Ob die Entscheidungsbefugnis zur Beantragung einer Namensänderung nach §§ 2 und 3 NamÄndG gemäß § 1628 BGB zu übertragen ist, richtet sich danach, ob nachvollziehbare Gründe vorliegen, die unter dem Gesichtspunkt des Kindeswohls eine Antragstellung rechtfertigen und eine Namensänderung als möglich erscheinen lassen.

Bei der Entscheidung nach § 1628 BGB ist gemäß § 1697 a BGB unter Berücksichtigung der tatsächlichen Gegebenheiten und Möglichkeiten sowie der berechtigten Interessen der Beteiligten die Entscheidung zu treffen, die dem Wohl des Kindes am besten entspricht. Da es dem Kind nach einer Trennung der Eltern oft verwehrt ist, in einer intakten Familie mit Vater und Mutter als Bezugspersonen aufzuwachsen, es also einen Elternteil verliert, muss die unter den gegebenen Verhältnissen günstigste, das Kind am wenigsten belastende Lösung gefunden werden1.
Gegenstand der Sorgerechtsentscheidung ist ausschließlich die Antragstellung nach § 2 NamÄndG. Vor diesem Hintergrund stellt sich allein die Frage, welcher Prüfungsmaßstab für die Entziehung des Antragsrechts nach §§ 2, 3 NamÄndG heranzuziehen ist. Dies ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung umstritten. Das Oberlandesgericht Oldenburg vertritt in seiner Entscheidung vom 13.08.20142 die Ansicht, dass die Voraussetzungen für eine aus Gründen des Kindeswohls erforderliche Namensänderung im familiengerichtlichen Verfahren nicht abschließend zu klären ist. Ob ein wichtiger Grund für eine Namensänderung nach § 3 NamÄndG besteht, sei von der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit zu entscheiden. Das Oberlandesgericht Stuttgart prüft in seiner Entscheidung vom 11.08.20103 dagegen ohne nähere Begründung ausdrücklich § 3 NamÄndG. Das Oberlandesgericht Karlsruhe fragt in seiner Entscheidung vom 05.03.20074 wiederum allein, ob die Durchführung der Namensänderung dem Kindeswohl entspricht, geht also von zivilrechtlichen Maßstäben aus.
Die Frage, ob das Antragsrecht nach § 2 NamÄndG einem Elternteil zu übertragen ist, hat sich an zivilrechtlichen Maßstäben auszurichten. Prüfungsmaßstab nach § 1628 BGB ist nach dem Ausgeführten das Kindeswohl, nicht dagegen § 3 NamÄndG. Die Frage der Namensänderung als solche ist Teil des Verwaltungsrechts. Die Verwaltungsbehörden und -gerichte sind insofern für namensrechtliche Fragen als die sachnäheren Entscheidungsträger anzusehen.
Bei der Frage, ob die vom antragstellenden Elternteil beabsichtigte Beantragung der Namenänderung im konkreten Einzelfall dem Kindeswohl entspricht, kommt es darauf an, ob es dem Kindeswohl am besten entspricht, wenn die Frage der Namensänderung zur Überprüfung durch die dafür zuständigen Behörden und Gerichte gestellt wird, in ihrem Interesse also der vorgesehene Rechtsweg beschritten werden kann. Dieser Weg wäre von vornherein versperrt, wenn die Zivilgerichte die Übertragung der elterlichen Sorge ablehnen, weil ein Antrag nach §§ 2, 3 NamÄndG aus Sicht der Familiengerichte keinen Erfolg hat. Eine Überprüfung durch die eigentlich zuständigen Behörden würde dann nicht stattfinden. Andererseits entspricht es regelmäßig nicht dem Kindeswohl, ein von vornherein völlig aussichtloses Verfahren unter Einbeziehung der Kinder als Beteiligte einzuleiten. Entscheidend ist danach, ob nachvollziehbare Gründe vorliegen, die unter dem Gesichtspunkt des Kindeswohls eine Antragstellung rechtfertigen und eine Namensänderung als möglich erscheinen lassen.
