Stellt ein Verfahrensbeteiligter in einer Familienstreitsache vor Einlegung der Beschwerde einen isolierten Verfahrenskostenhilfeantrag, beginnt die Frist zur Nachholung der versäumten Verfahrenshandlung (hier: Einlegung der Beschwerde) erst mit der Bekanntgabe der Entscheidung des Beschwerdegerichts über die beantragte Beiordnung eines Rechtsanwalts.

Gemäß § 113 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO setzt die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand unter anderem voraus, dass der Antragsteller die versäumte Verfahrenshandlung innerhalb der zweiwöchigen Wiedereinsetzungsfrist des § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO nachholt. Diese Frist beginnt nach § 113 Abs. 1 Satz 1 FamFG i.V.m. § 234 Abs. 2 ZPO mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist. Das ist in Fällen wie dem vorliegenden, in denen ein Verfahrensbeteiligter vorab um Verfahrenskostenhilfe für ein beabsichtigtes Rechtsmittel nachsucht, spätestens der Zeitpunkt der Zustellung des Verfahrenskostenhilfebeschlusses1. Wird die beantragte Verfahrenskostenhilfe bewilligt, ist regelmäßig der Grund, der einen mittellosen Verfahrensbeteiligten bisher daran gehindert hat, die beabsichtigte Verfahrenshandlung vorzunehmen, entfallen. Besteht für die Verfahrenshandlung allerdings Anwaltszwang, genügt die bloße Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe nicht, um das Hindernis zu beheben. Die notwendige Bevollmächtigung eines Rechtsanwalts kann der mittellose Verfahrensbeteiligte nur dann vornehmen, wenn ihm im Wege der Verfahrenskostenhilfe ein Rechtsanwalt beigeordnet wird. Nur dann ist er wirtschaftlich in der Lage, die erforderliche anwaltliche Vertretung in dem Verfahren zu erreichen.
Deshalb beginnt die Wiedereinsetzungsfrist in Verfahren, in denen sich der Beteiligte durch einen Anwalt vertreten lassen muss, erst mit der Bekanntgabe des Beschlusses, mit dem ein Rechtsanwalt beigeordnet wird2.
Danach begann im vorliegenden Fall die Wiedereinsetzungsfrist nicht bereits mit der Zustellung des die Verfahrenskostenhilfe bewilligenden Beschlusses zu laufen, sondern erst mit der nachgeholten Entscheidung über die beantragte Anwaltsbeiordnung, von der der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin mangels Zustellung dieser Entscheidung erst am 20.08.2012 Kenntnis erlangte. Gemäß § 114 Abs. 1 FamFG musste sich die Antragstellerin in dem vorliegenden Unterhaltsverfahren als einer Familienstreitsache (§ 112 Nr. 1 FamFG) auch im Beschwerdeverfahren vor dem Oberlandesgericht durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen3.
Die beabsichtigte Beschwerde gegen die amtsgerichtliche Entscheidung konnte daher von ihr erst nach der Beiordnung eines Rechtsanwalts eingelegt werden. Damit ist das Hindernis, das einer früheren Einlegung des Rechtsmittels entgegenstand, nicht schon mit der am 13.08.2012 zugestellten Entscheidung über die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe, sondern erst mit der nachträglichen Entscheidung des Beschwerdegerichts über die Anwaltsbeiordnung entfallen.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 16. Januar 2014 – XII ZB 571/12