangszuständigen Standesamt – I in Berlin ist zumindest zeitgleich mit der Erklärung ein Widerruf zugegangen.
Gemäß § 1617 a Abs. 2 Satz 1 BGB aF konnte der sorgeberechtigte Elternteil dem Kind durch Erklärung gegenüber dem Standesbeamten den Namen des anderen Elternteils erteilen. Diese Erklärung ist eine amtsempfangsbedürftige Willenserklärung, die erst mit Zugang beim zuständigen Standesamt wirksam wird1.
Zuständiges Standesamt für die Entgegennahme der Erklärung war zu den hier maßgeblichen Zeitpunkten im Oktober und November 2006 gemäß § 31 a Abs. 2 PStG i.d.F. vom 09.04.2002 das Standesamt – I in Berlin.
Ob der Zugang der Erklärung beim zuständigen deutschen Standesamt durch den Zugang der Erklärung bei einem ausländischen Standesamt ersetzt werden kann, ist allerdings streitig.
Eine Meinung spricht sich dafür aus, dass die Erklärung dem zuständigen deutschen Standesamt zugehen muss2.
Nach anderer Auffassung genügt es, wenn die Erklärung gegenüber einer ausländischen Amtsperson ergeht, die funktionsgleiche Aufgaben erfüllt3.
Die erstgenannte Auffassung ist jedenfalls im Fall der Namens- bestimmung nach § 1617 a Abs. 2 Satz 1 BGB zutreffend. Es handelt sich weder um eine Formfrage, die eine Substitution im Rahmen des Art. 11 Abs. 1 EGBGB eröffnen könnte, noch liegen im Übrigen die Voraussetzungen für eine Substitution vor.
Die Formerfordernisse für ein im Ausland abgeschlossenes Rechtsgeschäft richten sich nach der Kollisionsnorm des Art. 11 Abs. 1 EGBGB. Nach dieser Vorschrift ist ein im Ausland abgeschlossenes Rechtsgeschäft formgültig, wenn es die Formerfordernisse des Rechts, das auf das seinen Gegenstand bildende Rechtsverhältnis anzuwenden ist (Geschäftsrechtsform), oder des Rechts des Staates erfüllt, in dem es vorgenommen wird (Ortsrechtsform). Damit stellt Art. 11 Abs. 1 EGBGB zur Erleichterung des internationalen Rechtsverkehrs die Formvorschriften des Ortsrechts gleichwertig neben die nach dem inhaltlich maßgebenden Geschäftsrecht4. Ob eine vom Geschäftsrecht vorgesehene Form im Wege der Substitution durch eine Beurkundung außerhalb seines räumlichen Geltungsbereichs im Ausland erfüllt werden kann, hängt vom Sinn und Zweck der betreffenden Formvorschrift ab5.
Diese Grundsätze greifen hier nicht. Denn das Erfordernis des Zugangs der empfangsbedürftigen Willenserklärung i.S.d. § 1617 a Abs. 2 Satz 1 BGB ist eine materiellrechtliche Wirksamkeitsvoraussetzung und kein Bestandteil der Form der Willenserklärung6, also unabhängig hiervon zu beurteilen.
Ebenso wenig kommt eine Substitution bezogen auf die Ersetzung der Wirksamkeitsvoraussetzung des Zugangs der Willenserklärung beim zuständigen deutschen Standesamt in Betracht.
Bei der Substitution ist zu prüfen, ob ein Auslandssachverhalt einem Tatbestandsmerkmal der anzuwendenden Kollisions- oder Sachnorm gleichzustellen ist7. Die Substitution setzt voraus, dass die anzuwendende Norm ihrem Sinn und Zweck nach überhaupt zulässt, eine ausländische Rechtsfigur unter ihren Tatbestand zu subsumieren8 und dass der Vorgang im Ausland mit dem Tatbestandsmerkmal der Norm gleichwertig ist9.
