Sind hinausgeschobene Ansprüchen auf variable Vergütungsbestandteile in sogenannten Long-Term-Incentive-Programmen regulierter Vergütungssysteme als Vermögenswert im Zugewinnausgleich zu berücksichtigen? Mit dieser Frage hatte sich aktuell der Bundesgerichtshof zu befassen:

In dem zugrundeliegenden Fall streiten geschiedene Eheleute um Zugewinnausgleich und im Rechtsbeschwerdeverfahren noch darum, ob und gegebenenfalls mit welchem Wert variable Vergütungsbestandteile des von dem Ehemann erzielten Arbeitseinkommens in dessen Endvermögen zu berücksichtigen sind. Die Beteiligten schlossen am 22.08.1986 die Ehe; der Scheidungsantrag wurde am 21.06.2016 zugestellt. Der Ehemann war am Ende der Ehezeit als außertariflicher Mitarbeiter bei der – C-Bank beschäftigt. Sein Gehalt bestand aus festen und variablen Vergütungsbestandteilen. Vertragliche Grundlage der variablen Vergütung, die teilweise bar und teilweise aktienbasiert gewährt wurde, war der „C. Incentive Plan“ (CIP). Der CIP bestimmte für diejenigen Mitarbeiter, die aufgrund von Aufgabenstellung und Kompetenzen mit ihrer Tätigkeit einen wesentlichen Einfluss auf das Gesamtrisiko der Bank nehmen („Risk Taker“) und zu denen auch der Ehemann gehörte, dass die variable Vergütung grundsätzlich in zwei Formen auszuzahlen war, nämlich zum Teil als „Short Term Incentive“ (STI) im April (Barbetrag) bzw. im Oktober (aktienbasierter Betrag) des auf das maßgebliche Geschäftsjahr folgenden Jahres und zum Teil als „Long Term Incentive“ (LTI) nach Ablauf eines dreijährigen Zurückbehaltungszeitraums („Deferral Period“) und einer daran anschließenden Sperrfrist („Retention Period“) im Oktober des vierten Jahres nach dem maßgeblichen Geschäftsjahr. Über die Höhe der variablen Vergütung wurde auf der Grundlage einer nach Abschluss des Geschäftsjahres durchgeführten „Performance Bewertung I“ entschieden, durch die der individuelle Erfolgsbeitrag des Mitarbeiters bewertet werden sollte. Nach Durchführung dieser Bewertung wurde der Gesamtbetrag der variablen Vergütung festgelegt, die im Hinblick auf ihren Anteil aus dem LTI lediglich indikativ war. Die endgültige Entscheidung über einen Anspruch aus dem LTI fiel nach Ablauf des dreijährigen Zurückbehaltungszeitraums. Sie beruhte auf der „Performance Bewertung II“, mit der einerseits die vergütungsrelevanten Ergebnisse der „Performance Bewertung I“ in der Rückschau auf ihre Richtigkeit überprüft und andererseits verschiedene weitere personen- und unternehmensbezogene Kriterien Berücksichtigung finden sollten. Der Arbeitgeber des Ehemanns legte für die Jahre 2013 bis 2015 im März der jeweiligen Folgejahre den Gesamtbetrag der variablen Vergütung für das vergangene Geschäftsjahr fest. Dabei wurden dem Ehemann voraussichtliche Vergütungen aus dem LTI in Höhe von 50.000 € (für 2013), 96.000 € (für 2014) und 94.800 € (für 2015) angekündigt.
