Der Auslandsverwendungszuschlag eines zum Minderjährigenunterhalt verpflichteten Kriminalbeamten, der in einem Krisengebiet eingesetzt wird, ist nicht in voller Höhe zum unterhaltsrechtlich maßgebenden Einkommen zu rechnen1. Bei der Höhe des anrechnungsfreien Einkommens kommt es entscheidend auf die Gefährlichkeit des Einsatzes an2.

Bei der Prüfung der Frage, welche Gefährlichkeit des Einsatzes anzunehmen ist, ist eine an der Einstufung der Dienstbehörde (vgl. § 3 Abs. 1 Auslandsverwendungszuschlagsverordnung) orientierte, generalisierte und typisierende Betrachtungsweise angezeigt. Daher kann der Auslandsverwendungszuschlag zu einem Drittel zum unterhaltsrechtlich maßgeblichen Einkommen gerechnet werden, soweit der Beamte in Afghanistan, dagegen zur Hälfte, soweit er im Kosovo eingesetzt ist.
Ein Mehraufwand für die doppelte Haushaltsführung ist dann durch den Auslandsverwendungszuschlag abgedeckt, wenn die Miete angesichts der Höhe des anrechnungsfreien Zuschlag nicht erheblich ins Gewicht fällt.
In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass Auslandszuschläge, die Soldaten für ihre Beteiligung an Auslandseinsätzen in Krisen- oder Kriegsgebieten erhalten, aufgrund der mit dem Einsatz verbundenen Gefahren und Erschwernisse nur mit einem Bruchteil zum unterhaltsrelevanten Einkommen des Soldaten gezählt werden; Abschläge von 1/3 bis 1/2 werden je nach Gefahrenlage anrechnungsfrei belassen3. Diese Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof4 gebilligt: Soweit in Afghanistan wegen der erschwerenden Besonderheiten die höchste Stufe des Auslandsverwendungszuschlags gezahlt werde, so lasse bereits dieses Ausmaß der mit dem Einsatz verbundenen Belastungen es als gerechtfertigt erscheinen, dem Soldaten einen Teil des Zuschlags hierfür anrechnungsfrei zu belassen. Dies gelte um so mehr, wenn es sich um ein Einkommen aus überobligatorischer Tätigkeit handele, was dann der Fall sei, wenn eine Verpflichtung zu derartigen Einsätzen im Einzelfall nicht bestehe.
Diese Grundsätze sind auch auf den im Krisengebiet (hier: bei der EULEX-Mission im Kosovo bzw. der EUPOL-Mission in Afghanistan) eingesetzten Polizeibeamten übertragbar; auch ihm muss ein Teil der für den Einsatz geleisteten Gefahrenzulagen anrechnungsfrei belassen werden. Denn er begibt sich freiwillig in eine Situation, in der er – je nach Einsatzort – mehr oder minder mit Gefahren für Leib und Leben rechnen muss. Eine solche Tätigkeit ist, sofern der Unterhaltspflichtige dienstrechtlich nicht zu ihr verpflichtet ist, unzumutbar im Sinne Ziffer 7 der Leitlinien. Dafür gebührt ihm mithin gemäß Ziffer 7. der Leitlinien nach den Grundsätzen der Billigkeit ein unangetasteter Teil der dafür bezogenen Sonderzuwendungen, dies jedenfalls dann, wenn – wie hier – kein Mangelfall vorliegt und der Mindestunterhalt nicht gefährdet ist. Anknüpfungspunkt bildet hierbei die für die konkrete Mission in den Blick zu nehmende Gefahr nach der Auslandsverwendungszuschlagsverordnung:
Für die EUPOL – Mission hat die oberste Dienstbehörde die höchste Stufe des Auslandsverwendungszuschlages – die Stufe 6 gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 6 Auslandsverwendungszuschlagsverordnung – festgesetzt. Mit dieser Stufe werden „Extreme Belastungen … unter kriegsähnlichen Bedingungen … konkrete Gefährdung durch Kampfhandlungen, Beschuss oder Luftangriffe abgegolten“.
