Hat das Beschwerdegericht die Rechtsbeschwerde wegen einer Rechtsfrage zugelassen, die allein für einen eindeutig abgrenzbaren Teil des Verfahrensstoffs von Bedeutung ist, kann die gebotene Auslegung der Entscheidungsgründe ergeben, dass die Zulassung der Rechtsbeschwerde auf diesen Teil des Verfahrensstoffs beschränkt ist1.

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde gegen eine Beschwerdeentscheidung zum Versorgungsausgleich kann wirksam auf die Teilung eines oder mehrerer Versorgungsanrechte beschränkt werden, wenn nicht besondere Gründe die Einbeziehung sonstiger Anrechte zwingend erfordern2.
Eine Beschränkung der Zulassung der Rechtsbeschwerde muss nicht in der Beschlussformel angeordnet sein, sondern kann sich auch aus den Entscheidungsgründen ergeben, wenn sie sich diesen mit der erforderlichen Eindeutigkeit entnehmen lässt. Hat das Beschwerdegericht die Rechtsbeschwerde wegen einer Rechtsfrage zugelassen, die allein für einen eindeutig abgrenzbaren Teil des Verfahrensstoffs von Bedeutung ist, kann die gebotene Auslegung der Entscheidungsgründe ergeben, dass die Zulassung der Rechtsbeschwerde auf diesen Teil des Verfahrensstoffs beschränkt ist3. So liegt der Fall auch hier. Das Beschwerdegericht hat die Rechtsbeschwerde in den Entscheidungsgründen „im Hinblick auf die weiterhin ausstehende höchstrichterliche Klärung der Frage zugelassen, welche Rechnungsgrundlagen dem im Wege einer internen Teilung zu begründenden Anrecht des ausgleichsberechtigten Ehegatten zu Grunde zu legen“ seien. Damit hat das Beschwerdegericht zum Ausdruck gebracht, dass es eine die Zulassung der Rechtsbeschwerde gebietende Grundsatzbedeutung (§ 70 Abs. 2 Nr. 1 FamFG) der Sache nur wegen solcher Rechtsfragen erblickte, die sich im Zusammenhang mit der Überprüfung der Teilungsordnung des D. Lebensversicherungsvereins am Maßstab gleichwertiger Teilhabe nach § 11 Abs. 1 VersAusglG gestellt haben.
Die Zulassung der Rechtsbeschwerde kann auf einen tatsächlich und rechtlich selbständigen Teil des gesamten Verfahrensstoffs beschränkt werden, der Gegenstand einer Teil- oder Zwischenentscheidung sein oder auf den der Rechtsbeschwerdeführer selbst sein Rechtsmittel beschränken könnte. Weil nach neuem Versorgungsausgleichsrecht alle Versorgungsanrechte grundsätzlich unabhängig voneinander auszugleichen sind, wird in den meisten Fällen eine auf einzelne Anrechte beschränkte Teilanfechtung der Versorgungsausgleichsentscheidung und dementsprechend auch eine auf einzelne Anrechte beschränkte Teilzulassung einer Rechtsbeschwerde möglich sein.
Für eine auf einzelne Anrechte beschränkte Teilanfechtung der Versorgungsausgleichsentscheidung und dementsprechend auch für eine Teilzulassung der Rechtsbeschwerde ist allerdings dann kein Raum, wenn und soweit besondere Gründe die Einbeziehung sonstiger Anrechte in die Entscheidung des Rechtsmittelgerichts zwingend gebieten4. Von einer solchen – die Teilanfechtung und Teilzulassung ausschließenden – notwendigen wechselseitigen Abhängigkeit der im Versorgungsausgleich einzubeziehenden Versorgungsanrechte kann insbesondere dann ausgegangen werden, wenn bei einer Härtefallprüfung nach § 27 VersAusglG eine Gesamtwürdigung vorzunehmen ist5.
