Die Schiedsklausel ist nach § 1040 Abs. 1 Satz 2 ZPO als eine von den übrigen Vertragsbestimmungen unabhängige Vereinbarung zu behandeln. Allein aus dem Umstand, dass die übrigen Vertragsbestimmungen wirkungslos geworden sind, kann nicht darauf geschlossen werden, dass dies auch für die Schiedsklausel gilt.

Vielmehr ist anhand von Wortlaut und Zweck der Schiedsvereinbarung sowie der Interessenlage der Parteien zu entscheiden, ob mit der Beendigung der übrigen Vertragsbestimmungen auch die Schiedsklausel entfallen sollte.
Dabei ist im Zweifel davon auszugehen, dass eine Schiedsvereinbarung, wonach alle Rechtsstreitigkeiten aus oder im Zusammenhang mit einem Vertrag durch ein Schiedsgericht entschieden werden sollen, bedeutet, das Schiedsgericht solle auch über die Frage der Gültigkeit und des Bestehens des Vertrags und die bei Unwirksamkeit oder Beendigung des Vertrags bestehenden Ansprüche entscheiden.
In einem solchen Fall führt die Unwirksamkeit oder Beendigung des Hauptvertrags nicht zur Unwirksamkeit oder Beendigung der darin enthaltenen Schiedsvereinbarung1. Das gilt erst recht, wenn die Parteien Streitigkeiten über die Gültigkeit des Vertrags ausdrücklich in die Schiedsklausel einbezogen haben2.
Eine Schiedsklausel „für alle Streitigkeiten aus und im Zusammenhang mit diesem Vertrag“ erfasst auch Streitigkeiten anlässlich der Beendigung des Vertrages.
Eine Abrede, die Meinungsverschiedenheiten oder Streitigkeiten aus einem Vertrag allgemein einem Schiedsgericht zuweist, ist grundsätzlich weit auszulegen3. In der vertraglichen Regelung, mit der die Parteien dem Schiedsgerichtsverfahren nicht nur Streitigkeiten „aus dem Sozietätsvertrag“ unterworfen haben, sondern auch solche, die sich „im Zusammenhang mit diesem Vertrag“ ergeben, kommt der Wille der Parteien zum Ausdruck, eine möglichst umfassende Zuständigkeit des Schiedsgerichts zu begründen4.
Einen nachvollziehbaren Grund für ein erkennbares Interesse der Parteien, diese weite Schiedsklausel zu beschränken und Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Beendigung des Sozietätsvertrags von ihrem Anwendungsbereich auszunehmen, sah der Bundesgerichtshof im hier entschiedenen Fall nicht. Eine solche Annahme liegt auch fern. Die Rechtsfolgen im Fall der Auflösung der Sozietät oder des Ausscheidens eines Gesellschafters können Vorfragen aufwerfen, die Bestimmungen des Sozietätsvertrags berühren, die der Schiedsklausel unterfallen; das verkennt die Rechtsbeschwerde, wenn sie meint, Fragen der Fortführung, Abfindung und Bewertung wollten die Parteien einer Entscheidung durch die ordentliche Gerichtsbarkeit unterwerfen. Es liegt nicht im Interesse der Parteien, dass über diese Fragen einmal ein staatliches Gericht und einmal ein Schiedsgericht entscheidet.
Ebenfalls verwarf der Bundesgerichtshof die Rüge eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit der Vertragsurkunde5. Der vorliegenden Schiedsklausel kann nicht entnommen werden, dass Streitigkeiten anlässlich der Beendigung der Sozietät von ihr nicht erfasst sein sollten; damit konnte der Text der Schiedsklausel insoweit auch keine Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit begründen6.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 31. Oktober 2018 – I ZB 17/18
- vgl. BGH, Beschluss vom 09.08.2016 – I ZB 1/15, SchiedsVZ 2017, 103 Rn. 17 mwN[↩]
- vgl. OLG Hamburg, SchiedsVZ 2013, 180, 182; Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, 3. Aufl., Rn. 532[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 04.10.2001 – III ZR 281/00, NJW-RR 2002, 387 14] mwN; Beschluss vom 01.08.2002 – III ZB 66/01, NJW-RR 2002, 1462, 1463 5]; MünchKomm-.ZPO/Münch, 5. Aufl., § 1029 Rn. 110 mwN[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 25.10.2016 – X ZR 27/15, SchiedsVZ 2017, 144 Rn. 17[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 11.05.2017 – I ZB 63/16, WM 2018, 817 Rn.19[↩]
- vgl. BGH, WM 2018, 817 Rn.20[↩]
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