Bereits diese Einordnung spricht dafür, dem Kriminialbeamten mehr als die Hälfte der Sonderzuwendungen zu belassen; entgegen der Sicht der Klägerin kommt es insoweit nicht darauf an, welchen konkreten Belastungen und Gefahren gerade der Kriminialbeamte an seinem Einsatzort tagtäglich unterworfen war. Vielmehr prüft die Behörde bei der Zuordnung der Mission zu einer der sechs Belastungsstufen des § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 bereits, welcher Belastung die Teilnehmer der Mission im Einsatzgebiet und am Ort ihrer besonderen Verwendung ausgesetzt sein werden; geprüft wird die Auslandsmission in ihrer Gesamtheit und es werden die Gefahren und Risiken in einer generellen und typisierenden Betrachtung einer Einschätzung unterzogen. Die Teilnehmer einer Auslandsmission bilden eine Belastungs- und Gefahrengemeinschaft, deren einsatzbedingte Belastungen einheitlich pauschal abgegolten werden5. Nichts anderes kann daher unter dem Kriterium der „Zumutbarkeit“ für die Beteiligung an einem solchen Einsatz gelten.
Hinzu kommt hier, dass der Kriminalbeamte auch hinreichend belegt hat, dass er sich in ein Gefahrengebiet begeben hat und und dabei erhöhten Belastungen ausgesetzt war: so hat er ein Schreiben des Staatsministeriums des Inneren vorgelegt hat, in welchem die schwierigen äußeren Bedingungen vor Ort in Afghanistan das unermüdliche Engagement des Kriminialbeamten sowie seiner Tatkraft lobend hervorgehoben werden; seine Aufgabe, die Ausbildung der örtlichen Polizisten zu unterstützen, wird als „schwere Aufgabe“ bezeichnet.
Hiervon ausgehend, ist es nach Ansicht des Oberlandesgerichts Dresden insgesamt angemessen, dem Kriminalbeamten 2/3 der erhaltenen Auslandsverwendungszuschläge und Tagegelder anrechnungsfrei zu belassen.
Soweit der Kriminialbeamte für seinen Einsatz in Afghanistan Kosten einer doppelten Haushaltsführung absetzen möchte, so hat er damit keinen Erfolg:
Mehraufwendungen für einen doppelten Haushalt sind unterhaltsrechtlich nur abziehbar, wenn sowohl die Begründung als auch die Aufrechterhaltung einer doppelten Haushaltsführung beruflich notwendig ist und ein Umzug an den Beschäftigungsort nicht möglich oder nicht zumutbar ist; bei getrenntlebenden oder geschiedenen Ehegatten setzt eine Berücksichtigung in der Regel voraus, dass die Kosten niedrig sind und besondere persönliche Gründe die doppelte Haushaltsführung gerechtfertigt erscheinen lassen6. Hier hat der Kriminialbeamte zwar belegt, dass er eine Wohnung in Dresden von März 2007 an angemietet hatte, jedoch hat er keine bezifferten Wohnkosten – also doppelte Kosten – in Afghanistan nachgewiesen, so dass die Anerkennung von Kosten doppelter Haushaltsführung scheitert, ohne dass es zusätzlich darauf ankommt, ob es dem Kriminialbeamten zumutbar wäre, diese Kosten aus dem anrechnungsfrei belassenen Teil der Auslandszulagen zu bezahlen.
