Verfahrenspfleger – und die Vergütung nach dem RVG

Nach § 318 FamFG gilt für die Vergütung und den Aufwendungsersatz des Verfahrenspflegers § 277 FamFG entsprechend. § 277 Abs. 1 S. 1 FamFG bestimmt, dass der Verfahrenspfleger Ersatz seiner Aufwendungen nach § 1835 BGB verlangen kann. Daneben kann er, wenn die Verfahrenspflegschaft (ausnahmsweise) berufsmäßig geführt wird, nach § 277 Abs. 2 S. 2 FamFG eine Vergütung in entsprechender Anwendung von §§ 1, 2 und 3 Abs. 1 und 2 VBVG beanspruchen.

Verfahrenspfleger – und die Vergütung nach dem RVG

Auf § 1835 Abs. 3 BGB, wonach als Aufwendung auch solche Dienste des Vormunds oder Gegenvormunds gelten, die zu seinem Gewerbe oder seinem Beruf gehören, verweist § 277 FamFG hingegen nicht.

Es ist aber allgemein anerkannt, dass § 1835 Abs. 3 BGB trotz des fehlenden Verweises auf den anwaltlichen Verfahrenspfleger anzuwenden ist. Dieser kann daher, soweit er im Rahmen seiner Bestellung Tätigkeiten erbringt, für die ein Laie in gleicher Lage vernünftigerweise einen Rechtsanwalt hinzuziehen würde, für solche Tätigkeiten eine Vergütung nach dem RVG beanspruchen.

Hat das Gericht, welches den Verfahrenspfleger bestellt hat, zugleich festgestellt, dass die Verfahrenspflegschaft in Ausübung des Berufs geführt wird, ist diese Feststellung für das Vergütungsfestsetzungsverfahren bindend1.

Der Formulierung in dem Beschluss, dass die Verfahrenspflegschaft berufsmäßig geführt wird, kommt eine solche Wirkung nicht hingegen zu. Diese Feststellung hat einen anderen Bedeutungsgehalt. Sie bewirkt, dass der anwaltliche Verfahrenspfleger überhaupt eine Vergütung beanspruchen kann, nämlich nach §§ 318, 277 FamFG in Verbindung mit den Bestimmungen des VBVG. Die Formulierung, dass die Verfahrenspflegschaft „berufsmäßig geführt wird“, trägt dem Gesetzeswortlaut des § 277 Abs. 2 S. 2 FamFG Rechnung, welcher bestimmt, dass eine Vergütung – abweichend vom gesetzlichen Leitbild, dass Verfahrenspflegschaften ehrenamtlich übernommen werden – unter dieser Voraussetzung verlangt werden kann2.

Weiterlesen:
Der nur teilweise außergerichtlich bezahlte Unfallschaden - und die Anwaltsgebühren

Davon streng zu unterscheiden ist die Feststellung, dass eine von einem Rechtsanwalt übernommenen Verfahrenspflegschaft anwaltsspezifische Tätigkeiten erfordert. Sie geht über die Feststellung, dass die Verfahrenspflegschaft berufsmäßig geführt wird, hinaus und bewirkt, dass der anwaltliche Verfahrenspfleger unabhängig von den Umständen des Einzelfalls eine Vergütung nach dem RVG beanspruchen kann. Eine Umdeutung der in dem Beschluss vom 20.09.2013 getroffenen Feststellung dahingehend, dass damit die Notwendigkeit anwaltsspezifischer Tätigkeiten festgestellt werden sollte, ist angesichts des eindeutigen Wortlauts der Formulierung nicht möglich. Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass das Amtsgericht Langen eine solche Feststellung hätte treffen wollen. Daher läge ein schützenswertes Vertrauen des Verfahrenspflegers darauf, dass ihm ungeachtet der Umstände des Einzelfalls eine Vergütung nach dem RVG gezahlt werden wird, nicht vor.