Das Amtsgericht Offenbach hat die Ehe der Beteiligten durch Beschluss vom 24.05.2019 rechtskräftig geschieden und die zunächst im Scheidungsverbund anhängig gemachte güterrechtliche Folgesache abgetrennt. In dieser hat der Ehemann zunächst die Zahlung von Zugewinnausgleich in Höhe von 1.550.000 € geltend gemacht. Die Ehefrau hat den Anspruch in Höhe von 845.294 € anerkannt, worüber das Amtsgericht am 30.10.2018 durch Teil(Anerkenntnis)Beschluss befunden hat. Nach Zahlung des anerkannten Betrages am 5.12.2018 hat die Ehefrau im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens weitere 50.000 € am 10.02.2019 und weitere 422.822 € am 16.04.2019 auf die Zugewinnausgleichsforderung gezahlt. Das Amtsgericht hat die Ehefrau verpflichtet, über den durch Teilbeschluss titulierten Betrag in Höhe von 845.294 € hinaus einen weiteren Zugewinnausgleich in Höhe von 565.948 € nebst Zinsen abzüglich der geleisteten Beträge zu zahlen1. Auf die Beschwerde der Ehefrau hat das Oberlandesgericht Frankfurt die Entscheidung abgeändert und diese zur Zahlung eines weiteren Zugewinnausgleichs von (lediglich) 502.063, 84 € nebst Zinsen abzüglich der geleisteten Beträge verpflichtet2. Dabei hat das Oberlandesgericht angenommen, dass dem Ehemann am Ende der Ehezeit gesicherte Rechtspositionen auf künftige Zahlungen aus dem LTI für die Geschäftsjahre 2013 bis 2015 in Höhe von 72.800 € zuzurechnen seien. Mit seiner zugelassenen Rechtsbeschwerde erstrebt der Ehemann die Heraufsetzung des weiteren Zugewinnausgleichs auf 538.463, 84 € nebst Zinsen abzüglich der geleisteten Zahlungen. Die hiergegen erhobene Rechtsbeschwerde des Ehemanns sah der Bundesgerichtshof als begründet an:
§ 1375 Abs. 1 Satz 1 BGB definiert das Endvermögen als das Vermögen, das einem Ehegatten nach Abzug der Verbindlichkeiten bei der Beendigung des Güterstands gehört. Das Endvermögen setzt sich hiernach aus allen positiven Vermögenswerten und Verbindlichkeiten eines Ehegatten zusammen, die diesem bei Beendigung des Güterstandes oder zu einem Zeitpunkt, der an die Stelle der Beendigung des Güterstandes tritt zustehen. Zu den im Endvermögen zu berücksichtigenden Vermögenswerten zählen alle dem Ehegatten zustehenden rechtlich geschützten Positionen mit wirtschaftlichem Wert, das heißt neben den dem Ehegatten gehörenden Sachen alle ihm zustehenden objektiv bewertbaren Rechte, sofern sie am Stichtag bereits entstanden und noch vorhanden sind3. Um einen solchen Vermögenswert handelt es sich bei dem künftigen Vergütungsanspruch des Ehemanns aus dem LTI für die Jahre 2013 bis 2015 nicht.
Allerdings steht es einer Einbeziehung der am Stichtag noch nicht ausgezahlten variablen Vergütung in den Zugewinnausgleich nicht bereits entgegen, dass es sich dabei um Bestandteile des von dem Ehemann bezogenen Arbeitseinkommens handelt. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Oberlandesgerichts Frankfurt wären aus dem LTI zufließende Geldbeträge im Hinblick auf die insgesamt günstigen Einkommensverhältnisse der Beteiligten nicht für deren Lebensbedarf benötigt, sondern absehbar nur für die Vermögensbildung verwendet worden. Danach begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, wenn das Oberlandesgericht Frankfurt diesen Bestandteil des von dem Ehemann erzielten Arbeitseinkommens nicht als künftiges unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen behandelt und nicht schon aus diesem Grunde aus dem güterrechtlichen Ausgleich ausgeschlossen hat4. Dagegen erinnert auch die Rechtsbeschwerde nichts.
Ebenfalls zutreffend und für die Rechtsbeschwerde günstig ist die Beurteilung des Oberlandesgerichts Frankfurt, dass am Stichtag 21.06.2016 noch kein Anspruch auf Zahlungen aus dem LTI für die Geschäftsjahre 2013 bis 2015 entstanden war.
Mit Recht hat das Oberlandesgericht Frankfurt insoweit auf den Wortlaut der CIP abgestellt, wonach ein Anspruch aus dem LTI frühestens nach Ablauf der Deferral Period entsteht. Nur diese Sichtweise steht im Einklang mit den aufsichtsrechtlichen Bestimmungen in § 20 Abs. 4 Nr. 1 und 2 der am 1.01.2014 in Kraft getretenen Institutsvergütungsverordnung (InstitutsVergV) vom 16.12.20135, nach denen während des Zurückbehaltungszeitraums für den Begünstigten kein Anspruch auf den zurückbehaltenen Teil der variablen Vergütung, sondern allenfalls ein Anspruch auf fehlerfreie Ermittlung der variablen Vergütung als Merkposten in einem Konto oder Depot bestehen darf6; eine entsprechende Regelung enthielt auch die mit Ablauf des 31.12.2013 außer Kraft getretene Vorgängerregelung (vgl. § 5 Abs. 4 der Instituts-Vergütungsverordnung vom 06.10.20107). Mit den vorgenannten Bestimmungen zur hinausgeschobenen Entstehung des Vergütungsanspruchs mag zwar in erster Linie intendiert gewesen sein, eine vergütungswirksame Berücksichtigung von negativen Einflüssen während des Zurückbehaltungszeitraums in arbeitsrechtlicher Hinsicht abzusichern8. Das ändert aber nichts daran, dass die an den regulatorischen Vorgaben orientierte Vertragsgestaltung beim CIP in dieser Hinsicht eindeutig ist.
