Teilversäumnisbeschluss in einer Streitfolgesache – Rechtsmittel gegen den Verbundbeschluss

In den Fällen des § 142 Abs. 1 Satz 2 FamFG, in denen gegen die Teilversäumnisentscheidung in einer Streitfolgesache Einspruch und gegen den Verbundbeschluss im Übrigen Beschwerde eingelegt wird, entfaltet § 143 FamFG seine Sperrwirkung im Rechtsmittelverfahren nur dann, wenn die Beschwerde gegen die nicht von der Säumnisentscheidung erfassten Teile des Verbundbeschlusses zulässig eingelegt worden ist.

Teilversäumnisbeschluss in einer Streitfolgesache – Rechtsmittel gegen den Verbundbeschluss

Nach § 142 Abs. 1 Satz 1 FamFG ist über sämtliche im Scheidungsverbund stehenden Familiensachen durch einheitlichen Beschluss zu entscheiden. Dies gilt gemäß § 142 Abs. 1 Satz 2 FamFG auch, soweit in einer verbundfähigen Streitfolgesache eine Versäumnisentscheidung zu treffen ist.

Wird in einem Verbundbeschluss inhaltlich eine auf Säumnis beruhende Teilentscheidung in einer Unterhalts- oder Güterrechtsfolgesache getroffen, steht dem säumigen Beteiligten insoweit allein der Einspruch gemäß § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG iVm § 338 ZPO zur Verfügung1, was mangels Devolutiveffekt des Einspruchs zur Folge hat, dass die betroffene Folgesache im Falle der Einlegung dieses Rechtsbehelfs bei dem Ausgangsgericht verbleibt. Dies gilt auch dann, wenn die Versäumnisentscheidung gesetzwidrig ergangen ist2. Hinsichtlich derjenigen Teile des Verbundbeschlusses, die nicht Säumnisentscheidung sind, finden demgegenüber die Rechtsmittel nach den allgemeinen Regeln statt.

Wird deshalb wie hier gegen die Teilversäumnisentscheidung in einer Streitfolgesache Einspruch und gegen den Beschluss im Übrigen Beschwerde eingelegt, wird das Verfahren zunächst in zwei getrennten Verfahrensteilen und in unterschiedlichen Instanzen fortgeführt.

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Um den Grundsatz der einheitlichen Entscheidung auch in diesen Fällen noch zur Geltung bringen zu können, bestimmt § 143 FamFG, dass zunächst vor dem Ausgangsgericht über den Einspruch und die Versäumnisentscheidung zu verhandeln und zu entscheiden ist. Auf diese Weise soll geklärt werden, ob eine Wiederzusammenführung der verschiedenen Verfahrensteile in der Rechtsmittelinstanz erfolgen kann. Das ist dann der Fall, wenn der zunächst durch Einspruch angefochtene Verfahrensteil ebenfalls in die höhere Instanz gelangt, weil auch gegen die insoweit ergangene Endentscheidung des Ausgangsgerichts Beschwerde eingelegt wird. Solange über den Einspruch und die Versäumnisentscheidung in der beim Ausgangsgericht verbliebenen Streitfolgesache nicht entschieden ist, darf das Verfahren wegen der mit der Beschwerde angegriffenen übrigen Verfahrensteile in der Rechtsmittelinstanz nicht weiter betrieben werden.

§ 143 FamFG entfaltet seine Sperrwirkung allerdings nur, wenn die nicht von der Säumnisentscheidung erfassten Teile des Verbundbeschlusses mit einer zulässigen Beschwerde angegriffen worden sind. Denn steht bereits fest, dass es aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht zu einer gemeinsamen Sachentscheidung mit dem zunächst in der ersten Instanz verbliebenen Verfahrensteil kommen kann, ist für die Anwendung des § 143 FamFG der gerade eine mögliche Wiederherstellung des Entscheidungsverbunds in der Rechtsmittelinstanz absichern soll kein Raum mehr3. Die Beschwerde muss daher fristgerecht erhoben und bezüglich des Scheidungsausspruches in einer den formalen Anforderungen des § 117 Abs. 1 Satz 1 FamFG genügenden Weise begründet werden4. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, steht § 143 FamFG einer Verwerfung der Beschwerde nicht entgegen.

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Bundesgerichtshof, Beschluss vom 29. April 2015 – XII ZB 590/13

  1. BGH, Beschlüsse vom 25.06.1986 IVb ZB 83/85 FamRZ 1986, 897; und vom 03.02.1988 IVb ZB 4/88 FamRZ 1988, 945, jeweils zu § 629 Abs. 2 Satz 2 ZPO aF[]
  2. OLG Koblenz FamRZ 2001, 1159 f.; Prütting/Helms FamFG 3. Aufl. § 143 Rn. 2; Haußleiter/Fest FamFG § 143 Rn. 2; Roßmann in Schulte-Bunert/Weinreich FamFG 4. Aufl. § 143 Rn. 3; BeckOK FamFG/Nickel [Stand: 1.04.2015] § 143 Rn. 4[]
  3. BGH, Beschluss vom 25.06.1986 IVb ZB 83/85 FamRZ 1986, 897 f.[]
  4. vgl. auch MünchKomm-ZPO/Finger 3. Aufl. § 629 Rn. 8[]