Bei der Feststellung, ob ein Ehegatte mit einer Grundschuldbestellung über sein (nahezu) gesamtes Vermögen verfügt, sind neben dem Nominalbetrag der Grundschuld auch die bei einer künftigen Vollstreckung in die Rangklasse 4 des § 10 Abs. 1 ZVG fallenden Grundschuldzinsen einzubeziehen und regelmäßig mit dem zweieinhalbfachen Jahresbetrag zu berücksichtigen.

Die Belastung eines Grundstücks, das das alleinige oder wesentliche Vermögen des verfügenden Ehegatten ausmacht, ist nach § 1365 Abs. 1 BGB zustimmungsbedürftig, wenn sie den Wert des Grundstücks ausschöpft1 und nicht lediglich als Erwerbsmodalität anzusehen ist2. Maßgeblich ist, ob die Belastung – unter Berücksichtigung etwaiger bereits eingetragener Rechte – den Verkehrswert des Grundstücks so weit mindert, dass dem verfügenden Ehegatten nur ein unwesentlicher Teil seines ursprünglichen Gesamtvermögens verbleibt3.
Bei der Prüfung der mit einer Belastung einhergehenden Wertminderung eines Grundstücks ist – wie auch sonst im Rahmen von § 1365 BGB – eine wirtschaftliche Betrachtungsweise geboten4. Im Zeitpunkt der Verfügung bereits bestehende Grundschulden werden daher, obwohl sie von der ihr zugrunde liegenden persönlichen Forderung unabhängig sind, nur insoweit berücksichtigt, wie sie valutieren5. Ist die gesicherte Forderung bereits getilgt und hat der Grundstückseigentümer deshalb einen Anspruch auf (teilweise) Rückübertragung des Grundpfandrechts, ist dieser Anspruch in die Vermögensberechnung einzustellen6.
Umgekehrt ergibt sich hieraus, dass es bei der (Neu-)Bestellung einer Grundschuld grundsätzlich nicht auf deren Valutierung ankommt. Zwar kann die zu sichernde persönliche Forderung im Zeitpunkt der Bestellung (noch) hinter dem Sicherungswert der Grundschuld zurückbleiben. Einem Rückübertragungsanspruch des Eigentümers wird aber in aller Regel die Möglichkeit entgegenstehen, dass die Grundschuld, weil sie auch künftige Forderungen sichert, zu einem späteren Zeitpunkt voll valutieren wird. Maßgeblich für die Wertminderung des Grundstücks durch neu bestellte Grundpfandrechte ist daher der Betrag, für den das Grundstück hieraus dinglich haftet. Dies ist grundsätzlich der Nominalbetrag einschließlich etwaiger Nebenleistungen und dinglicher Zinsen (§ 1191 Abs. 2 BGB).
Dass dingliche Zinsen im Zeitpunkt der Grundschuldbestellung noch nicht entstanden sein können, führt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht dazu, dass sie bei der Ermittlung der durch die Belastung eingetretenen Wertminderung nicht zu berücksichtigen wären. Richtig ist zwar, dass es bei der Anwendung des § 1365 BGB allein auf die objektiven Wertverhältnisse im Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts ankommt7. Das bedeutet aber nicht, dass sich die Wertminderung nach dem Betrag bemisst, der sich bei einer (fiktiven) Verwertung der Grundschuld am Tag ihrer Bestellung bzw. Entstehung erlösen ließe.
Maßgeblich ist vielmehr, inwieweit die Belastung den Wert des Grundstücks als Zugriffsobjekt für potentielle Gläubiger, und damit auch für den Ehegatten des Verfügenden als möglichen Gläubiger eines Anspruchs auf Zugewinn, absinken lässt8. Ein potentieller Gläubiger wird aber schon im Zeitpunkt der Grundschuldbestellung von einer Wertminderung des Grundstücks im Umfang des vollen, die dinglichen Zinsen einbeziehenden Sicherungswerts der Grundschuld9 ausgehen. Denn er muss im Regelfall damit rechnen, dass die Verwertung der Grundschuld erst zu einem Zeitpunkt erfolgt, in dem auch dingliche Zinsen in nennenswertem Umfang vollstreckt werden können. In diesem Fall haben die in die Rangklasse 4 des § 10 Abs. 1 ZVG fallenden Ansprüche wegen der laufenden Zinsen und der aus den letzten zwei Jahren rückständigen Zinsen Vorrang vor anderen Grundpfandrechten. Dem entspricht es, wenn bei der Berechnung des Wertverlusts, den ein Grundstück infolge der Belastung mit einer Grundschuld erleidet, sofern nicht besondere Umstände im Einzelfall eine abweichende Bewertung erfordern, dingliche Zinsen für zweieinhalb Jahre einbezogen werden.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 7. Oktober 2011 – V ZR 78/11
- vgl. BGH, Urteil vom 12.07.1989 – IVb ZR 79/88, NJW 1990, 112, 113[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 21.03.1996 – III ZR 106/95, BGHZ 132, 218, 227 f.[↩]
- BGH, Urteil vom 12.07.1989 – IVb ZR 79/88, NJW 1990, 112, 113; vgl. auch BayObLGZ 1959, 442, 446; FamRZ 1967, 337, 338; MünchKomm-BGB/Koch, 5. Aufl., § 1365 Rn. 61 ff.[↩]
- vgl. Staudinger/Thiele, BGB [2007], § 1365 Rn. 47 f.[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 25.06.1993 – V ZR 7/92, BGHZ 123, 93, 95; BGH, Urteil vom 12.07.1989 – IVb ZR 79/88, aaO[↩]
- vgl. MünchKomm-BGB/Koch, aaO, § 1365 Rn. 17[↩]
- BGH, Urteil vom 21.03.1996 – III ZR 106/95, BGHZ 132, 218, 227[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 25.06.1980 – IVb ZR 516/80, BGHZ 77, 293, 297; Urteil vom 12.07.1989 – IVb ZR 79/88, NJW 1990, 112, 113 li. Sp. unten; zum Schutzzweck des § 1365 BGB siehe BGH, Urteil vom 01.07.1987 – IVb ZR 97/85, BGHZ 101, 225, 228[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 13.05.1982 – III ZR 164/80, NJW 1982, 2768, 2769 zu II.02.[↩]