Mit der zum 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Neuregelung des § 1579 Nr. 2 BGB ist die verfestigte Lebensgemeinschaft als eigenständiger Härtegrund in das Gesetz übernommen worden. Eine Änderung der Rechtslage ist damit allerdings nicht verbunden.

Zweck der gesetzlichen Neuregelung in § 1579 Nr. 2 BGB ist es, rein objektive Gegebenheiten bzw. Veränderungen in den Lebensverhältnissen des bedürftigen Ehegatten zu erfassen, die eine dauerhafte Unterhaltsleistung unzumutbar erscheinen lassen. Entscheidend ist deswegen darauf abzustellen, dass der unterhaltsberechtigte frühere Ehegatte eine verfestigte neue Lebensgemeinschaft eingegangen ist, sich damit endgültig aus der ehelichen Solidarität herauslöst und zu erkennen gibt, dass er diese nicht mehr benötigt. Kriterien wie die Leistungsfähigkeit des neuen Partners spielen hingegen keine Rolle.
Wurde in einem vorangegangenen Abänderungsverfahren eine verfestigte Lebensgemeinschaft des Unterhaltsberechtigten rechtskräftig verneint, steht dies einer späteren Beschränkung oder Versagung des Unterhalts wegen grober Unbilligkeit nach § 1579 Nr. 2 BGB nicht entgegen, die auf neue Umstände gestützt ist. Als solche kommen insbesondere Indiztatsachen für das Erscheinungsbild der Lebensgemeinschaft in der Öffentlichkeit und ein längerer Zeitablauf in Betracht.
Schon nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum früheren Recht konnte ein länger dauerndes Verhältnis des Unterhaltsberechtigten zu einem anderen Partner zur Annahme eines Härtegrundes im Rahmen des § 1579 Nr. 7 BGB aF führen, wenn sich die Beziehung in einem solchen Maße verfestigt hatte, dass sie als eheähnliches Zusammenleben anzusehen und gleichsam an die Stelle einer Ehe getreten war. Dabei setzte die Annahme einer verfestigten Lebensgemeinschaft nicht zwingend voraus, dass die Partner räumlich zusammenlebten und einen gemeinsamen Haushalt führten, auch wenn eine solche Form des Zusammenlebens in der Regel als ein typisches Anzeichen hierfür angesehen wurde. Unter welchen Umständen – nach einer gewissen Dauer, die im Allgemeinen zwischen zwei und drei Jahren lag – auf ein eheähnliches Zusammenleben geschlossen werden konnte, ließ sich nicht allgemein verbindlich festlegen. Letztlich oblag es der verantwortlichen Beurteilung des Tatrichters, ob er den Tatbestand des eheähnlichen Zusammenlebens aus tatsächlichen Gründen für gegeben erachtete oder nicht [1].
Mit der zum 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Neuregelung des § 1579 Nr. 2 BGB ist die verfestigte Lebensgemeinschaft als eigenständiger Härtegrund in das Gesetz übernommen worden. Auch damit wird kein vorwerfbares Fehlverhalten des Unterhaltsberechtigten sanktioniert. Zweck der Vorschrift ist es vielmehr, rein objektive Gegebenheiten bzw. Veränderungen in den Lebensverhältnissen des bedürftigen Ehegatten zu erfassen, die eine dauerhafte Unterhaltsleistung unzumutbar erscheinen lassen. Auch die gesetzliche Neuregelung hat nicht festgelegt, ab wann von einer verfestigten Lebensgemeinschaft auszugehen ist, sondern ausdrücklich auf die hierzu ergangene Rechtsprechung Bezug genommen. Eine verfestigte Lebensgemeinschaft kann danach insbesondere angenommen werden, wenn objektive, nach außen tretende Umstände wie etwa ein über einen längeren Zeitraum hinweg geführter gemeinsamer Haushalt, das Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit, größere gemeinsame Investitionen wie der Erwerb eines gemeinsamen Familienheims oder die Dauer der Verbindung den Schluss auf eine verfestigte Lebensgemeinschaft nahelegen. Entscheidend ist darauf abzustellen, dass der unterhaltsberechtigte frühere Ehegatte eine verfestigte neue Lebensgemeinschaft eingegangen ist, sich damit endgültig aus der ehelichen Solidarität herauslöst und zu erkennen gibt, dass er diese nicht mehr benötigt [2]. Weitere Kriterien wie etwa die Leistungsfähigkeit des neuen Partners spielen hingegen keine Rolle. Die verfestigte Lebensgemeinschaft ist damit kein Fall der bloßen Bedarfsdeckung im Sinne von § 1577 Abs. 1 BGB. Die Belange eines gemeinschaftlichen Kindes sind allerdings im Rahmen der Kinderschutzklausel im Einleitungssatz des § 1579 BGB zu beachten.
