Wer betrunken zur Arbeit – oder nach der Arbeit wieder nach Hause – fährt, genießt bei einem hierbei erlittenen Unfall nicht den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.

Nach § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Zu den versicherten Tätigkeit zählt gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII auch das Zurücklegen des mit der nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit. Unfälle sind nach § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Ein Arbeitsunfall setzt daher voraus, dass der Verletzte durch eine Verrichtung vor dem fraglichen Unfallereignis den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt hat und deshalb „Versicherter“ ist. Die Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis und dadurch einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität und haftungsbegründende Kausalität)1.
Diese Voraussetzungen sind in dem hier vom Bundessozialgericht entschiedenen Fall einer alkoholisierten Heimfahrt nicht erfüllt. Der Versicherte war zwar auf dem Heimweg nicht in der Beschäftigtenversicherung des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII, sondern in der Wegeunfallversicherung des § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII kraft Gesetzes versichert. Er hat auch einen Unfall im Sinne des § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII erlitten. Dieser Unfall ist jedoch kein Arbeitsunfall, weil die – hier: tödliche – Einwirkung nicht der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist.
Mit dem Verlassen des Betriebsgeländes ging der Versicherte nicht mehr seiner nach § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII versicherten Beschäftigung bei seinem Arbeitgeber nach. Bei der Heimfahrt handelte es sich nicht um einen „Betriebsweg“. Sie wurde auch nicht zur Erfüllung einer objektiv bestehenden Haupt- oder Nebenpflicht aus dem Beschäftigungsverhältnis, in der irrigen, aber vertretbaren Annahme einer solchen Pflicht oder zur Wahrnehmung eigener unternehmensbezogener Rechte zurückgelegt2.
Die Verrichtung einer Beschäftigung ergibt sich ferner nicht aus der geltend gemachten Fürsorgepflicht der FWE als Arbeitgeberin des Versicherten. Unabhängig davon, ob sie dessen Alkoholkonsum und die Fahrt mit dem Pkw hätte verhindern müssen, kann der Tatbestand einer versicherten Tätigkeit nur durch ein konkretes, seiner Art nach von Dritten beobachtbares und auf seine Erfüllung ausgerichtetes Handeln (sog objektivierte Handlungstendenz) des Verletzten selbst verwirklicht werden. Die Verrichtung einer versicherten Tätigkeit ist eine höchstpersönliche, unvertretbare Handlung. Eine Zurechnung des Verhaltens Dritter durch positives Tun oder Unterlassen ist hierbei ausgeschlossen3.
Der Versicherte hat vielmehr eine versicherte Tätigkeit nach § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII verrichtet. Er befand sich zur Zeit des Unfalls auf dem unmittelbaren Heimweg vom Ort seiner versicherten Beschäftigung zu seiner Wohnung und legte damit den mit der nach § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weg von dem Ort der Tätigkeit zurück. Auch war seine Fortbewegung von dem Zweck bestimmt, die eigene Wohnung zu erreichen.
Diese Wegeunfallversicherung scheitert nicht schon daran, dass der Versicherte eventuell seinen Heimweg unterbrochen hatte. Obwohl die Fahrt zwischen der Arbeitsstätte und dem Unfallort regelmäßig nur ca 20 Minuten dauert, hat er den Unfallort erst ca 90 Minuten nach dem Verlassen des Betriebsgeländes erreicht. Eine solche Unterbrechung von nicht mehr als zwei Stunden ist nach bisheriger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts unschädlich4. Ob daran festzuhalten ist, kann offenbleiben, da der Versicherte hier aus einem anderen Grund keinen Arbeitsunfall erlitten hat.