§ 31 a Abs. 2 PStG aF (heute: § 45 Abs. 2 PStG) steht seinem Sinn und Zweck nach einer Auslegung, dass die Namenserklärung auch mit Zugang bei einem ausländischen Standesamt wirksam wird, entgegen. Die Regelung ergänzt das materielle Recht des Kindesnamens, indem sie die Zuständigkeit für die Entgegennahme der form- und amtsempfangsbedürftigen Erklärungen regelt. Während in den §§ 1617 ff. BGB nur die funktionale Zuständigkeit des Standesamts geregelt ist, trifft § 31 a PStG aF (heute: § 45 Abs. 2 PStG) die notwendige Ergänzung in sachlicher Hinsicht10. Dabei enthält das Gesetz auch in § 31 a Abs. 2 Satz 3 PStG aF (heute: § 45 Abs. 2 Satz 2 PStG) eine Regelung für den Fall, dass die Geburt nicht im Inland beurkundet ist. Für diesen Fall bestimmt das Gesetz ausdrücklich ein deutsches Standesamt als zuständig. Dass der Gesetzgeber dabei die naheliegende Möglichkeit der Abgabe von Namenserklärungen gegenüber dem ausländischen Standesamt nicht bedacht hat, ist nicht ersichtlich. Vielmehr deutet die ausdrückliche Regelung darauf hin, dass nur der Zugang der Erklärungen beim zuständigen deutschen Standesamt die namensrechtlichen Wirkungen auslösen soll11.
Gegen eine Substitution spricht auch, dass die Annahme einer Empfangszuständigkeit des ausländischen Standesamts die Rechtssicherheit beeinträchtigen kann. Während der Zugang der Erklärung bei dem zuständigen deutschen Standesamt zuverlässig festgestellt werden kann, ist sowohl der Zugang bei einem ausländischen Standesamt an sich als auch die Frage, ob dieses nach dem ausländischen Recht überhaupt zuständig war, erheblich schwieriger zu ermitteln. Ebenso besteht bei der so vorhandenen Mehrzahl von möglichen Erklärungsempfängern die Gefahr der Abgabe von doppelten, sich eventuell widersprechenden Erklärungen. Gerade diese will das Personenstandsgesetz aber verhindern, weshalb das Standesamt – I in Berlin ein Verzeichnis über die bei ihm abgegebenen Erklärungen zu führen hat (§§ 45 Abs. 2 Satz 4 PStG, 27 PStV; BT-Drs. 16/1831 S. 50). Des Weiteren zeigt die Entstehungsgeschichte der Norm, dass der Gesetzgeber die parallele Zuständigkeit mehrerer Standesämter vermeiden wollte12.
Auch führt die Gefahr, dass das Kind im Ausland einen anderen Namen trägt als in Deutschland („hinkende Namensführung“), weder nach europäischem noch nach deutschem Recht zur Notwendigkeit; vom Zugangserfordernis beim deutschen Standesamt abzusehen.
Zwar können nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs die im Primärrecht der Europäischen Union garantierten Grundfreiheiten, insbesondere die Freiheit eines jeden Unionsbürgers, sich in einen anderen Mitgliedstaat zu begeben und sich dort aufzuhalten (Art. 21 Abs. 1 AEUV), eine Verpflichtung für die Behörden eines Mitgliedstaats enthalten, den Namen eines Kindes anzuerkennen, der in einem anderen Mitgliedstaat bestimmt und eingetragen wurde, in dem das Kind geboren wurde13. Die unzulässige Beschränkung der Grundfreiheiten liegt in der Verpflichtung des Betroffenen, gegen seinen Willen einen anderen Namen tragen zu müssen als den, der in dem Mitgliedstaat, in dem er geboren wurde, eingetragen wurde und den er dort führt14 oder den er in einem Mitgliedstaat lange Zeit mit Billigung der Behörden dieses Staats geführt hat15. Aus den Grundfreiheiten folgt hingegen nicht, dass einem Unionsbürger ein Name aufgezwungen werden muss, den er selbst gar nicht führen möchte16. Es ist daher grundsätzlich ausreichend, dass der deutsche Gesetzgeber in Art. 48 EGBGB die Wahl des im Ausland erworbenen Namens ermöglicht. Im vorliegenden Fall möchte das Kind diesen Namen aber gerade nicht tragen.
