Bei der Durchführung des Versorgungsausgleichs nach § 31 VersAusglG ist die Saldierung der in den Ausgleich einbezogenen Anrechte anhand der (korrespondierenden) Kapitalwerte vorzunehmen. Es ist grundsätzlich nicht geboten, vor der Saldierung die etwa unterschiedliche Dynamik solcher Anrechte bezogen auf den Zeitpunkt der Ausgleichsentscheidung anzugleichen.

Das Versorgungsausgleichsgesetz selbst stellt für den wertmäßigen Vergleich von Anrechten mit unterschiedlichen Bezugsgrößen nur den korrespondierenden Kapitalwert als Vergleichsgröße zur Verfügung. Dem Gesetzgeber war dabei bewusst, dass der korrespondierende Kapitalwert nur eine Hilfsgröße ist; sie führt notwendig zu Abweichungen gegenüber dem aktuellen Anrechtswert im Zeitpunkt der Ausgleichsentscheidung, die umso größer sind, je länger zu diesem Zeitpunkt das Ehezeitende zurückliegt, und die – im Vergleich der Anrechte untereinander – umso unterschiedlicher ausfallen, je unterschiedlicher die Dynamik der verschiedenen Anrechte ausgestaltet ist. Deshalb bestimmt § 47 Abs. 6 VersAusglG, dass in den dort aufgeführten Fälle des Wertvergleichs nicht nur die (korrespondierenden) Kapitalwerte, sondern auch die weiteren wertbildenden Faktoren zu berücksichtigen sind.
Die vom Gesetz hierfür genannten Anwendungsfälle führen aber zunächst den des § 31 VersAusglG gerade nicht auf. § 47 Abs. 6 VersAusglG verweist vielmehr auf Vergleichskonstellationen, in denen im Ergebnis eine Billigkeitsabwägung anzustellen ist, bei der es gegebenenfalls auf die (einer Schätzung zugängliche) Größenordnung einer durch unterschiedliche Dynamik verursachten Wertverschiebung ankommen kann, eine exakte rechnerische Angleichung aber gerade nicht erforderlich ist. Dafür ständen nämlich handhabbare Angleichungsfaktoren auch nicht zur Verfügung.
Bei § 31 VersAusglG wirkt sich dies aus, weil dort die Übertragung eines rechnerisch festgestellten Ausgleichssaldos, ähnlich dem Einmalausgleich nach altem Recht, angeordnet ist. Folgt man daher der Auffassung, eine dem Halbteilungsgrundsatz entsprechende Anwendung des § 31 VersAusglG erfordere zwingend, alle in die Saldierung einzubeziehenden Anrechte in ihrer Wertentwicklung bis zum Entscheidungszeitpunkt vergleichbar zu machen, also insbesondere eine etwa unterschiedliche Dynamik rechnerisch anzugleichen, würde dies dazu führen, dass die aus der fehlenden Kompatibilität solcher Anrechte herrührenden Probleme, deretwegen der Gesetzgeber sich mit der Reform des Versorgungsausgleichsrechts vom früheren Einmalausgleich gezielt abgewendet hat, sämtlich erneut auftreten.
Denn die wertmäßige Angleichung von Anrechten könnte nicht dabei stehen bleiben, die unterschiedliche Dynamik der Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung zu erfassen. Dafür stände immerhin in den Angleichungsfaktoren des § 3 Abs. 2 Satz 3 VAÜG a. F. (sieht man einmal darüber hinweg, dass die Vorschrift mit Ablauf des 31.08.2009 außer Kraft getreten ist) ein praktikabler Angleichungsmechanismus bereit, der sich auch für die Zeit nach 2009 mathematisch unschwer herleiten ließe. Für alle anderen Versorgungsanrechte gilt dies jedoch nicht. Ein Rückgriff auf die – ebenfalls aufgehobene – BarwertVO, deren verfassungsmäßige Tragfähigkeit schon lange vor dem 01.09.2009 mit guten Gründen bezweifelt und von der höchstrichterlichen Rechtsprechung zuletzt nur für die Übergangszeit bis zum Inkrafttreten des Versorgungsausgleichsgesetzes noch bejaht worden war, scheidet von vornherein aus. Andere Ausgleichskriterien, welche die Gerichte ohne versicherungsmathematische Feststellungen heranziehen könnten, sind nicht ersichtlich.
Unter diesen Umständen geht das Oberlandesgericht Dresden davon aus, dass der Gesetzgeber die Bewertungsunschärfen, die im Rahmen des § 31 VersAusglG bei einer Saldierung anhand der korrespondierenden Kapitalwerte entstehen, bewusst in Kauf genommen hat, weil er andernfalls die Angleichung von Anrechten mit unterschiedlicher Dynamik vor ihrer Einbeziehung in den Saldo – in Anlehnung an die vor dem 01.09.2009 geltenden Rechtsvorschriften – ohne weiteres hätte anordnen können.
Dass diese Unterlassung nicht zu im Ergebnis nicht mehr hinnehmbaren und deshalb gegebenenfalls auch verfassungsrechtlich angreifbaren Wertverschiebungen führen muss (und nach der Erfahrung des Oberlandesgerichts regelmäßig tatsächlich auch nicht führt), zeigt die Vergleichsberechnung für den vorliegenden Fall:
Zwischen dem Ehezeitende (31.07.2006) und dem Zeitpunkt der Entscheidung über den Versorgungsausgleich liegen knapp acht Jahre. Die Angleichung der in Entgeltpunkten (Ost) erlangten Anwartschaften der Beteiligten würde in Anlehnung an § 3 Abs. 2 Satz 3 VAÜG mit einem Angleichungsfaktor von 1, 0405496 erfolgen. Dadurch würde sich der auszugleichende Wertsaldo von 19.193, 02 € zum Nachteil der ausgleichsberechtigten Antragstellerin (welche die geringfügig höheren angleichungsdynamischen Anrechte hat) auf 19.091, 44 € vermindern. Diese minimale Kapitalwertdifferenz würde die auf das Rentenkonto der Antragstellerin zu übertragenden Entgeltpunkte von 3, 3588 auf 3, 3410 verringern; bezogen auf eine monatliche Rente entspricht dies einem Differenzbetrag von etwa 50 Cent.
Wertverschiebungen in dieser Größenordnung hätten den Gesetzgeber aus Sicht des Oberlandesgerichts Dresden nicht aus grundsätzlichen Erwägungen dazu veranlassen müssen, bei der Regelung des § 31 VersAusglG eine rechnerische Angleichung von Anrechten mit unterschiedlicher Dynamik trotz des Risikos anzuordnen, dass die Ausgleichsverfahren dann Gefahr laufen, von Amts wegen mit versicherungsmathematischen Ermittlungen belastet zu werden, die zeitaufwändig und teuer, im Hinblick auf das Ausgleichsergebnis nicht selten aber wirtschaftlich nahezu folgenlos wären. Vor diesem Hintergrund sieht das Oberlandesgericht sich nicht gehalten, die im Gesetz getroffene Regelung richterrechtlich nachzubessern.
Oberlandesgericht Dresden, Beschluss vom 26. Februar 2014 – 20 UF 1350/13