Ist der mutmaßliche Vater bereits verstorben, können auch andere leibliche Kinder zum Gentest herangezogen werden. Denn die Klärung der Abstammung ist gegenüber dem Interesse der leiblichen Kinder, mit der Sache nicht behelligt zu werden, als übergeordnet zu bewerten.

So eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Oldenburg in dem hier vorliegenden Fall einer Frau, die ihre Abstammung geklärt haben wollte. Aufgrund eines Gentests stand bei der 42-jährigen Oldenburgerin bereits fest, dass der Ehemann ihrer Mutter nicht ihr leiblicher Vater sein konnte. Auf Befragen konnte der Ehemann aber von einem Seitensprung der Mutter mit einem Dritten berichten. Dieser, so der Ehemann, dürfte der leibliche Vater der Oldenburgerin sein. Eine Genprobe konnte diesem Mann aber nicht mehr entnommen werden, denn er war bereits verstorben. Im Rahmen eines Verfahrens vor dem Familiengericht wurden daher die zwei Söhne des Mannes verpflichtet, Genmaterial abzugehen. Hiergegen riefen die beiden das Oberlandesgericht an. Die Vermutung, ihr Vater sei auch der Vater der Oldenburgerin, sei vollkommen ins Blaue hinein erfolgt. Außerdem habe die Frau sich jahrelang nicht um ihre Abstammung gekümmert. Eine Verpflichtung zur Abgabe einer Genprobe sei daher insgesamt nicht zumutbar, argumentierten die beiden Brüder.
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts Oldenburg spreche einiges dafür, dass der Verstorbene der Vater sei. So konnte ein Zeuge unter anderem über einen Brief des Verstorbenen an die Mutter berichten, der eine Vaterschaft nahelege. Die Klärung der Abstammung sei gegenüber dem Interesse der leiblichen Kinder, mit der Sache nicht behelligt zu werden, als übergeordnet zu bewerten, weil das Wissen um die eigene Herkunft von zentraler Bedeutung für das Verständnis und die Entfaltung der eigenen Individualität sei. Die Unmöglichkeit, die eigene Abstammung zu klären könne den Einzelnen erheblich belasten und verunsichern. Die beiden Brüder müssten dagegen nur einen geringen Eingriff dulden, der keine erhebliche Zeit in Anspruch nehme. Dies sei nach Meinung des Oberlandesgerichts zumutbar, das damit die Entscheidung des Amtsgerichts bestätigte.
Die beiden Brüder haben nach einem entsprechenden Hinweis des Oberlandesgerichts Oldenburg ihre Beschwerde gegen die amtsgerichtliche Entscheidung zurückgenommen.
Oberlandesgericht Oldenburg, Hinweisbeschluss vom 15. August 2017 – 4 UF 106/17
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