Die Rückübertragung der Gesundheitssorge vom Jugendamt auf die Kindesmutter scheidet aus bei einer fortdauernden Gefahr für das Kindeswohl. Diese Gefahr besteht dann, wenn sich die Eltern nicht einig sind über die Art einer notwendigen medizinischen Begleitung wegen einer möglichen Transsexualität des Kindes, so dass eine Blockade weiterer Diagnostik zu einer massiven Schädigung des Kindes führen würde.

Mit dieser Entscheidung hat das Kammergericht in Berlin die Beschwerde einer Mutter zurückgewiesen, die vor dem Hintergrund der Verdachtsdiagnose einer Transsexualität ihres 11jährigen Kindes die Rückübertragung der Gesundheitssorge vom Jugendamt auf sich verlangt hatte. Bereits das zuständige Amtsgericht hatte eine Rückübertragung der Gesundheitssorge abgelehnt.
Nach Auffassung des Kammergerichts kommt eine Rückübertragung wegen einer fortdauernden Gefahr für das Kindeswohl gegenwärtig nicht in Betracht. Die Kindeseltern sind uneins über die Art einer notwendigen medizinischen Begleitung wegen einer möglichen Transsexualität. Deswegen besteht die Gefahr, dass eine Blockade weiterer Diagnostik zu einer massiven Schädigung des Kindes führt. Wörtlich heißt es in den Beschlussgründen:
„Es ist dringend geboten, die Frage der Transsexualität zu klären und in der gebotenen Form zu behandeln, was auch eine Unterstützung dieser Entwicklung unter Einschluss von Maßnahmen vor Eintritt der Volljährigkeit beinhalten kann. Dabei geht es nicht darum, bereits über einen bestimmten Behandlungsweg zu befinden, sondern dem Kind den Zugang zu einer medizinischen Behandlung überhaupt offen zu halten. Um diese Gefahr – und daran anschließend die Verhältnismäßigkeit des Entzuges der Gesundheitsfürsorge sowie deren Übertragung auf einen Ergänzungspfleger – festzustellen, bedarf es entgegen der Ansicht der Kindesmutter (…) keines Sachverständigengutachtens. Die Gefahr ist unstreitig und wird von der Mutter selbst angeführt, um die von ihr befürwortete Übertragung der Gesundheitsfürsorge auf sie allein zu rechtfertigen. Auch sie macht geltend, dass X. ‚dringend fachliche Hilfe und Unterstützung benötigt’ (…) Die Frage der Verhältnismäßigkeit ist eine juristische, die nicht durch ein Gutachten geklärt, sondern vom Senat beantwortet werden muss“.
Eine Übertragung der Gesundheitsfürsorge auf die Kindesmutter allein scheidet nach Ansicht des Kammergerichts schon deshalb aus, weil derzeit nicht gesichert erscheine, dass sie diese allein zum Wohle des Kindes ausüben würde.
Kammergericht, Beschluss vom 15. März 2012 – 19 UF 186/11