Der Wegeunfallversicherung steht auch nicht die BAK von höchstens 2,8 ‰ entgegen. Dadurch war die allgemeine „Wegefähigkeit“ des Versicherten, also sein Vermögen, den versicherten Heimweg willentlich und gezielt zurückzulegen, nicht ausgeschlossen. Diese BAK bedingt zwar eine absolute Fahruntüchtigkeit. Allerdings war nach den Tatsachenfeststellungen des LSG die Steuerungs- und Einsichtsfähigkeit des Versicherten nicht aufgehoben. Ob eine noch höhere BAK von mindestens 3,0 ‰ die Steuerungs- sowie Einsichtsfähigkeit und damit die „Wegefähigkeit“ generell ausschließt5, war hier nicht zu entscheiden. Darauf, ob sich der Versicherte verbotswidrig verhalten hat, kommt es nach § 7 Abs 2 SGB VII für die Feststellung eines Versicherungsfalls schlechthin nicht an.
An die Feststellung, die Steuerungs- und Einsichtsfähigkeit des Versicherten sei nicht aufgehoben gewesen, ist das Bundessozialgericht gebunden (§ 163 SGG), weil sie nicht mit zulässig erhobenen Verfahrensrügen angegriffen worden ist.
Der Versicherte hat zudem eine zeitlich begrenzte, von außen kommende Einwirkung auf seinen Körper und damit einen Unfall im Sinne des § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII erlitten. Dadurch, dass er aus dem Fahrzeug geschleudert auf den Boden prallte, wurde seine körperliche Integrität verletzt. Dieses einwirkende Ereignis führte auch zum Tod.
Die Einwirkung und der dadurch verursachte Tod sind zwar nach, jedoch entgegen § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII nicht „infolge“ der Verrichtung der versicherten Tätigkeit eingetreten und ihr damit nicht zuzurechnen.
Die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung haben Schutz gegen Gefahren zu gewähren, die sich durch die ihre Verbandszuständigkeit, den Versicherungsschutz und das Versichertsein des Verletzten begründende Verrichtung von im jeweiligen Versicherungstatbestand konkret umschriebenen Tätigkeiten realisieren können. Ihre Einstandspflicht besteht nur dann, wenn sich durch eine Handlung des Geschädigten, die den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt, ein Risiko verwirklicht hat, gegen dessen Eintritt nicht die Unfallversicherung „allgemein“, sondern der jeweils durch die Handlung erfüllte Versicherungstatbestand schützen soll. Die Zurechnung des Schadens eines Versicherten zum Versicherungsträger erfordert daher zweistufig die Erfüllung erstens tatsächlicher und zweitens darauf aufbauender rechtlicher Voraussetzungen. Die Verrichtung der versicherten Tätigkeit muss die Einwirkung und in gleicher Weise muss die Einwirkung den Gesundheitserstschaden oder den Tod sowohl objektiv (1. Stufe) als auch rechtlich wesentlich (2. Stufe) verursacht haben. Letzteres ist hier nicht der Fall.
Auf der ersten Stufe setzt die Zurechnung voraus, dass die Einwirkung durch die versicherte Verrichtung objektiv (mit-)verursacht wurde. Für Einbußen des Verletzten, für welche die versicherte Tätigkeit keine Wirkursache war, besteht schlechthin kein Versicherungsschutz und hat der Unfallversicherungsträger nicht einzustehen. Wirkursachen sind nur solche Bedingungen, die erfahrungsgemäß die infrage stehende Wirkung ihrer Art nach notwendig oder hinreichend herbeiführen.
Insoweit ist Ausgangspunkt der Zurechnung die naturwissenschaftlich-philosophische Bedingungstheorie, nach der schon jeder beliebige Umstand als notwendige Bedingung eines Erfolges gilt, der nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio-sine-qua-non). Nach der im Strafrecht maßgeblichen rechtlichen Zurechnungslehre der „Äquivalenztheorie“ gelten alle solchen notwendigen Bedingungen stets als gleichwertig (äquivalent) und deshalb schon rechtlich als Ursachen. Die auf dieser Grundlage sehr weit gehende Zurechnung der Rechtsgutsverletzung zum Täter wird nachgehend etwa durch die Institute der objektiven Zurechnung, des Schutzzwecks der Norm etc eingeschränkt.