Überdies nimmt es das deutsche Namensrecht grundsätzlich hin, dass ein Kind nach deutschem Recht namenlos ist, während es im Ausland den dort registrierten Namen führen kann, wie die Regelung des § 1617 Abs. 3 BGB zeigt17.
Bei dem damit allein empfangszuständigen Standesamt – I in Berlin ist keine wirksame Erklärung zur Bestimmung des Namens nach § 1617 a Abs. 2 Satz 1 BGB eingegangen, weil die Mutter ihre Erklärung rechtzeitig widerrufen hat.
Namenserklärungen sind familienrechtliche Willenserklärungen, auf die grundsätzlich die allgemeinen Regeln der Willenserklärungen anzuwenden sind18. Eine namensrechtliche Erklärung kann daher gemäß § 130 Abs. 1 Satz 2 BGB widerrufen werden, jedenfalls bis sie dem zuständigen Erklärungsempfänger zugeht19. Der Widerruf bedarf keiner Form20. Geht er zeitgleich mit der Erklärung dem Empfänger zu, kommt es allein auf den Zeitpunkt des Zugangs und nicht auf die Reihenfolge der Kenntnisnahme an21.
Die namensrechtlichen Erklärungen vor dem spanischen Standesamt gingen dem zuständigen Standesamt – I in Berlin frühestens mit Übersendung der spanischen Geburtsurkunde als Anlage zum Antrag der Mutter auf Beurkundung der Auslandsgeburt zu. In diesem Antrag hatte die Mutter aber den Namen des Kindes abweichend von den spanischen Urkunden mit „B.“ angegeben und die Möglichkeit, explizit zu erklären, dass das Kind den Namen des Vaters erhalten soll, nicht genutzt. Dieses Verhalten ist als Widerruf der namensrechtlichen Erklärung auszulegen, denn die Mutter bringt damit zum Ausdruck, dass sie sich nicht an die Erklärungen vor dem spanischen Standesamt gebunden fühlt und nunmehr möchte, dass das Kind ihren Namen trägt.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20. Juli 2016 – XII ZB 489/15
- OLG München StAZ 2015, 304, 305 mwN; OLG Hamm StAZ 2011, 242, 243 mwN; Staudinger/Hilbig-Lugani BGB [2015] § 1617 a Rn. 34 und § 1617 Rn. 28 f.; BeckOGK BGB/Kienemund [Stand: 1.04.2016] § 1617 a Rn. 38 und § 1617 Rn. 47; MünchKomm-BGB/v. Sachsen Gessaphe 6. Aufl. § 1617 a Rn. 28; NK-BGB/Czeguhn 3. Aufl. § 1617 a Rn. 7; Gaaz/Bornhofen PStG 3. Aufl. § 45 Rn. 4 und 9; Hepting/Gaaz Personenstandsrecht [42. Ergänzungslieferung 2009] § 31 a PStG Rn. 17 und 28; Henrich/Wagenitz/Bornhofen Deutsches Namensrecht [Stand: Februar 2007] § 1617 a BGB Rn. 65 und 83[↩]
- vgl. zu § 1617 BGB Staudinger/Hilbig-Lugani BGB [2015] § 1617 Rn. 89; vgl. zu Art. 10 Abs. 2 und 3 EGBGB Staudinger/Hepting/Hausmann BGB [2013] Art. 10 EGBGB Rn. 286; BeckOK BGB/Mäsch [Stand: 1.05.2013] Art. 10 EGBGB Rn. 44 und 69; MünchKomm-BGB/Birk 5. Aufl. Art. 10 EGBGB Rn. 114[↩]
