Die wechselseitigen Ansprüche der Ehegatten auf Zugewinnausgleich sind sowohl nach allgemeinen Regeln als auch nach dem Verständnis der konkreten Ansprüche aus dem Güterrecht rechtlich jeweils selbständig zu beurteilen und können insbesondere auch hinsichtlich ihrer Verjährung ein grundsätzlich selbständiges Schicksal haben. Insoweit kommt eine Hemmung der Verjährung des Leistungsanspruchs des einen Ehegatten aufgrund der früheren gerichtlichen Geltendmachung des gegenläufigen Leistungsanspruches des anderen Ehegatten nicht in Betracht.

Die Verjährungsfrist für Ansprüche aus dem Güterrecht beträgt gemäß § 195 BGB drei Jahre. Sie beginnt gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluß des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis erlangt. Der Anspruch auf eine Zugewinnausgleichsforderung entsteht gemäß § 1378 Abs. 3 Satz 1 BGB mit dem Ende des Güterstandes, im Streitfall also mit Rechtskraft der Scheidung am 19.09.2016.
Mithin begann die Verjährungsfrist im Streitfall am 1.01.2017 und lief regulär mit dem 31.12.2019 ab, so dass die erst Anfang 2020 in Form eines Antrages auf einen Mahnbescheid erfolgte Geltendmachung durch den Antragsteller nur dann nicht verfristet war, wenn der Lauf der Verjährungsfrist zuvor bereits anderweitig zeitweilig gehemmt war.
Dabei sind allerdings im vorliegenden Fall die Beteiligten wie auch das Amtsgericht hinsichtlich der erneuten Verjährungshemmung durch den dieses Verfahren einleitenden Antrag auf Mahnbescheid durchgängig von einem falschen maßgeblichen Zeitpunkt ausgegangen, wenn sie auf den Erlass bzw. die Zustellung des Mahnbescheides abgestellt haben, worauf das Oberlandesgericht die Beteiligten vorab u.a. hingewiesen hat.
Denn § 167 ZPO bestimmt insofern, dass in Fällen, in denen durch eine Zustellung die Verjährung gemäß § 204 BGB gehemmt werden soll, diese Wirkung bereits mit Eingang des Antrages eintritt, wenn die Zustellung „demnächst“ erfolgt; noch weitergehend regelt § 691 Abs. 3 ZPO sogar für den Fall der Zurückweisung eines Mahnbescheides (aus formellen oder inhaltlichen Gründen), dass zur Fristwahrung für die Verjährungshemmung der Zeitpunkt der Einreichung des zurückgewiesen Antrages selbst dann noch maßgeblich bleibt, wenn binnen Monatsfrist nach Zustellung der Zurückweisung Klage eingereicht und diese wiederum „demnächst“ zugestellt wird.
Im Streitfall hat das Mahngericht – inhaltlich völlig zutreffend – die ursprüngliche pauschale und nicht weiter konkretisierte Bezeichnung des Anspruchs als „sonstigen familienrechtlichen Anspruch“ durch Zwischenverfügung moniert, was zur alsbaldigen Korrektur der Angabe als „Forderung aus Zugewinnausgleich“ führte.
Auch derartige – eindeutig aus der Sphäre des Antragstellers stammende – Verzögerungen der Zustellung sind nach der Rechtsprechung allerdings nur dann für die Annahme einer „demnächst“ erfolgten Zustellung schädlich, wenn sie dazu führen, dass sich die Zustellung um mehr als vierzehn Tage im Vergleich zu dem ohnehin erforderlichen Zeitraum verzögert1.
Im Streitfall ist auf den in seiner ursprünglichen Form am 9.01.2020 eingereichten Antrag hin der Mahnbescheid nach der zwischenzeitlichen Korrektur am 21.01.2020 erlassen und am 24.01.2020 zugestellt worden; dies bedeutet aber, dass die dem Antragsteller zuzurechnende Verzögerung allenfalls die Zeit von der Monierung am 10.01.bis zum Erlass am 21.01.2020 umfaßt, also 11 Tage. Mithin ist – bereits ohne dass es weiter auf etwa aus der Regelung in § 691 Abs. 3 ZPO herzuleitende Folgen in derartigen Fällen ankäme – im Streitfall von einer „demnächst“ erfolgten Zustellung ausgehen, so dass eine etwaige (weitere) Verjährungshemmung bereits am 9.01.2020 eingetreten wäre. Folglich bedarf es dafür, dass durch den Mahnbescheidantrag die Verjährungsfrist erneut unterbrochen werden konnte, lediglich einer früheren Verjährungshemmung im Umfang von neun Tagen.
Auf Grundlage der amtsgerichtlichen Annahme einer Hemmung der Verjährung eines Zugewinnausgleichsanspruches des Antragstellers vom 20.02.bis zum 8.03.2019, also über 16 Tage, wäre die Verjährungsfrist somit im Zeitpunkt der erneuten Hemmung durch den Antrag auf einen Mahnbescheid noch nicht abgelaufen gewesen.
Zu einer derartigen Verjährungshemmung – auch nur im tatsächlich erforderlichen Umfang von neun Tagen – war es vor dem 31.12.2019 jedoch nicht gekommen.
