Sollen im Scheidungsverbundverfahren Folgesachenanträge anhängig gemacht werden, so muss die Zwei-Wochen-Frist des § 137 Abs. 2 Satz 1 FamFG eingehalten werden können [1]. Ist das durch das Familiengericht nicht beachtet, ist einem hierauf gestützten Terminsverlegungsantrag stattzugeben.

Nach § 137 Abs. 2 Satz 1 FamG ist für die Einbeziehung von – dort näher aufgeführten – Folgesachen in den Verbund vorauszusetzen, dass eine Entscheidung für den Fall der Scheidung zu treffen ist und die Familiensache spätestens zwei Wochen vor der mündlichen Verhandlung im ersten Rechtszug in der Scheidungssache von einem Ehegatten anhängig gemacht wird. Hieran fehlte es in dem jetzt vom Oberlandesgericht Stuttgart entschiedenen Fall. Der zwischen Zustellung der Terminsladung und dem Termin liegende Zeitraum war indes auch keine zwei Wochen lang. Das führt dazu, dass die Antragstellerin die Zweiwochenfrist nicht eingehalten hat und diese – bezogen auf die Kenntnisnahme vom Terminstag – auch nicht mehr einhalten konnte. Entsprechend dem jeweiligen Vorbringen im Beschwerdeverfahren gibt es deshalb zwei Möglichkeiten, die aufgezeigte Problematik zu lösen: Entweder man stellt allein auf den Wortlaut der Norm ab oder man legt die Bestimmung der Frist einschränkend dahin aus, dass diese jedenfalls eingehalten werden können muss.
Das Oberlandesgericht Stuttgart folgt der letztgenannten Variante und schließt sich damit dem Oberlandesgericht Oldenburg [2] an.
Für ein Abstellen auf den Gesetzeswortlaut [3] spräche insbesondere, wenn gerade dieses in Verbindung mit dem durch das Gesetz verfolgten Zweck einher ginge. Indes lässt sich, wie auch das Oberlandesgericht Oldenburg [2] zutreffend ausgeführt hat, aus den Gesetzesmaterialien nichts dafür herleiten. Vielmehr war sowohl im Referentenentwurf aus dem Jahre 2005 [4] als auch im Gesetzentwurf der Bundesregierung [5] zunächst vorgesehen gewesen, dass Folgesachen – der früheren Gesetzeslage entsprechend – bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung anhängig gemacht werden können, bevor der Bundesrat die genannte Frist in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht hat [6].
Begründet wurde dies mit einer Verhinderung missbräuchlich gestellter Folgesachenanträge, vor allem für die Fälle, in welchen solche Anträge zum Herbeiführen taktischer Vorteile oder von „Verhandlungsmasse“ erst in der mündlichen Verhandlung übergeben würden, eine Vorbereitung weder durch Gericht noch Gegenseite zuließen und deshalb zur Verlegung oder Vertagung von Verhandlungsterminen führten. Mit gleicher Begründung wurde die Zweiwochenfrist durch Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 7. September 2007 in den Bundestag eingebracht [7].
Im Gesetzgebungsverfahren finden sich indes keine Erwägungen zu der Frage, ob und auf welche Weise die Einhaltung der Frist sicherzustellen sei. In Fällen wie dem vorliegenden führt die Regelung entweder dazu, dass – wie durch das Familiengericht geschehen – ein Folgesachenantrag im Verbund nicht ermöglicht oder aber ein bereits festgelegter Termin im Nachhinein zu verlegen ist. Mit dem Gesetzeszweck, nämlich der Verhinderung von missbräuchlichem Procedere, hat beides nichts zu tun. Der Senat ist deshalb der Auffassung, dass das Familiengericht in verfassungskonformer Anwendung des § 137 Abs. 2 Satz 1 FamFG Verhandlungstermine in Scheidungssachen zu verlegen hat, falls – wie hier – zwischen Zustellung der Terminsladung und dem Termin nicht einmal zwei Wochen liegen. Gerade bei der Überprüfung der Anwendung von Verspätungsvorschriften hat das Bundesverfassungsgericht wiederholt darauf hingewiesen, dass insbesondere die Verfahrensgestaltung rechtsstaatlichen Maßstäben entsprechen muss. Auf den vorliegenden Fall übertragen bedeutet dies, dass es nach Zugang der Ladung für den Beteiligten noch möglich sein muss, Folgesachen anhängig zu machen. Erst von diesem Zeitpunkt an wissen die Beteiligten sicher, dass sie handeln müssen, wenn sie Ansprüche noch in den Verbund einbeziehen wollen [8]. Mit Rücksicht hierauf erfolgende Terminsverlegungen erfordern auch keinen größeren Aufwand bei der Terminsbestimmung an sich, vielmehr lassen sich die maßgeblichen Daten im Nachhinein unschwer feststellen.
