Vollstreckbarerklärung einer ausländischen Umgangsentscheidung – und die Rechtsbeschwerde

Eine nach § 28 IntFamRVG im Verfahren der Vollstreckbarerklärung einer ausländischen Umgangsrechtsentscheidung statthafte Rechtsbeschwerde ist nur zulässig, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert. Der Beschwerdeführer muss den Zulassungsgrund bzw. die Zulassungsvoraussetzungen nicht nur benennen, sondern auch zu den jeweiligen Voraussetzungen substantiiert vortragen1.

Vollstreckbarerklärung einer ausländischen Umgangsentscheidung – und die Rechtsbeschwerde

Die Rechtsbeschwerde ist zwar gemäß §§ 1 Nr. 2, 28 IntFamRVG, Art. 26 KSÜ, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO ohne Zulassung statthaft, da die Russische Föderation und Deutschland Vertragsstaaten des Haager Übereinkommens über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung, Vollstreckung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung und der Maßnahmen zum Schutz von Kindern vom 19.10.1996 (Kinderschutzübereinkommen – KSÜ)2 sind. Die Rechtsbeschwerde ist aber unzulässig, wenn die Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind.

Gemäß § 28 IntFamRVG findet gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof nach Maßgabe des § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO statt. Nach § 29 Satz 1 IntFamRVG ist § 575 Abs. 1 bis 4 ZPO entsprechend anzuwenden. Gemäß § 575 Abs. 3 Nr. 2 ZPO muss die Begründung der Rechtsbeschwerde in den Fällen des § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO, also wenn die Rechtsbeschwerde – wie hier – aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Bestimmung statthaft ist, eine Darlegung zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO enthalten.

Weiterlesen:
Rechtsbeschwerde in Unterbringungssachen

Nach § 574 Abs. 2 ZPO ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

  • die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1) oder
  • die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbechwerdegerichts erfordert (Nr. 2).

Der Beschwerdeführer muss den Zulassungsgrund bzw. die Zulassungsvoraussetzungen nicht nur benennen, sondern auch zu den jeweiligen Voraussetzungen substantiiert vortragen3.

Diesen Anforderungen wurde in dem hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall die Rechtsbeschwerdebegründung des Antragstellers nicht gerecht:

Die Rechtsbeschwerde trägt zwar vor, dass das Oberlandesgericht gegen seine Amtsermittlungspflicht aus § 26 FamFG verstoßen habe, weil es ohne deutsche Übersetzung der von der Antragsgegnerin am 2.01.2019 vorgelegten russischen Rechtsmittelentscheidung entschieden habe. Sie macht geltend, darin liege eine Verletzung des Anspruchs des Antragstellers auf Gewährung rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 Abs. 1 GG sowie des fair-trial-Grundsatzes, was den Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO) begründe.

Damit ist aber ein Zulassungsgrund nicht in der erforderlichen Art und Weise dargelegt. Zum einen ergibt sich eine Verletzung von Verfahrensgrundrechten nicht aus dem Vorbringen des Antragstellers in der Rechtsbeschwerdebegründung, da er selbst ausführt; vom Oberlandesgericht auf die beabsichtigte Zurückweisung und deren Begründung hingewiesen worden zu sein. Daher hatte er auch nach seiner Darstellung ausreichend Gelegenheit, sich zu äußern und einer unrichtigen Feststellung des Oberlandesgerichts zum Inhalt der russischen Rechtsmittelentscheidung entgegenzutreten. Zum anderen teilt der Antragsteller – der schon nicht geltend macht, es sei Vortrag von ihm übergangen worden – auch nicht mit, an welchem Vortrag er aufgrund eines seine Verfahrensgrundrechte verletzenden gerichtlichen Vorgehens gehindert worden sein soll4. Vielmehr stellt er nach wie vor nicht in Abrede, dass die Entscheidung des russischen Rechtsmittelgerichts den von der Antragsgegnerin dargestellten Inhalt – nämlich die Zurückweisung seines Rechtsmittels hatte, obwohl ihm als Russisch Sprechendem der Inhalt dieser Entscheidung bekannt ist.

Weiterlesen:
Die (Nicht-)Zulassung einer unstatthaften Beschwerde

Ein Zulassungsgrund war für den Bundesgerichtshof im Übrigen auch nicht ersichtlich. Vielmehr lässt die angefochtene Entscheidung schon keinen Rechtsfehler erkennen und verstößt insbesondere nicht gegen § 26 FamFG iVm §§ 14 Nr. 2, 10 IntFamRVG.