Eine für das Vergütungsfestsetzungsverfahren bindende Vorgabe, dass der Verfahrenspfleger für seine Tätigkeit als Verfahrenspfleger eine Vergütung nach dem RVG verlangen kann, gibt es damit nicht. Mithin könnte er seinem Vergütungsantrag die Gebührensätze des RVG nur dann zugrunde legen, wenn seine Tätigkeit als Verfahrenspfleger nach den Umständen des Einzelfalls von solchen Verrichtungen geprägt war, die als klassische anwaltliche Tätigkeit anzusehen sind. Dergleichen ist nicht bereits durch die Übernahme einer Verfahrenspflegschaft durch einen Rechtsanwalt indiziert. Mit der Verfahrenspflegschaft wird im Grundsatz nicht der anwaltliche Beruf, sondern ein Zweitberuf ausgeübt3. Deutlich wird dies auch darin, dass das Gericht, welches den Verfahrenspfleger bestellt, bei der Auswahl einer zum Verfahrenspfleger geeigneten Person nicht auf Rechtsanwälte oder Angehörige anderer juristischer Berufe beschränkt ist. Verfahrenspfleger kann grundsätzlich jedermann werden, wobei das Gericht nach seinem pflichtgemäßen Ermessen darüber zu entscheiden hat, wen es im konkreten Fall als Verfahrenspfleger auswählt. Zwar wird in Rechtsprechung und Literatur vertreten, dass wegen der im Unterbringungsverfahren erforderlichen Fachkenntnisse im Regelfall ein Rechtsanwalt als Verfahrenspfleger bestellt werden müsse4. Über solche Fachkenntnisse verfügen aber nicht ausschließlich Rechtsanwälte. Auch Angehörige anderer Berufsgruppen, beispielsweise Berufsbetreuer oder auch Mediziner, können sich solche Kenntnisse aneignen, insbesondere dann, wenn sie durch ihre eigene berufliche Tätigkeit mit Unterbringungsverfahren sind. Auch ist denkbar, dass das Gericht im Einzelfall bei der Bestellung eines Verfahrenspflegers einem Angehörigen des Betroffenen aufgrund seiner Kenntnisse über dessen Krankengeschichte den Vorzug gibt gegenüber einem Dritten, der möglicherweise über höheres Fachwissen verfügt. Folglich müsste hier festzustellen sein, dass der Schwerpunkt der Tätigkeit des Verfahrenspflegers in der Rechtswendung gelegen hat, also der juristischen Bewertung des von dem Gericht bei seiner Unterbringungsentscheidung zugrunde gelegten Lebenssachverhalts bzw. solcher Umstände, die sich erst nach Erlass der Entscheidung ergeben haben und den Fortbestand der Unterbringung in Frage stellen können. Im Unterbringungsverfahren nach dem NPsychKG kann dies beispielsweise in der Prüfung liegen, ob das Gericht zu Recht eine konkrete aus der Erkrankung des Betroffenen resultierende Gefahr angenommen hat, bei der Unterbringung nach dem BGB unter anderem darin, ob sich die Unterbringungsentscheidung nach den Umständen des Einzelfalls als verhältnismäßig darstellt. Nur soweit solche juristischen Bewertungen für den Verfahrenspfleger im Vordergrund stehen wäre davon auszugehen, dass ein Laie seinerseits einen Rechtsanwalt zur rechtlichen Prüfung hinzugezogen hätte.

Weiterlesen:
Vorherige außergerichtliche Tätigkeit und PKH-Gebühren im Arbeitsprozess

Im vorliegenden Fall hat der Verfahrenspfleger nur ein Gespräch mit der Betroffenen geführt, deren gesundheitliche Verfassung sich seinerzeit wieder deutlich gebessert hatte. Die Betroffene erklärte hierbei, dass eine Beschwerde gegen den Beschluss nicht erhoben werden solle. Es zeichnete sich damals ab, dass die Betroffene schon früher als ursprünglich angenommen aus dem Krankenhaus entlassen werden kann, was dann am 4.10.2012 auch der Fall war. Eine rechtliche Bewertung der Unterbringungsentscheidung hat die Betroffene von dem Verfahrenspfleger nicht verlangt. Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Verfahrenspfleger konkreten Anlass hatte, die rechtliche Bewertung des Amtsgerichts zu überprüfen. Die Erörterung mit dem Betroffenen, ob Beschwerde erhoben werden soll, reicht hierfür noch nicht, wenn nicht zugleich auch eine Bewertung der Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels von dem Verfahrenspfleger erwartet wird. Dies war hier aber nicht der Fall.

Eine Vergütung nach dem RVG kann der Verfahrenspfleger nach alledem nicht verlangen, da mit der Verfahrenspflegschaft keine anwaltstypischen Tätigkeiten verbunden waren. Einen Antrag nach dem VBVG hat er bislang nicht gestellt, sodass das Amtsgericht seinen Antrag zu Recht zurückgewiesen hat.

Landgericht Stade, Beschluss vom 31. Januar 2014 – 9 T 2/14

  1. vgl. BGH, Beschluss vom 17.11.2010 – XII ZB 244/10 = FamRZ 2011, 203[]
  2. vgl. LG Saarbrücken, Beschluss vom 15.07.2013 – 5 T 231/13[]
  3. vgl. BVerfG, Beschluss vom 07.06.2000 – 1 BvR 23/00, 1 BvR 111/00 = FamRZ 2000, 1280[]
  4. vgl. Budde in Keidel, FamFG, 17. Aufl. (2011), § 317 RdNr. 6[]
Weiterlesen:
Keine Terminsgebühr im Normenkontroll-Eilverfahren