abei wird nicht außer Acht gelassen, dass die Entscheidung der Familiengerichte einen teilweisen Entzug des Sorgerechts für den einen Elternteil darstellt, der an strengen Maßstäben zu bemessen ist. Durch die Entscheidung wird dem Antragsteller jedoch lediglich die Möglichkeit genommen, die Durchführung des Namensänderungsverfahrens zu verhindern. Auch ein gemeinsamer Wille der Eltern, einen Antrag auf Namensänderung zu stellen, bedeutet nicht mehr, als dass die Eltern davon überzeugt sind, dass eine Namensänderung dem Wohl ihrer Kinder dient. Ob die Namensänderung dagegen tatsächlich zu erfolgen hat, wird staatlicherseits nach § 3 NamÄndG geprüft und ist vom Elternwillen weitgehend unabhängig. Im Rahmen dieses Verfahrens wiederum werden wegen der strengen Anforderungen an die Namensänderung auch die Belange und Auffassungen der Eltern und somit vorliegend auch des Antragstellers berücksichtigt. Im Übrigen richtet sich auch das Verfahren bei der Prüfung des wichtigen Grundes für die Namensänderung im Sinne von § 3 NamÄndG nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts maßgeblich an Aspekten des Kindeswohls aus5. Insofern verliert der Antragsteller durch die Übertragung des Antragsrechts nach § 2 NamÄndG auf die Antragsgegnerin allein die Möglichkeit, die Einleitung des Verfahrens zu verhindern. Wenn es dann im Verwaltungsverfahren zu einer Namensänderung kommt, war es auch richtig, dass er die Einleitung des Verfahrens nicht verhindern konnte, weil die Namensänderung gerade im Interesse der Kinder liegt. Im umgekehrten Fall wiederum verliert er kaum etwas, da zwar das Verfahren durchgeführt wird, der Name aber nicht geändert wird.
Dieser Auffassung steht auch nicht die Regelung des § 1618 BGB entgegen; ein Wertungswiderspruch entsteht nicht. Ein verwaltungsrechtliches Verfahren schließt sich in diesen Fällen nicht an; § 1618 BGB ist insofern lex specialis zu § 3 NamÄndG6. Anstelle der Übertragung der Entscheidungsbefugnis in Fällen der vorliegenden Art wird dort die Einwilligung des anderen Elternteils ersetzt, was einem teilweise Sorgerechtsentzug gleichkommt7. Sie wiederum setzt voraus, dass die Namensänderung dem Wohl des Kindes entspricht. Auch in diesen Fällen wird die Frage, ob die Namensänderung dem Kindeswohl entspricht, allerdings höchstens einmal, nämlich bei der Prüfung der Ersetzung der Einwilligung, geprüft. Es ist kein Grund ersichtlich, die Prüfung in den Fällen der vorliegenden Art demgegenüber zu verdoppeln, zumal die Annahme des Namens der Stieffamilie deutlich mehr Bedeutung haben dürfte als die bloße Änderung des Namens hin zum Namen des betreuenden Elternteils. In letztgenannten Fällen findet eine namensrechtliche Integration in die neue Familie gerade nicht statt.
Nach den oben genannten Maßstäben, wonach das Antragsrecht nach § 2 NamÄndG einem Elternteil zu übertragen ist, wenn nachvollziehbare Gründe vorliegen, die unter dem Gesichtspunkt des Kindeswohls eine Antragstellung rechtfertigen und eine Namensänderung als möglich erscheinen lassen, ist der Antrag der Antragsgegnerin vorliegend begründet.
Oberlandesgericht Karlsruhe, Beschluss vom 16. Januar 2015 – 5 UF 202/14
- Erman/Döll, BGB, 14. Auflage 2014, § 1671 Rn.20 m.w.N.; Staudinger/Coester, BGB, Neubearbeitung 2009, § 1671 Rn. 155[↩]
- OLG Oldenburg, Beschluss vom 13.08.2014 – 13 UF 76/14 10 ff.[↩]
- OLG Stuttgart, Beschluss vom 11.08.2010 – 16 UF 122/10, FamRZ 2011, 305 11 ff.[↩]
- OLG Karlsruhe, Beschluss vom 05.03.2007 – 16 UF 194/06, FamRZ 2007, 2005 23, 26[↩]
- vgl. hierzu BVerwG vom 20.03.2002 – 6 C 10/01 12[↩]
- vgl. Palandt/Götz, a.a.O., § 1618 Rn. 11; OVG Nordrhein-Westfalen vom 23.04.1999 – 10 A 5687/98 7 ff., v.a. Rn. 11[↩]
- vgl. OLG Rostock vom 12.09.2006 – 11 UF 43/0612[↩]