Gemäß § 26 FamFG hat das Gericht von Amts wegen die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen. Über Art und Umfang seiner Ermittlungen entscheidet grundsätzlich der Tatrichter nach pflichtgemäßem Ermessen. Dem Rechtsbeschwerdegericht obliegt lediglich die Kontrolle auf Rechtsfehler, insbesondere die Prüfung, ob die Tatsachengerichte alle maßgeblichen Gesichtspunkte in Betracht gezogen haben und die Würdigung auf einer ausreichenden Sachaufklärung beruht5. Auch wenn im Rahmen des Amtsermittlungsverfahrens – anders als bei Geltung des § 138 Abs. 3 ZPO – das Fehlen eines Bestreitens nicht dazu führt, dass eine Tatsache als zugestanden anzusehen ist (vgl. auch § 29 Abs. 1 Satz 2 FamFG), kann der Tatrichter im Einzelfall von einer weiteren Beweisaufnahme absehen, wenn ersichtlich ist, dass der schweigende Beteiligte die Richtigkeit einer Tatsachenbehauptung einräumen wollte und sich hiergegen auch seitens des Gerichts keine Bedenken ergeben6.

Nach diesen rechtlichen Maßgaben war das Oberlandesgericht im vorliegenden Einzelfall nicht verpflichtet, die russische Rechtsmittelentscheidung ins Deutsche übersetzen zu lassen. Die Antragsgegnerin hatte sie dem Amtsgericht in Kopie vorgelegt und als Tenor die vollständige Bestätigung der das Umgangsrecht neu regelnden erstinstanzlichen Entscheidung vom 14.06.2018 mitgeteilt. Dem hat der – vor dem Amtsgericht anwaltlich vertretene – Russisch sprechende Antragsteller weder in erster Instanz noch mit seiner Beschwerde oder auf den Hinweisbeschluss des Oberlandesgerichts hin widersprochen, was aber in dieser streitig geführten Sache bei einem hiervon aus Sicht des Antragstellers abweichenden Inhalt der russischen Rechtsmittelentscheidung in jedem Fall zu erwarten gewesen wäre. Bei dieser Sachlage durfte das Oberlandesgericht ohne weiteres davon ausgehen, dass die Antragsgegnerin den Inhalt der Entscheidung zutreffend dargestellt hatte.

Weiterlesen:
Die Unterbringung eines behandlungsverweigernden Betreuten

Soweit die Rechtsbeschwerde Verletzungen der durch Art. 6 Abs. 1 Satz 1 und Art. 8 EMRK garantierten Rechte des Antragstellers mit der Begründung geltend macht, das Amtsgericht habe nicht binnen angemessener Frist über seinen Antrag auf Vollstreckbarerklärung entschieden, ist dies für die vorliegende Entscheidung ohne Belang. Daher bedarf keiner näheren Erörterung, dass allein aus der Verfahrensdauer nicht auf eine Rechtsverletzung geschlossen werden kann.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 11. November 2020 – XII ZB 318/20

  1. im Anschluss an BGH, Beschluss vom 25.07.2012 – XII ZB 170/11 FamRZ 2012, 1561[]
  2. BGBl.2009 – II S. 602, 603[]
  3. BGH, Beschluss vom 25.07.2012 – XII ZB 170/11 , FamRZ 2012, 1561 Rn. 8 f. mwN[]
  4. vgl. etwa BGH, Beschluss vom 12.02.2020 – XII ZB 445/19 , NJW-RR 2020, 573 Rn. 14 und BGH Beschluss vom 11.02.2003 – XI ZR 153/02 FamRZ 2003, 1005 mwN[]
  5. vgl. etwa BGH, Beschluss vom 29.04.2020 – XII ZB 242/19 , FamRZ 2020, 1300 Rn. 16 mwN; vgl. auch BGH, Beschluss vom 24.05.2017 – XII ZB 337/15 FamRZ 2017, 1209 Rn. 14[]
  6. vgl. etwa Keidel/Sternal FamFG 20. Aufl. § 26 Rn. 14; Zöller/Feskorn ZPO 33. Aufl. § 26 FamFG Rn. 2[]