Verfassungsbeschwerde gegen gerichtliche Entscheidungen

Die Beschwerdeführerin hat in ihrer Verfassungsbeschwerde eine Verletzung ihrer Grundrechte oder grundrechtsgleichen Rechte in einer den Begründungs- und Substantiierungsanforderungen der § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG genügenden Weise darzutun.

Verfassungsbeschwerde gegen gerichtliche Entscheidungen

Danach muss sich die Verfassungsbeschwerde mit dem zugrundeliegenden einfachen Recht sowie mit der verfassungsrechtlichen Beurteilung des vorgetragenen Sachverhalts auseinandersetzen und hinreichend substantiiert darlegen, dass eine Grundrechtsverletzung möglich erscheint1. Richtet sich die Verfassungsbeschwerde gegen eine gerichtliche Entscheidung, bedarf es in der Regel einer ins Einzelne gehenden argumentativen Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung und ihrer konkreten Begründung. Dabei ist auch darzulegen, inwieweit das bezeichnete Grundrecht durch die angegriffene Entscheidung verletzt sein soll und mit welchen verfassungsrechtlichen Anforderungen sie kollidiert2.

Richtet sich eine Verfassungsbeschwerde gegen gerichtliche Entscheidungen, so zählt zu den Anforderungen an die hinreichende Begründung auch die Vorlage der angegriffenen Entscheidungen und derjenigen Schriftstücke, ohne deren Kenntnis sich die Berechtigung der geltend gemachten Rügen nicht beurteilen lässt, zumindest aber deren Wiedergabe ihrem wesentlichen Inhalt nach, da das Bundesverfassungsgericht nur so in die Lage versetzt wird, zu beurteilen, ob die Entscheidungen mit dem Grundgesetz in Einklang stehen3.

Diesen Anforderungen genügte die hier entschiedene Verfassungsbeschwerde nicht:

Zum einen hat die Beschwerdeführerin versäumt, eine Vielzahl von für die verfassungsrechtliche Prüfung unverzichtbaren Unterlagen vorzulegen oder ihrem wesentlichen Inhalt nach wiederzugeben. Es handelt sich dabei um diejenigen Unterlagen, auf die das Oberlandesgericht maßgeblich seine Einschätzung zur fehlenden Erziehungsfähigkeit der Beschwerdeführerin stützt, das sind vor allem der Abschlussbericht der Eltern-Kind-Einrichtung, der Bericht der Bereitschaftspflegestelle, die Meldung des Jugendamts, auf Grund derer das Sorgerechtsverfahren eingeleitet wurde, sowie die Jugendamtsberichte vom 28.02.und 6.06.2019.

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Darüber hinaus setzt sich die Beschwerdeführerin nicht mit dem tragenden Argument der angegriffenen Entscheidung, dass zwar mit der aktuellen Betreuungssituation des Kindes keine Kindeswohlgefährdung verbunden, bei Ausübung des Sorgerechts durch die Beschwerdeführerin aber jederzeit mit einer eigenmächtigen Herausnahme des Kindes aus dem Haushalt der Pflegemutter zu rechnen sei, nicht auseinander. Soweit die Beschwerdeführerin bemängelt, dass das Oberlandesgericht auf den Vorschlag zur begleiteten Elternschaft „in keiner Weise eingegangen sei“, trifft das nicht zu. Das Oberlandesgericht hat ausgeführt, dass es diesen Vorschlag nicht näher in Erwägung gezogen hat, weil Zweifel an der Einsicht der Beschwerdeführerin in ihre dauerhafte Unterstützungsbedürftigkeit und an ihrer Mitwirkungsbereitschaft bestünden. Auch mit diesem Argument setzt sich die Beschwerdeführerin nicht auseinander. Die bloße Wiederholung, dass sehr wohl die Bereitschaft zur Annahme jeglicher, für einen Verbleib des Kindes bei der Beschwerdeführerin notwendigen Hilfen bestünde, vermag für sich genommen die Möglichkeit eines Verfassungsverstoßes der gerichtlichen Entscheidung, die auf der entgegen gesetzten Annahme beruht, nicht zu begründen.

Eine Verletzung der von der Beschwerdeführerin als beeinträchtigt geltend gemachten Grundrechte liegt auch nicht derart auf der Hand4, dass ausnahmsweise auf die aus § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG folgenden Anforderungen an die Begründung einer Verfassungsbeschwerde verzichtet werden könnte. Ohne Kenntnis des Inhalts der vorbezeichneten Unterlagen, deren Vorlage unterblieben ist, kann eine Grundrechtsverletzung durch den angegriffenen Beschluss nicht umfassend geprüft werden.

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Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 10. Dezember 2019 – 1 BvR 2214/19

  1. BVerfGE 89, 155, 171[]
  2. vgl. BVerfGE 88, 40, 45; 99, 84, 87; 101, 331, 345; 108, 370, 386 f.[]
  3. vgl. BVerfGE 93, 266, 288; 129, 269, 278[]
  4. vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 24.08.2010 – 1 BvR 1584/10, Rn. 3[]