ür die Beteiligung an der Mission EULEX im Kosovo werden dem Kriminialbeamten die Hälfte seiner Auslandszulagen aus Auslandsverwendungszuschlag und Tagegeldern belassen
er Einsatz wurde von der Dienstbehörde mit einer Zuordnung zur Stufe 3 der Auslandsverwendungszuschlagsverordnung bewertet. Diese Stufe betrifft besondere Belastungen in Gestalt gesundheitlicher Risiken, die im Heimatland üblicherweise nicht bestehen sowie ein hohes Potential an Waffen in der Zivilbevölkerung und davon ausgehende Gefährdungen. Damit ist bei einer generellen und typisierenden Betrachtungsweise, die hier – entsprechend den obigen Ausführungen – anzustellen ist, davon auszugehen, dass diejenigen Personen, die sich an der Mission beteiligen, mit den in Stufe 3 der Auslandsverwendungszuschlagsverordnung genannten besonderen Belastungen rechnen müssen. Unabhängig davon, welche konkrete Belastung im Einzelfall entstanden ist, ist in den Blick zu nehmen, mit welchen Gefahren die Teilnahme an der Mission nach Einschätzung der Behörde verbunden ist. Hiervon ausgehend ist zu sehen, dass es sich um eine mit einem geringeren Gefahrenpotential und geringeren Erschwernissen verbundene Mission als diejenige in Afghanistan handelt, im Rahmen derer der Auslandsverwendungszuschlag der Stufe 6 gewährt wurde. Auf der anderen Seite ist der Einsatz des Kriminialbeamten im Kosovo aber freiwillig und damit überobligatorisch; dafür, dass er sich den – mit Stufe 3 eingeschätzten – Belastungen und Risiken aussetzt, gebührt ihm mithin ein anrechnungsfreier Teil der für diesen Einsatz erhaltenen besonderen Zulagen, der nach Lage der Dinge mit 1/2 angemessen, aber auch ausreichend bewertet ist.
Kosten für doppelte Haushaltsführung im Kosovo erkennt das Oberlandesgericht Dresden nicht an: Mehraufwendungen für einen doppelten Haushalt sind unterhaltsrechtlich nur abziehbar, wenn sowohl die Begründung als auch die Aufrechterhaltung einer doppelten Haushaltsführung beruflich notwendig ist und ein Umzug an den Beschäftigungsort nicht möglich oder nicht zumutbar ist; bei getrenntlebenden oder geschiedenen Ehegatten setzt eine Berücksichtigung voraus, dass die Kosten niedrig sind und besondere persönliche Gründe die doppelte Haushaltsführung gerechtfertigt erscheinen lassen6.
Hiervon ausgehend sind die Mehraufwendungen für den doppelten Haushalt des Kriminialbeamten im Kosovo unterhaltsrechtlich nicht abziehbar; denn es wird ihm für seinen Aufenthalt im Kosovo die Hälfte der hierfür erhaltenen Auslandsbezüge anrechnungsfrei belassen, d.h. er muss hieraus keinen Kindesunterhalt bestreiten; die Auslandszulagen sollen aber materielle Aufwendungen und immaterielle Belastungen der Teilnehmer der Mission abgelten. Es wäre daher nicht nachvollziehbar, wenn der Kriminialbeamte die Kosten der doppelten Haushaltsführung der minderjährigen Tochter unterhaltsrechtlich entgegenhalten könnte. Dies gilt jedenfalls dann, wenn – wie hier – die Miete im Kosovo angesichts des Umfangs der gewährten Auslandszulagen nicht so erheblich ins Gewicht fällt, dass ein Abzug angemessen wäre: 500, 00 EUR/600, 00 EUR im Verhältnis zu über 2.000, 00 EUR monatlich an anrechnungsfreien Auslandszulagen.
Oberlandesgericht Dresden, Urteil vom 10. Oktober 2013 – 22 UF 818/12
- Anschluss an BGH, Urteil vom 18.04.2012, XII ZR 73/10 [↩]
- Anschluss an OLG Frankfurt, Urteil vom 07.12 2012, 2 UF 223/09 [↩]
- vgl. OLG Schleswig, Urteil vom 29.06.2004, 8 UF 213/03, NJW-RR 2005, 3 ff.; OLG Hamm, Urteil vom 18.12.2009, NJW-RR 2010, 508 ff., 5 UF 118/09[↩]
- BGH, Urteil vom 18.04.2012 – XII ZR 73/10, FamRZ 2012, 1201 ff.[↩]
- vgl. VG Potsdam, Urteil vom 12.01.2011, 2 K 350/06, ZPR 2012, 65 ff., Rdn.20-25 m.w.N.[↩]
- vgl. Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 8. Aufl., § 1 Rdn. 143[↩][↩]