In der gesetzlichen Unfallversicherung muss eine versicherte Verrichtung, die im Sinne der „conditio-Formel“ eine erforderliche Bedingung des Erfolges (stets neben anderen Bedingungen) war, darüber hinaus in einer besonderen tatsächlichen (und rechtlichen) Beziehung zu diesem Erfolg stehen6. Sie muss Wirkursache des Erfolges gewesen sein, muss ihn tatsächlich mitbewirkt haben und darf nicht nur eine (bloß im Einzelfall nicht wegdenkbare) zufällige Randbedingung gewesen sein.
Ob die versicherte Verrichtung eine Wirkursache für die festgestellte Einwirkung (und dadurch für den Gesundheitserstschaden oder – hier – den Tod) war, ist eine rein tatsächliche Frage. Sie muss aus der nachträglichen Sicht (ex post) nach dem jeweils neuesten anerkannten Stand des Fach- und Erfahrungswissens über Kausalbeziehungen (gegebenenfalls unter Einholung von Sachverständigengutachten) beantwortet werden7.
Steht die versicherte Tätigkeit als eine der Wirkursachen fest, muss auf der zweiten Stufe die Wirkung (hier: die Einwirkung) rechtlich unter Würdigung auch aller auf der ersten Stufe festgestellten mitwirkenden unversicherten Ursachen die Realisierung einer in den Schutzbereich des jeweils erfüllten Versicherungstatbestandes fallenden Gefahr sein. Bei dieser reinen Rechtsfrage nach der „Wesentlichkeit“ der versicherten Verrichtung für den Erfolg der Einwirkung muss entschieden werden, ob sich durch das versicherte Handeln ein Risiko verwirklicht hat, gegen das der jeweils erfüllte Versicherungstatbestand gerade Schutz gewähren soll. Eine Rechtsvermutung dafür, dass die versicherte Verrichtung wegen ihrer objektiven Mitverursachung der Einwirkung auch rechtlich wesentlich war, besteht nicht. Die Wesentlichkeit der Wirkursache ist vielmehr zusätzlich und eigenständig nach Maßgabe des Schutzzwecks der jeweils begründeten Versicherung zu beurteilen8.
Der Schutzzweck einer Rechtsnorm aufgrund des ihr zugrunde liegenden vom Normgeber anerkannten Schutzbedürfnisses des Begünstigten ist ein ua im deliktischen Haftungsrecht anerkanntes Zurechnungskriterium, das neben der Kausalität erfüllt sein muss9. Die haftungsrechtliche Zurechnung des Schadens zu dessen Verursacher erfolgt grundsätzlich schon allein wegen des Handelns, das objektiv für den nach der Lebenserfahrung nicht ausgeschlossenen Schaden (aus der ex ante Sicht des optimalen Beobachters) adäquat ursächlich war. Sie entfällt aber auf der (zweiten, rechtlichen) Wertungsstufe, wenn die Vorschrift nach ihrer Art und Entstehungsgeschichte gerade eine Person wie den Verletzten (persönlicher Schutzbereich) vor einer Verletzung der erlittenen Art (sachlicher Schutzbereich) nicht schützen soll. Die Haftung des Schadensverursachers ist deshalb ausgeschlossen, wenn sich keine Gefahr verwirklicht hat, der die Rechtsvorschrift gerade entgegenwirken soll.