- MünchKomm-BGB/Lipp 6. Aufl. Art. 10 EGBGB Rn. 115 und 144; Hepting/Gaaz Personenstandsrecht [Stand: 42. Ergänzungslieferung 2009] § 31 a PStG Rn. 37; NK-BGB/Mankowski 3. Aufl. Art. 10 EGBGB Rn. 118; Erman/Hohloch BGB 14. Aufl. Art. 10 EGBGB Rn. 33[↩]
- BGH, Beschluss vom 13.07.2011 XII ZR 48/09 FamRZ 2011, 1495 Rn. 17 mwN[↩]
- Palandt/Thorn BGB 75. Aufl. Art. 11 EGBGB Rn. 9[↩]
- OLG Schleswig FamRZ 2015, 1328, 1329; MünchKomm-BGB/Lipp 6. Aufl. Art. 10 EGBGB Rn. 144; Staudinger/Hepting/Hausmann BGB [2013] Art. 10 EGBGB Rn. 285; NK-BGB/Mankowski 3. Aufl. Art. 10 EGBGB Rn. 156; Palandt/Thorn BGB 75. Aufl. Art. 11 EGBGB Rn. 7[↩]
- Staudinger/Sturm/Sturm BGB [2012] Einleitung IPR Rn. 259[↩]
- MünchKomm-BGB/von Hein 6. Aufl. Einleitung IPR Rn. 232 mwN[↩]
- BGHZ 199, 270 = NZG 2014, 219 Rn. 13, 14, 21 und BGHZ 80, 76 = NJW 1981, 1160; MünchKomm-BGB/von Hein 6. Aufl. Einleitung IPR Rn. 235 mwN; vgl. auch BGH, Beschluss BGHZ 109, 1 = FamRZ 1990, 39, 41 „Funktionsäquivalenz“[↩]
- Hepting/Gaaz Personenstandsrecht [Stand: 42. Ergänzungslieferung 2009] § 31 a PStG Rn. 7; vgl. auch Gaaz/Bornhofen PStG 3. Aufl. § 45 Rn. 1 f.[↩]
- vgl. auch BT-Drs. 16/1831 S. 49 [zu § 41 Abs. 2 PStG] und S. 50[↩]
- BT-Drs. V/3719 S. 59[↩]
- EuGH FamRZ 2008, 2089 Rn. 21 ff. „Grunkin-Paul“; StAZ 2004, 40 Rn. 30 ff. „Garcia Avello“; vgl. auch EuGH NJW 2016, 2093 Rn. 35 ff.[↩]
- EuGH FamRZ 2008, 2089 Rn. 22 „Grunkin-Paul“; StAZ 2004, 40 Rn. 45 „Garcia Avello“[↩]
- EuGH FamRZ 2011, 1486 Rn. 67 ff. „Sayn-Wittgenstein“[↩]
- MünchKomm-BGB/Lipp 6. Aufl. Art. 10 EGBGB Rn. 220; Hepting/Dutta Familie und Personenstand 2. Aufl. Rn. II442; Wall StAZ 2009, 261, 265; vgl. auch Lipp StAZ 2009, 1, 7[↩]
- vgl. BeckOGK BGB/Kienemund [Stand: 1.04.2016] § 1617 Rn. 99; MünchKomm-BGB/v. Sachsen Gessaphe 6. Aufl. § 1617 Rn. 30; Staudinger/Hilbig-Lugani BGB [2015] § 1617 Rn. 89; Hepting/Gaaz Personenstandsrecht [Stand: 42. Ergänzungslieferung 2009] § 31 a PStG Rn. 40[↩]
- Henrich/Wagenitz/Bornhofen Deutsches Namensrecht [Stand: Februar 2007] § 1617 a BGB Rn. 60[↩]
- OLG München StAZ 2015, 304, 305; BeckOK BGB/Enders § 1617 Rn. 12; für eine Widerruflichkeit der Erklärung darüber hinaus bis zum Zugang aller weiteren erforderlichen Erklärungen: Staudinger/Hilbig-Lugani BGB [2015] § 1617 a Rn. 40 und § 1617 Rn. 29; BeckOGK BGB/Kienemund [Stand: 1.04.2016] § 1617 Rn. 52; Lipp/Wagenitz Das neue Kindschaftsrecht § 1617 BGB Rn. 34[↩]
- OLG München StAZ 2015, 304, 305; Staudinger/Singer BGB [2012] § 130 Rn. 103; MünchKomm-BGB/Einsele 7. Aufl. § 130 Rn. 40[↩]
- BGH Urteil vom 30.10.1974 – IV ZR 172/73 NJW 1975, 382, 384[↩]