Gemessen daran hat das Beschwerdegericht im hier entschiedenen Fall zwar zutreffend angenommen, dass die Erstbeschwerde der Antragstellerin nicht wirksam auf deren Anrechte der privaten Invaliditätsversorgung bei der A. Lebensversicherung beschränkt werden konnte, obwohl ihr Begehren in der Beschwerdeinstanz ausdrücklich nur darauf gerichtet war, einen Ausgleich dieser beiden Anrechte zugunsten des Antragsgegners wegen grober Unbilligkeit nach § 27 VersAusglG auszuschließen. Denn zur Beurteilung der Frage, ob ein Ausgleich der von der Antragstellerin erworbenen Anrechte der privaten Invaliditätsversorgung gemäß § 27 VersAusglG zu unterbleiben hatte, war eine Gesamtwürdigung anzustellen, in die auch die Versorgungssituation der Antragstellerin einzubeziehen war. Im Rahmen der Billigkeitserwägung nach § 27 VersAusglG konnte es deshalb auch darauf ankommen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Antragstellerin im Versorgungsausgleich an den von dem Antragsgegner erworbenen Gegenanrechten teilhaben konnte. Mit Recht hat das Beschwerdegericht daher angenommen, dass ihm im Beschwerdeverfahren auch der Wertausgleich hinsichtlich der von dem Antragsgegner erworbenen Anrechte der gesetzlichen Rentenversicherung und der – vom Amtsgericht übersehenen – betrieblichen Direktversicherung angefallen war und die Entscheidung des Amtsgerichts insoweit zugunsten der Antragstellerin abgeändert werden konnte.
Diese Erwägungen zur wechselseitigen Abhängigkeit lassen sich entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde aber nicht spiegelbildlich auf die verfahrensrechtliche Situation übertragen, die nunmehr im Rechtsbeschwerdeverfahren zu beurteilen ist. Eine Billigkeitskorrektur auf der Grundlage der Härteklausel des § 27 VersAusglG kann in Bezug auf das einzelne Versorgungsanrecht niemals dazu führen, dem Ausgleichsberechtigten eine über die Halbteilung hinausgehende, erhöhte Teilhabe am ehezeitlich erworbenen Anrecht des Ausgleichspflichtigen zu gewähren6. Eine Abänderung der Beschwerdeentscheidung zu Lasten der Antragstellerin kommt im Hinblick auf das für die beteiligten Ehegatten geltende Verschlechterungsverbot für Rechtsmittelführer im Versorgungsausgleichsverfahren7 von vornherein nicht in Betracht. Für die Entscheidung über die Teilhabe der Antragstellerin an dem betrieblichen Gegenanrecht des Antragsgegners bedarf es deshalb unter keinem denkbaren Gesichtspunkt einer Gesamtwürdigung der Verhältnisse, die nach Vorstellung der Antragstellerin eine Anwendung der Härteklausel des § 27 VersAusglG zu ihren Gunsten rechtfertigen sollen. Unter den hier obwaltenden Umständen kann dieses Anrecht somit Gegenstand einer wirksamen Teilanfechtung oder einer wirksamen Teilzulassung sein.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 23. September 2020 – XII ZB 250/20
- im Anschluss an BGH, Beschluss vom 27.02.2019 – XII ZB 183/16 , FamRZ 2019, 785[↩]
- im Anschluss an BGH, Beschluss vom 03.02.2016 – XII ZB 629/13 , FamRZ 2016, 794[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 27.02.2019 – XII ZB 183/16 , FamRZ 2019, 785 Rn. 12 mwN[↩]
- vgl. BGH, Beschlüsse vom 13.04.2016 – XII ZB 44/14 , FamRZ 2016, 1062 Rn. 15; und vom 03.02.2016 – XII ZB 629/13 , FamRZ 2016, 794 Rn. 7[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 03.02.2016 – XII ZB 629/13 , FamRZ 2016, 794 Rn. 7[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 19.06.2013 – XII ZB 633/11 , FamRZ 2013, 1362 Rn. 10[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 11.09.2019 – XII ZB 627/15 , FamRZ 2019, 1993 Rn. 34 mwN[↩]
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