Allerdings geht es in der gesetzlichen Unfallversicherung nicht um die Zurechnung eines Erfolges zum Verursacher, sondern um die Begründung einer (versicherungsrechtlichen) Einstandspflicht eines Unfallversicherungsträgers für einen tatbestandlichen Schaden, den ein anderes Rechtssubjekt, der Verletzte, unter eigener Mitwirkung erlitten hat. Diese Einstandspflicht setzt voraus, dass die Rechtsgutsverletzung in persönlicher und sachlicher Hinsicht in den jeweiligen Schutzbereich der begründeten Versicherung fällt. Der persönliche Schutzbereich ist eröffnet, wenn, solange und soweit der Verletzte vor dem Unfall durch eine eigene Verrichtung den Tatbestand einer aufgrund der §§ 2, 3, 6 oder 8 Abs 2 SGB VII versicherten Tätigkeit erfüllt und dadurch seinen Versicherungsschutz bei dem für diesen Tatbestand zuständigen Unfallversicherungsträger „begründet“ im Sinne des § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII. Der sachliche Schutzbereich greift ein, wenn sich mit dem durch die versicherte Verrichtung mitverursachten tatbestandlichen Schaden eine Gefahr verwirklicht hat, gegen die der jeweils erfüllte Versicherungstatbestand schützen soll.
Für Schäden, die außerhalb des Schutzzwecks der Norm liegen, muss der jeweils zuständige Unfallversicherungsträger nicht einstehen. In der Sache läuft diese Voraussetzung der Einstandspflicht darauf hinaus, dass entschieden werden muss, ob der begründete Versicherungsschutz den Sinn und Zweck hat, gegen Schäden der konkret eingetretenen Art zu schützen. Deshalb wirkt der Schutzzweck der Norm in der gesetzlichen Unfallversicherung nicht haftungslimitierend10, sondern pflichtbegründend.
Den Schutzzweck der jeweils begründeten Versicherung hat das Gericht (und die Verwaltung) durch Auslegung des Versicherungstatbestandes nach den anerkannten juristischen Methoden unter Berücksichtigung des vom Gesetzgeber festgelegten Sinns und Zwecks des Gesetzes zu bestimmen11. Dabei kann der historischen Auslegung besonderes Gewicht zukommen. Nur diese methodengerechte Unterwerfung unter die Gesetzesbindung verhindert, dass sich der Rechtsanwender unter missbräuchlicher Berufung auf einen angeblichen „Schutzzweck der Norm“ von seiner Gesetzesbindung löst12. Im Wege der Subsumtion eines konkreten Lebenssachverhaltes unter den durch Auslegung nach den juristisch anerkannten Methoden bestimmten Schutzbereich der jeweils begründeten Versicherung ist daher festzustellen, ob die versicherte Verrichtung ein Risiko verwirklicht hat, das unter diesen Schutzbereich fällt.
Die Einstandspflicht des Unfallversicherungsträgers wird nur begründet, wenn der durch die versicherte Verrichtung objektiv mitverursachte Unfall (hier: die Einwirkung auf den Versicherten) eine Gefahr mitverwirklicht hat, gegen die die begründete Versicherung schützen soll. Diese Voraussetzung wird zumeist erfüllt sein, bedarf aber stets der Entscheidung. Denn nur wenn der Schutzzweck der Norm den durch die versicherte Handlung mitbewirkten Schaden überhaupt umgreift, kommt es rechtlich darauf an, ob neben der versicherten Wirkursache auch andere unversicherte Mitursachen bestehen. Diese können die Einstandspflicht nie begründen, aber gleichwohl die Zurechnung ausschließen. Das ist der Fall, wenn die unversicherten Wirkursachen das Unfallgeschehen derart geprägt haben, dass sie die versicherte Wirkursache verdrängen, so dass der Schaden „im Wesentlichen“ rechtlich nicht mehr dem Schutzbereich des jeweiligen Versicherungstatbestandes unterfällt.
Bei dieser Subsumtion sind die versicherten und die auf der ersten Zurechnungsstufe festgestellten unversicherten Wirkursachen und ihre Mitwirkungsanteile in einer rechtlichen Gesamtbeurteilung anhand des zuvor festgestellten Schutzzwecks des Versicherungstatbestandes zu bewerten8. Unter Berücksichtigung der Auffassung des praktischen Lebens ist abzuwägen, ob der Schaden den versicherten oder den unversicherten Wirkursachen zuzurechnen ist13.