Durch das Unterhaltsrechtsreformgesetz ist zur Frage der Beschränkung oder Versagung des nachehelichen Unterhalts wegen grober Unbilligkeit nach § 1579 BGB keine grundlegende Rechtsänderung eingetreten, die allein zu einer Abänderung des früheren Unterhaltstitels berechtigen würde [3].
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt eine verfestigte Lebensgemeinschaft im Sinne des § 1579 Nr. 2 BGB eine gewisse Dauer der neuen Verbindung voraus, die allerdings von anderen, für eine besondere Nähe der Partner sprechenden objektiven Umständen beeinflusst wird [4]. Die Dauer bis zur Annahme einer verfestigten Lebensgemeinschaft wird durch objektive, nach außen tretende Umstände, wie etwa einen über einen längeren Zeitraum hinweg geführten gemeinsamen Haushalt, das Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit oder größere gemeinsame Investitionen wie den Erwerb eines gemeinsamen Familienheims beeinflusst. Ein allein intimes Verhältnis reicht dafür nicht aus [5].
Auf dieser rechtlichen Grundlage hatte das Amtsgericht in dem Vorverfahren mit Urteil vom 25.05.2005 die Voraussetzungen für eine Beschränkung oder Versagung des Unterhalts wegen grober Unbilligkeit nach § 1579 BGB verneint. Obwohl der Beklagte schon in dem früheren Verfahren vorgetragen hatte, die Klägerin unterhalte zu ihrem Bekannten eine verfestigte Lebensgemeinschaft, hatte das Amtsgericht eine solche Feststellung nicht getroffen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme war es vielmehr davon ausgegangen, dass die Klägerin und ihr Bekannter zwar im gleichen Haus, aber in getrennten Wohnungen lebten und eigene Haushalte unterhielten. Trotz der seit Ende 2000 bestehenden Freundschaft und intimen Beziehung sei keine eheähnliche Wirtschaftsgemeinschaft bewiesen. Dabei hatte das Amtsgericht entscheidend darauf abgestellt, dass die Beziehung bewusst auf Distanz gehalten werde, wobei die Distanz auch nach außen zum Ausdruck komme [6]. Für die Voraussetzungen des „Verwirkungstatbestandes“ sei der Beklagte somit beweisfällig geblieben.
Der Beklagte hat im vorliegenden Rechtsstreit nicht lediglich die seinerzeit vorgetragenen Umstände wiederholt, sondern weitere Umstände für eine nunmehr verfestigte Lebensgemeinschaft vorgetragen. Dabei ist bereits zu berücksichtigen, dass die Klägerin jetzt mit dem Zeugen nicht nur – wie seinerzeit – viereinhalb Jahre, sondern mehr als zehn Jahre eine intime Beziehung unterhält. Wenngleich die Dauer nicht das allein entscheidende Kriterium für die Verfestigung einer Lebensgemeinschaft ist, kann sie bei der Würdigung aber nicht völlig unberücksichtigt bleiben. Hinzu kommt, dass der Beklagte unter Bezug auf einen Zeitungsbericht zu den gemeinsamen Tanzsportaktivitäten der Klägerin und ihres Bekannten weitere Umstände vorgetragen hat, die das seinerzeit noch vermisste Erscheinungsbild einer verfestigten Lebensgemeinschaft in der Öffentlichkeit zusätzlich stützen.
Für den Tatbestand des § 1579 Nr. 2 BGB, der für die Feststellung einer verfestigten Lebensgemeinschaft regelmäßig verschiedene Indiztatsachen erfordert, ist der neue Vortrag des Beklagten deswegen nicht unerheblich. Das Oberlandesgericht durfte den Einwand des Beklagten nicht als präkludiert ansehen, weil eine verfestigte Lebensgemeinschaft ohne diese neu hinzugetretenen Umstände in einem vorangegangenen Verfahren rechtskräftig abgelehnt worden war. Im Gegensatz zur Rechtsauffassung des Oberlandesgerichts führt dies nicht zu einer im Abänderungsverfahren unzulässigen Fehlerkorrektur [7]. Die Widerklage des Beklagten ist darauf gerichtet, die Zukunftsprognose für den künftigen Unterhaltsanspruch der Klägerin durch neu hinzugetretene Tatsachen zu erschüttern. Dies ist ihm im Abänderungsverfahren nach § 323 ZPO aF nicht verwehrt. Davon unabhängig könnte eine Präklusion ohnehin nicht gegenüber der für eine Übergangszeit zugesprochenen Erhöhung des Unterhalts eingreifen [8].
Das angefochtene Urteil kann deswegen keinen Bestand haben und ist auf die Revision des Beklagten aufzuheben. Das Verfahren ist nach § 563 Abs. 1 ZPO zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen, weil dem Bundesgerichtshof eine abschließende Entscheidung verwehrt ist. § 1579 Nr. 2 BGB sieht als Rechtsfolge einer verfestigten Lebensgemeinschaft des Unterhaltsberechtigten eine Billigkeitsprüfung vor, die zur Versagung, Herabsetzung oder zeitlichen Begrenzung des nachehelichen Unterhalts führen kann. Diese ist dem Tatrichter vorbehalten und kann vom Revisionsgericht nur auf Rechtsfehler überprüft werden [9].