Entgegen der Ansicht des Oberlandesgerichts Frankfurt sind künftige Ansprüche auf Zahlungen aus dem LTI für die Geschäftsjahre 2013 bis 2015 aber auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer rechtlich geschützten Anwartschaft in die Vermögensbilanz des Ehemanns einzustellen.
Richtig sind allerdings die rechtlichen Ausgangspunkte des Oberlandesgerichts Frankfurt: In die Berechnung des Zugewinnausgleichs können grundsätzlich auch rechtlich geschützte Anwartschaften mit ihrem gegenwärtigen Vermögenswert sowie die ihnen vergleichbaren Rechtsstellungen einbezogen werden, die einen Anspruch auf künftige Leistung gewähren, sofern diese nicht mehr von einer Gegenleistung abhängig und nach wirtschaftlichen Maßstäben notfalls durch Schätzung bewertbar sind9. Bloße Erwerbsaussichten sowie in der Entwicklung begriffene Rechte, die noch nicht zur rechtlich geschützten Anwartschaft erstarkt sind, bleiben demgegenüber unberücksichtigt10.
Hiernach wurden in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Rechtsstellung eines Nacherben11, ein nach den Vorschriften des Betriebsrentengesetzes bereits unverfallbar gewordenes Versorgungsanrecht auf Auszahlung eines Kapitalbetrages12 sowie eine durch einen „qualifizierten Interessenausgleich“ gemäß § 112 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG dem Grunde nach zugesagte und nicht als Ausgleich für Einkommensverluste bestimmte Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes13 als nach wirtschaftlichen Maßstäben bewertbare Rechtspositionen behandelt, die eine rechtlich geschützte Anwartschaft oder eine vergleichbar gesicherte Rechtsstellung darstellten. Ein in seiner Entstehung noch ungewisses Recht wurde demgegenüber in dem möglichen Anspruch eines Zeitsoldaten auf Gewährung eines einmaligen Geldbetrages als Übergangsbeihilfe am Ende seiner Dienstzeit erblickt, weil am Stichtag weder der Eintritt der gesetzlichen Anspruchsvoraussetzungen absehbar noch vorauszusehen sei, ob ein anschließendes Dienstverhältnis als Berufssoldat begründet werden würde14. Bei dem am Stichtag noch nicht beendeten Agenturvertrag eines Versicherungsvertreters stellt dessen möglicher Ausgleichsanspruch nach § 89 b Abs. 1 HGB ebenfalls nur eine Erwerbsaussicht und keine rechtlich geschützte Anwartschaft dar, weil der Ausgleichsanspruch kraft Gesetzes in den praxisrelevanten Fällen der Eigenkündigung oder der unternehmerseitigen Kündigung aus wichtigem Grund (§ 89 b Abs. 3 HGB) von vornherein nicht zur Entstehung gelangen kann15.
Gemessen daran kann unter den hier obwaltenden Umständen nicht vom Bestehen einer rechtlich geschützten Anwartschaft oder einer vergleichbaren Rechtsposition des Ehemanns auf Zahlungen aus dem LTI am Stichtag ausgegangen werden.