Für die hier problematisierte Berechnung sind weder Ladungs- noch Einlassungsfristen zu bedenken. § 113 Abs. 1 FamFG verweist für die Ladungsfrist nicht auf § 32 Abs. 2 FamFG, sondern in seinem Satz 2 auf § 217 ZPO. Danach beträgt die Ladungsfrist in Anwaltsprozessen mindestens eine Woche. Isoliert betrachtet könnte sie deshalb auch innerhalb der Zweiwochenfrist des § 137 Abs. 2 Satz 1 FamFG liegen, also beginnen und ablaufen. Indem nur die letztgenannte Frist eingehalten werden (können) muss, sind Ladungsfristen auch nicht zu addieren [9].
Weber [10] erachtet die Zweiwochenfrist für insgesamt zu kurz. Das Oberlandesgericht Stuttgart vertritt hierzu die Auffassung, dass Einlassungsfristen im gegebenen Zusammenhang unerheblich sind, weil sie nicht den Antragsteller, sondern dessen Gegner schützen. Richtig ist freilich, dass selbst die Wahrung der Zweiwochenfrist dem Gegner keine hinreichende Vorbereitung mehr ermöglicht. Soll dieses erreicht werden, könnte korrigierend nur der Gesetzgeber eingreifen. Das geht mit der Überlegung einher, ob die Zweiwochenfrist durch Nichterscheinen und/oder Nichtverhandeln im Termin nicht sogar mehr oder weniger sanktionslos unterlaufen werden könnte [11]. Das indes hat das Oberlandesgericht nicht zu klären.
Zur Gewährleistung eines fairen Verfahrens hätte das Familiengericht dem durch die Antragstellerin gestellten Verlegungsantrag nach alledem entsprechen müssen, um die Aufnahme des Folgesachenantrags in den Scheidungsverbund zu ermöglichen. Hingegen hat es ohne Terminsverlegung in der Sache entschieden und den Folgesachenantrag als unzulässig abgewiesen. Das beruht auf einem Verfahrensfehler, der antragsgemäß zur Aufhebung der Entscheidung und zur Zurückverweisung an das Familiengericht führt.
Oberlandesgericht Stuttgart, Beschluss vom 11. Januar 2011 – 17 UF 304/10
- im Anschluss an OLG Oldenburg, FamRZ 2010, 2015 m. Anm. Löhnig[↩]
- OLG Oldenburg, a.a.O.[↩][↩]
- siehe mit eingehender Begründung Heiter, in MünchKommZPO, FamFG, § 137 Rn. 44–52; vgl. ferner: Zöller/Philippi, ZPO, 28. Aufl., § 137 FamFG Rn. 32; Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, 31. Aufl., § 137 FamFG Rn. 20; Musielak/Borth, Familiengerichtliches Verfahren, § 137 FamFG Rn. 28; Streicher, in: Schwab, Handbuch des Scheidungsrechts, 6. Aufl., Kapitel I Rn. 320 a ; einschränkend Schröder, in: Schulte-Bunert/Weinreich, FamFG 2. Aufl., § 137 Rn. 4: Zwei Wochen vor Schluss der mündlichen Verhandlung[↩]
- BMJ, Referentenentwurf, Seite 83, im Entwurf: § 146[↩]
- Gesetzentwurf der Bundesregierung, Seite 37[↩]
- BR-Drs. 309/07 vom 06.07.2007, Seite 34[↩]
- BT-Drs. 16/6308 vom 07.09.2007, Seite 374[↩]
- OLG Oldenburg a.a.O., Seite 2017[↩]
- vgl. Heiter, a.a.O., Rn. 51; anders OLG Oldenburg, a.a.O., Seite 2017 m.w.N.; Löhnig, in: Bork/Jacoby/Schwab, FamFG, § 137 Rn. 7; ders., Anmerkung zur Entscheidung des OLG Oldenburg, FamRZ 2010, 2015, 2017 f.; ders., FamRZ 2009, 737, 738; Helms, in: Prütting/Helms, FamFG, § 137 Rn. 48[↩]
- in: Keidel, FamFG, 16. Aufl., § 137 Rn. 19[↩]
- vgl. Löhnig, FamRZ 2010, 2017, 2018[↩]