Soweit es nach der Billigkeitsabwägung im Rahmen des § 1579 BGB noch auf Fragen der Herabsetzung und zeitlichen Begrenzung des nachehelichen Unterhalts wegen Unbilligkeit nach § 1578 b BGB ankommen sollte, bestehen gegen die weiteren Erwägungen des Berufungsgerichts keine Bedenken. Während § 1579 BGB eine Beschränkung oder Versagung des nachehelichen Unterhalts wegen grober Unbilligkeit auf der Grundlage der dort genannten Versagungstatbestände ermöglicht, regelt § 1578 b BGB eine Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung des Unterhalts nach den ehelichen Lebensverhältnissen bei abnehmender nachehelicher Solidarität und fehlendem ehebedingten Nachteil. Die beiden Begrenzungstatbestände schließen sich deswegen nicht gegenseitig aus [10].
Im Rahmen des § 1578 b BGB ist von einem Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen gemäß § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB auszugehen. Ob und in welchem Umfang eine Herabsetzung auf den angemessenen Lebensbedarf oder eine zeitliche Begrenzung nach § 1578 b BGB in Betracht kommt, ist nach tatrichterlichem Ermessen zu beurteilen, das im Revisionsverfahren nur auf Rechtsfehler überprüft werden kann [11]. Solche Fehler hat weder die Revision vorgetragen noch sind sie sonst ersichtlich.
Insoweit ist das Oberlandesgericht zutreffend davon ausgegangen, dass der Beklagte mit seinem Begehren auf Herabsetzung und zeitlicher Begrenzung des Unterhalts nach § 1578 b BGB nicht präkludiert ist. Sowohl der Vergleich als auch das spätere Urteil aus dem Jahre 2005 datieren aus einer Zeit vor der Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Herabsetzung und zeitlichen Begrenzung des nachehelichen Unterhalts und dem Inkrafttreten des Unterhaltsrechtsänderungsgesetzes. Nach der früheren höchstrichterlichen Rechtsprechung kam eine Herabsetzung und zeitliche Begrenzung nach den §§ 1573 Abs. 5, 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB aF nicht in Betracht, wenn eine lange Ehe- dauer vorlag. Das ist bei der hier bis zur Zustellung des Scheidungsantrags 20jährigen Ehe der Fall. Eine Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung kann deswegen erst auf der Grundlage der geänderten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in Betracht kommen, die nicht mehr allein auf die Ehedauer abstellt und daneben weitere Umstände, insbesondere das Vorliegen ehebedingter Nachteile, berücksichtigt [12].
Bundesgerichtshof, Urteil vom 5. Oktober 2011 – XII ZR 117/09
- BGH, Urteile vom 13.07.2011 – XII ZR 84/09, FamRZ 2011, 1498 Rn. 26 mit Anm. Maurer; BGHZ 176, 150 = FamRZ 2008, 1414 Rn. 26; BGHZ 157, 395 = FamRZ 2004, 614, 616 und BGHZ 150, 209 = FamRZ 2002, 810, 811[↩]
- BT-Drucks. 16/1830 S. 21; vgl. auch BGH, Urteile vom 13.07.2011 – XII ZR 84/09, FamRZ 2011, 1498 Rn. 27 und vom 30.03.2011 – XII ZR 3/09, FamRZ 2011, 791 Rn. 39; Wendl/Gerhardt aaO § 4 Rn. 1267; Schnitzler FF 2011, 290 f.[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 29.09.2010 – XII ZR 205/08, FamRZ 2010, 1884 Rn. 16[↩]
- vgl. auch Schnitzler FF 2011, 290, 292[↩]
- BGH, Urteil vom 13.07.2011 – XII ZR 84/09, FamRZ 2011, 1498 Rn. 27[↩]
- vgl. insoweit auch BGH, Urteil vom 30.03.2011 – XII ZR 3/09, FamRZ 2011, 791 Rn. 39[↩]
- vgl. insoweit BGH, Urteil BGHZ 185, 322 = FamRZ 2010, 1150 Rn. 17 ff.[↩]
- BGH, Urteil BGHZ 98, 353 = FamRZ 1987, 259, 262; Wendl/Schmitz Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 10 Rn.193[↩]
- BGH, Urteil vom 13.07.2011 – XII ZR 84/09, FamRZ 2011, 1498 Rn. 26[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 08.06.2011 – XII ZR 17/09, FamRZ 2011, 1381 Rn. 39[↩]
- BGH, Urteil vom 02.03.2011 – XII ZR 44/09, FamRZ 2011, 713 Rn. 14[↩]
- BGH, Urteile vom 12.04.2006 – XII ZR 240/03, FamRZ 2006, 1006[↩]