Dabei könnte es schon fraglich sein, ob der Ehemann wie das Oberlandesgericht Frankfurt meint am Stichtag bereits die vollständige Gegenleistung für Zahlungen aus dem LTI für die Geschäftsjahre 2013 bis 2015 erbracht hatte. Das Oberlandesgericht Frankfurt begründet seine Auffassung damit, dass der LTI nach der vorliegenden Vergütungsregelung eine zweckbestimmte Gegenleistung für die in einem bestimmten Geschäftsjahr erbrachte Arbeitsleistung darstelle, was sich aus den Bestimmungen des CIP ergebe, nach denen bei beiden „Performance Bewertungen“ in Bezug auf die individuelle Leistung des Arbeitnehmers ausschließlich auf das betroffene Geschäftsjahr abgestellt werde. Die gegen diese Beurteilung erhobenen Bedenken der Rechtsbeschwerde sind jedenfalls im Hinblick auf die Compliance-Regelung der CIP nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen. Nach dieser Bestimmung stehen die relevante Missachtung von Regeln und Anweisungen, die Verletzung von Informationspflichten sowie generell die relevante Verletzung von arbeitsvertraglichen Pflichten des Mitarbeiters „geschäftsjahresunabhängig“ einer Entstehung des Anspruchs auf LTI entgegen. Die Überprüfung des diesbezüglichen Verhaltens des Mitarbeiters in der Deferral Period gehört zum Inhalt der „Performance Bewertung II“, auf deren Grundlage über die Anspruchsentstehung aus dem LTI befunden wird. Liegt eine relevante Pflichtverletzung im Zurückbehaltungszeitraum vor, entsteht der Anspruch auf den LTI nicht. Das könnte die Sichtweise nahelegen, dass mit der hinausgeschobenen Zahlung aus dem LTI nicht nur die Arbeitsleistung des Mitarbeiters im Geschäftsjahr und der mit ihr erwirtschaftete Erfolgsbeitrag, sondern darüber hinaus auch die Compliance-Konformität seiner Arbeitsleistung während des gesamten am Stichtag noch nicht abgelaufenen Zurückbehaltungszeitraums abgegolten wird.
Dieser Beurteilung steht auch die steuerrechtliche Behandlung der dem Ehemann in der Vergangenheit tatsächlich zugeflossenen Zahlungen aus dem LTI nicht zwingend entgegen. Nach der Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 02.09.202116 unterfallen Entgeltzahlungen aus einem Long-Term-Incentive-Programm der Tarifermäßigung des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG, wenn diese Vergütung zweckbestimmt für die Berufstätigkeit der betroffenen Mitarbeiter in einem mehrjährigen Zeitraum erfolgt. In dem seiner Entscheidung zugrundeliegenden Vergütungsmodell hat der Bundesfinanzhof diese Zweckbestimmung daraus hergeleitet, dass die Vergütung aus dem LTI von dem Arbeitgeber auf der Grundlage des durchschnittlichen Geschäftserfolges des Unternehmens in einem mehrjährigen „Performancezeitraum“ ermittelt wurde, nachdem dieser dem durchschnittlichen Geschäftserfolg in einem die vorangegangenen Jahre umfassenden Vergleichszeitraum gegenübergestellt worden war17. Soweit das Oberlandesgericht Frankfurt im vorliegenden Fall aus der von ihm unterstellten Nichtanwendung des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG in den Jahren 2016 bis 2018 ein (Gegen)Indiz dafür herleiten will, dass die dem Ehemann von seinem Arbeitgeber aus dem LTI zufließende Vergütung nicht für einen mehrjährigen Zeitraum bestimmt gewesen sei, dürfte dem schon entgegenzuhalten sein, dass sich wie die Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 02.09.2021 und der dort mitgeteilte Sachverhalt verdeutlichen in diesen Jahren offensichtlich noch keine gefestigte Praxis der Finanzbehörden zur steuerlichen Behandlung von Zahlungen aus LTI-Programmen entwickelt hatte.
Letztlich bedarf dies aber keiner weiteren Erörterung. Denn unabhängig von der Frage nach der vollständigen Erbringung der Gegenleistung besteht im vorliegenden Fall in Bezug auf künftige Ansprüche aus dem LTI keine rechtlich geschützte Anwartschaft und auch keine vergleichbare Rechtsstellung.