Unzutreffend ist wiederum (nur) die Begründung, mit der das Amtsgericht unter Hinweis auf den durch die Rücknahme eingetretenen rückwirkenden Wegfall der Rechtshängigkeit die Annahme des Antragstellers zurückgewiesen hat, aufgrund der Geltendmachung eines Zugewinnausgleichsanspruchs durch die Antragsgegnerin im Scheidungsverbund sei eine gemäß § 204 Abs. 2 BGB sechs Monate nach Antragsrücknahme fortwirkende Hemmung der Verjährung eingetreten. Der rückwirkende Wegfall der Rechtshängigkeit hat auf die Frage der Verjährungshemmung allerdings keine Auswirkung, die nach ausdrücklicher Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes2 auch unabhängig von einer späteren Rücknahme eintritt.
Jedoch geht die besagte Annahme des Antragstellers deswegen schon im Ansatz fehl, weil dabei fälschlich von einem einheitlichen Anspruch aus dem Güterrecht ausgegangen wird, statt nach den unterschiedlichen Ansprüchen der jeweiligen Ehegatten zu differenzieren. Die Hemmung der Verjährung eines Anspruches gemäß § 204 BGB wirkt nämlich ausschließlich hinsichtlich des Streitgegenstands der Klage (bzw. im familiengerichtlichen Verfahren des Antrages) zwischen dem klagenden Gläubiger und dem beklagten Schuldner3. Der im Scheidungsverbund rechtshängig gewordene und später vor mündlicher Verhandlung darüber zurückgenommene Stufenantrag der Antragsgegnerin betraf jedoch allein deren Ausgleichsanspruch gegenüber dem Antragsteller, nicht jedoch den – vorliegend aber allein gegenständlichen – Ausgleichanspruch des Antragstellers gegenüber der Antragsgegnerin, auf den er keinerlei verjährungsbezogene Wirkung entfalten konnte. Diese beiden unterschiedlichen Ansprüche auf Zugewinnausgleich sind aber sowohl nach allgemeinen Regeln als auch nach dem Verständnis der konkreten Ansprüche aus dem Güterrecht rechtlich jeweils selbständig zu beurteilen und können insbesondere auch hinsichtlich ihrer Verjährung ein grundsätzlich selbständiges Schicksal haben4.
Insofern ist es auch für sich unerheblich, dass nach § 1378 BGB ein Zugewinnausgleichsanspruch nur jeweils in (höchstens) einer „Richtung“ bestehen kann, der Anspruch des einen Ehegatten also stets rechnerisch den Zugewinn beider Ehegatten in einer Berechnung verbindet und das Bestehen eines eigenen Ausgleichsanspruchs damit zwingend zugleich die Negation eines gegenläufigen Ausgleichsanspruches bedeutet. Denn selbst wenn man in diesem Sinne in dem Antrag eines Ehegatten auf Zahlung eines Zugewinnausgleichs an sich einen immanenten Antrag auf Feststellung des Nichtbestehens eines entgegengesetzten Zugewinnausgleichsanspruches des anderen Ehegatten sehen wollte, hätte dies nicht eine Verjährungsunterbrechung auch für letzteren Anspruch zur Folge. Denn nach ausdrücklicher Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes wird die Verjährung (auch nach neuem Recht) für einen eigenen Leistungsanspruch selbst weder durch entgegen gerichtete negative Feststellungsklage des vermeintlichen Schuldners noch durch die aktive Verteidigung des Gläubigers gegen eine solche Klage gehemmt5.
Das hier dargestellte Ergebnis zur gesonderten Behandlung der Verjährung hinsichtlich der wechselseitigen Ansprüche aus dem Güterrecht kann im übrigen sehr konkret etwa auch dem Beschluss des Bundesgerichtshofes vom 31.01.20186 entnommen werden; in dem dort zugrundeliegenden Fall war ein Zugewinnausgleichsanspruch erst unmittelbar vor Ablauf der Verjährungsfrist anhängig gemacht worden, so dass nur hinsichtlich des entsprechenden Anspruchs des dortigen Antragstellers die Verjährung gehemmt war – der BGH mußte dort insofern sogar hinsichtlich des gegenläufigen Auskunftsanspruch der Antragsgegnerseite, den das Oberlandesgericht ebenso wie den entsprechenden Zahlungsanspruch als verjährt angesehen hatte, gesondert herausarbeiten und begründen, dass mit der Verjährungshemmung zugunsten des Antragstellers zugleich auch isoliert (nur) hinsichtlich dieses (Gegen-) Auskunftsanspruchs eine Verjährungshemmung eingetreten ist.
Insoweit kommt eine Hemmung der Verjährung des im vorliegenden Verfahren gegenständlichen Leistungsanspruch des Antragstellers aufgrund der früheren gerichtlichen Geltendmachung eines Leistungsanspruches der Antragsgegnerin von vornherein nicht in Betracht.
Oberlandesgericht Celle, Beschluss vom 8. Juni 2021 – 10 UF 222/20
- vgl. Zöller/Greger, ZPO § 167 Rz. 11 m.w.N.[↩]
- BGH Urteil vom 28.09.2004 – IX ZR 155/03, BGHZ 160, 259, Tz. 12[↩]
- vgl. grundlegend etwa Palandt/Ellenberger, BGB § 204 Rz. 4 ff. auch m.w.N.[↩]
- Palandt/Brudermüller, BGB § 1378 Rz. 10, Schwab/Ernst/Volker, Scheidungsrecht, S. 15, Rn. 292[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 15.08.2012 – XII ZR 86/11 , NJW 2012, 3633 ff = MDR 2012, 1365 = juris, Leitsatz und Tz. 27 m.w.N. auch zur der Rechtsprechung nach „alten“ Recht[↩]
- BGH, Beschluss vom 31.01.2018 – XII ZB 175/17 , FamRZ 2018, 581 ff. = MDR 2018, 528 f.[↩]