Unter dem Begriff der Anwartschaft versteht man nach der allgemeinen zivilrechtlichen Dogmatik eine rechtlich bereits mehr oder weniger gesicherte Aussicht auf den Anfall eines subjektiven Rechts, insbesondere einer Forderung oder eines dinglichen Rechts, die darauf beruht, dass der normale Erwerbstatbestand eines solchen Rechts schon teilweise verwirklicht ist und seine Vollendung mit einiger Wahrscheinlichkeit erwartet werden kann18. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verdichtet sich die Anwartschaft zu einem Anwartschaftsrecht, wenn von dem mehraktigen Entstehungstatbestand eines Rechts schon so viele Erfordernisse erfüllt sind, dass von einer weitgehend gesicherten Rechtsposition des Erwerbers gesprochen werden kann, die der andere an der Entstehung des Rechts Beteiligte nicht mehr durch einseitige Erklärung zu zerstören vermag19. Diese zum dinglichen Anwartschaftsrecht entwickelte Definition kann in ihren Grundzügen auch zur Beantwortung der hier interessierenden Frage herangezogen werden, wann die Aussicht auf einen künftigen schuldrechtlichen Zahlungsanspruch einen Grad von Festigkeit und rechtlicher Sicherheit erreicht hat, dass bereits von einer rechtlich geschützten Anwartschaft oder einer vergleichbaren Rechtsposition ausgegangen werden kann. Ob einer im Laufe eines mehraktigen Erwerbstatbestands erworbenen Zwischenposition des Begünstigten ein selbständiger rechtlicher Schutz zukommen soll, ist dabei auch mit Blick auf gesetzliche Wertungen zu beurteilen20.
Mit Recht weist die Rechtsbeschwerdeerwiderung in diesem Zusammenhang zwar darauf hin, dass sich der Arbeitgeber des Ehemanns von der arbeitsvertraglichen Zusage der variablen Vergütung aus dem LTI nicht mehr nach freiem Belieben lösen konnte. Die Entscheidung über Grund und Höhe eines künftigen Anspruchs aus dem LTI konnte nur innerhalb des durch den CIP gezogenen rechtlichen Rahmens getroffen werden. Nach der Vergütungsvereinbarung stand für beide Vertragsparteien bereits am Stichtag bindend fest, dass der Anspruch auf die angekündigte Zahlung aus dem LTI entstehen wird, wenn und soweit die Bank aufgrund der „Performance Bewertung II“ in Bezug auf die Nachhaltigkeit des im Geschäftsjahr erzielten Erfolgsbeitrages und im Hinblick auf das Verhalten des Mitarbeiters in der Deferral Period zu keinem abweichenden Ergebnis gelangt und wenn der Zahlung darüber hinaus weder der sogenannte Poolvorbehalt noch ein Eingreifen der Aufsichtsbehörde entgegensteht (vgl. § 45 Abs. 2 Nr. 10 und 11 KWG).
Andererseits müssen aber auch die regulatorischen Vorgaben für die vorliegende Vergütungsvereinbarung berücksichtigt werden. § 20 Abs. 4 Nr. 1 InstitutsVergV schließt in den Fällen, in denen wie hier die variablen Vergütungsbestandteile vollständig erst am Ende des Zurückbehaltungszeitraums erdient werden (sogenanntes cliff vesting), nach seinem eindeutigen Wortlaut nicht nur die Entstehung des Anspruchs, sondern ausdrücklich auch die Entstehung der „Anwartschaft“ während des Zurückbehaltungszeitraums vollständig aus; eine entsprechende Regelung enthielt auch die Vorgängervorschrift (§ 5 Abs. 2 Nr. 4 lit. a InstitutsVergV aF). Jedenfalls aus Sicht des Aufsichtsrechts ist es hiernach eindeutig, dass für den Risikoträger eine gesicherte Rechtsposition an dem zurückbehaltenen Teil der variablen Vergütung vor dem Ablauf des Zurückbehaltungszeitraums grundsätzlich nicht entstehen soll.
Gegen die Annahme, dass der Ehemann am Stichtag bereits eine hinreichend gesicherte Rechtsposition an künftigen Zahlungen aus dem LTI erlangt hätte, spricht darüber hinaus der Umstand, dass der Anspruch nicht zur Entstehung gelangt, wenn der Mitarbeiter vor dem Ablauf des Zurückbehaltungszeitraums als sogenannter Bad Leaver aus dem Unternehmen ausscheidet.
Indessen ist die arbeitsrechtliche Zulässigkeit solcher Formularklauseln in Arbeitsverträgen noch nicht abschließend geklärt. In der arbeitsrechtlichen Literatur werden soweit ersichtlich Bad-Leaver-Klauseln, die den Verfall hinausgeschobener Vergütungsansprüche vor dem Ablauf des Zurückbehaltungszeitraums vorsehen, als unproblematisch angesehen21. Für diese Sichtweise könnte aus AGBrechtlicher Sicht schon sprechen, dass § 20 Abs. 4 Nr. 1 InstitutsVergV die Entstehung von Anwartschaften auf die hinausgeschobenen Vergütungsansprüche vor Ablauf des Zurückbehaltungszeitraums an sich ausschließen will und eine Bad-Leaver-Klausel von dieser Rechtslage nicht zu Ungunsten des Mitarbeiters abweicht, sondern ihm umgekehrt beim Ausscheiden aus dem Unternehmen die Aussicht auf den Vergütungsanspruch erhält, wenn sein Arbeitsverhältnis unter den Voraussetzungen eines Good Leavers beendet worden ist. Im Übrigen hat das Bundesarbeitsgericht die Anbindung von Ansprüchen aus einem Aktienoptionsplan mit festgelegter Wartezeit an ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis bereits für zulässig erachtet und dies maßgeblich mit einem durch das Aktienrecht veränderten Prüfungsmaßstab und dem Charakter des Aktienoptionsprogramms als Mittel zur langfristigen Verhaltenssteuerung bei dem begünstigten Mitarbeiter begründet, die bei einem ausgeschiedenen Beschäftigten nicht mehr erreicht werden kann22. Es liegt nahe, die Grundgedanken dieser Rechtsprechung entsprechend auch auf die variable Vergütung in regulierten Vergütungssystemen zu übertragen23. Unter diesen Umständen trägt der Bundesgerichtshof keine durchgreifenden Bedenken an der rechtlichen Zulässigkeit der hier verwendeten Bad-Leaver-Klausel; solche werden von den Beteiligten auch nicht geltend gemacht.
Hängt die Entstehung eines vermögenswerten Anspruchs aus einem Dienst- oder Arbeitsverhältnis davon ab, dass das Beschäftigungsverhältnis des Begünstigten über den Stichtag hinaus bis zu einem bestimmten Zeitpunkt fortbesteht, wird im Zugewinnausgleich in den meisten Fällen nicht vom Vorliegen einer rechtlich geschützten Anwartschaft ausgegangen werden können. Denn eine der Bewertung zugängliche Prognose, zu welchem Zeitpunkt und unter welchen Umständen das Beschäftigungsverhältnis des Begünstigten in der Zukunft enden wird, lässt sich bei stichtagsbezogener Sichtweise in der Regel nicht stellen24. Eine gesicherte und ausgleichsfähige Rechtsposition wird in solchen Fällen nur dann vorliegen, wenn der künftige Anspruch des Begünstigten selbst bei einer vorzeitigen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses bereits in einer Weise geschützt ist, dass er ihm nur noch unter außergewöhnlichen Umständen genommen werden kann25. So liegt der Fall hier nicht. Eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Zurückbehaltungszeitraum unter den Voraussetzungen eines Bad Leavers – Kündigung des Arbeitgebers wegen Pflichtverletzung, nicht nach den CIP privilegierte Eigenkündigung des Arbeitnehmers – ist jedenfalls nicht so fernliegend, dass sie außer Betracht gelassen werden könnte.
Der vom Oberlandesgericht Frankfurt angeführte Aspekt der Vererblichkeit gebietet insoweit keine andere Beurteilung. Dabei kann es dahinstehen, ob wie das Oberlandesgericht Frankfurt meint künftige Ansprüche auf Zahlungen aus dem LTI auf die Erben des begünstigten Arbeitnehmers übergehen, wenn dieser während des Zurückbehaltungszeitraums stirbt26. Unabhängig davon, dass die Vererblichkeit einer vermögenswerten Rechtsposition weder hinreichende noch notwendige Voraussetzung für eine Berücksichtigung im Zugewinnausgleich ist, würde im vorliegenden Fall erst mit dem Tod des Arbeitnehmers endgültig feststehen, dass sein Arbeitsverhältnis nicht mehr unter den anspruchsschädlichen Voraussetzungen eines Bad Leavers enden kann. Selbst wenn man hiernach davon ausgehen wollte, dass dem Erben des verstorbenen Arbeitnehmers eine rechtlich geschützte Anwartschaft auf Zahlungen aus dem LTI nach Ablauf der Deferral Period anwächst, lässt sich daraus gerade nicht schließen, dass eine solche Rechtsposition bereits zu Lebzeiten des Arbeitnehmers am Stichtag bestanden hätte.
Schließlich kann auch nicht unbeachtet bleiben, dass keine Zahlungen aus dem LTI geleistet werden, wenn der Bonuspool während des Zurückbehaltungszeitraums wegen eines negativen Geschäftserfolgs der Bank oder des Konzerns oder wegen Nichterfüllung bestimmter Anforderungen an die Eigenkapital- oder Liquiditätsausstattung der Bank vollständig gestrichen wird. Da nach der für die Vergütungsvereinbarung gewählten rechtlichen Konstruktion in diesen Fällen der Anspruch aus dem LTI bereits nicht zur Entstehung gelangt, spricht auch dieser Umstand dafür, vor dem Ablauf der Deferral Period noch nicht von einer ausreichend verfestigten Rechtsposition auszugehen, die einer rechtlich geschützten Anwartschaft vergleichbar wäre.
- AG Offenbach am Main, Beschluss vom 02.06.2020 – 314 F 1014/19 GÜ[↩]
- OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 31.08.2022 – 5 UF 88/20[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 04.12.2013 XII ZB 534/12 FamRZ 2014, 368 Rn. 24[↩]
- vgl. Staudinger/Thiele BGB [2017] § 1374 Rn. 5[↩]
- BGBl. I S. 4270[↩]
- vgl. auch Auslegungshilfe zur Institutsvergütungsverordnung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht [Stand: 15.02.2018], veröffentlicht auf www.bafin.de, Umdruck S. 61[↩]
- BGBl. I S. 1374[↩]
- vgl. Begründung zur Verordnung über die aufsichtsrechtlichen Anforderungen an Vergütungssysteme von Instituten in der Fassung der Bekanntmachung vom 06.10.2010, Anmerkung zu den §§ 5, 6 und 8, veröffentlicht auf www.bafin.de; vgl. auch Annuß in Annuß/Früh/Hasse Institutsvergütungsverordnung Versicherungsvergütungsverordnung § 20 InstitutsVergV Rn. 6; Buscher/Hannemann/Wagner/Weigl Institutsvergütungsverordnung S. 219 f.[↩]
- BGH, Beschluss vom 04.12.2013 XII ZB 534/12 FamRZ 2014, 368 Rn. 24; vgl. auch BGH, Urteil BGHZ 146, 64 = FamRZ 2001, 278, 280[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 04.12.2013 XII ZB 534/12 FamRZ 2014, 368 Rn. 24 und BGH, Urteil vom 28.02.2007 XII ZR 156/04 FamRZ 2007, 877 Rn. 14[↩]
- vgl. BGHZ 87, 367 = FamRZ 1983, 882, 884[↩]
- vgl. BGH, Urteile vom 17.11.2010 XII ZR 170/09 FamRZ 2011, 183 Rn. 18 und BGHZ 117, 70 = FamRZ 1992, 411 ff.[↩]
- vgl. BGH, Urteil BGHZ 146, 64 = FamRZ 2001, 278, 281[↩]
- vgl. BGH Urteil vom 09.06.1983 – IX ZR 56/82 FamRZ 1983, 881 f.[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 04.12.2013 XII ZB 534/12 FamRZ 2014, 368 Rn. 26 ff.; BGHZ 68, 163 = FamRZ 1977, 386, 387[↩]
- BFH DB 2021, 2946 Rn.20 ff.[↩]
- vgl. BFH DB 2021, 2946 Rn. 24; vgl. auch BFH NJW 2007, 1230 zur Tarifermäßigung bei Aktienoptionsprogrammen mit Anreizfunktion[↩]
- vgl. Neuner Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts 13. Aufl. S. 243[↩]
- vgl. BGHZ 125, 334 = NJW 1994, 3099, 3100 mwN und BGH Urteil vom 05.01.1955 – IV ZR 154/54 NJW 1955, 544[↩]
- vgl. MünchKomm-BGB/Westermann 8. Aufl. § 449 Rn. 38 zum dinglichen Anwartschaftsrecht[↩]
- vgl. Heimann/Stabenow BB 2021, 1844, 1847; vgl. auch Löw/Glück NZA 2015, 137, 140 f.[↩]
- vgl. BAG NZA 2008, 1066 Rn. 25 ff.[↩]
- vgl. Heimann/Stabenow BB 2021, 1844, 1847[↩]
- vgl. Hauß FamRB 2023, 222, 223[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 04.12.2013 XII ZB 534/12 FamRZ 2014, 368 Rn. 27 zum Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters[↩]
- so wohl auch Annuß in Annuß/Früh/Hasse Institutsvergütungsverordnung Versicherungsvergütungsverordnung § 20 InstitutsVergV Rn. 6[↩]