Nach diesen Maßstäben ist die Einwirkung auf den Körper des Versicherten zwar objektiv, nicht aber rechtlich wesentlich durch dessen zuvor verrichtete versicherte Tätigkeit verursacht worden. Das gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII versicherte Zurücklegen des Heimweges hat nach den Tatsachenfeststellungen die zum Tod führende Einwirkung auf den Körper des Versicherten objektiv mitverursacht. Das Zurücklegen des Heimweges war offenkundig eine mitwirkende Grundbedingung für das Abkommen von der Straße.
Die versicherte Verrichtung war hingegen keine rechtlich wesentliche Wirkursache. Mit dem Abkommen von der Straße hat sich keine Gefahr realisiert, vor der die Wegeunfallversicherung des § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII schützen soll. Die Unfallversicherung des Zurücklegens des Weges nach und von dem Ort der (jeweiligen) versicherten Tätigkeit schützt nur gegen Gefahren für Gesundheit und Leben, die aus der Teilnahme am öffentlichen Verkehr als Fußgänger oder Benutzer eines Verkehrsmittels, also aus eigenem oder fremden Verkehrsverhalten oder äußeren Einflüssen durch die Beschaffenheit des Verkehrsraumes hervorgehen.
Die Wegeunfallversicherung wurde mit der Regelung des § 545a RVO durch das Zweite Gesetz über Änderungen in der Unfallversicherung vom 14.07.192514 eingeführt. Danach galt als Beschäftigung in einem der Versicherung unterliegenden Betriebe der mit der Beschäftigung in diesem Betriebe zusammenhängende Weg nach und von der Arbeitsstätte. Hintergrund dieser Erweiterung des Unfallversicherungsschutzes war, dass die „Wege umfangreicher und durch die motorische Zurücklegung auch gefährlicher“ geworden seien und daher „diese Gefahren“ erfasst werden müssten15.
An diesem Schutzzweck hat sich bis heute nichts geändert. Zwar ist nunmehr in § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII bestimmt, dass zu den versicherten Tätigkeiten auch das Zurücklegen des mit der nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit zählt. Dadurch ist aber nur verdeutlicht worden, dass nicht der Weg an sich, sondern dessen Zurücklegen, also der Vorgang des Sichfortbewegens, versichert ist. Auch der Versicherungstatbestand des § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII trägt daher allein Gefahren Rechnung, die sich während der gezielten Fortbewegung im Verkehr aus eigenem, gegebenenfalls auch verbotswidrigem Verhalten, dem Verkehrshandeln anderer Verkehrsteilnehmer oder Einflüssen auf das versicherte Zurücklegen des Weges ergeben, die aus dem benutzten Verkehrsraum oder Verkehrsmittel auf die Fortbewegung wirken.
Eine solche Verkehrsgefahr hat sich hier nicht verwirklicht. Nach den Feststellungen des LSG fehlt es an Tatsachen, die das Abkommen des Versicherten von der Straße als Realisierung einer Verkehrsgefahr qualifizieren. Ein technisches Versagen, widrige Straßenverhältnisse oder andere äußere Einflüsse auf die Fahrt lagen nicht vor. Damit lässt sich der Eintritt eines vom Schutzzweck der Wegeunfallversicherung erfassten Risikos nicht positiv feststellen.
Ein den Unfall herbeiführendes unzureichendes gegebenenfalls sogar „verkehrswidriges“, aber dennoch versichertes Fahrverhalten des Versicherten scheidet hier als Wirkursache für eine Realisierung einer geschützten „Wegegefahr“ aus. Denn eine eventuell verminderte Aufmerksamkeit und Konzentration oder eine überhöhte Geschwindigkeit ist vom LSG nicht als eigenständige Wirkursache festgestellt worden. Sie könnte allenfalls schlüssig mit der vom Berufungsgericht festgestellten weiteren Mitursache des Alkoholgenusses festgestellt sein, wäre dann aber nach dem LSG auf diesen zurückzuführen. Das Trinken von Alkohol ist jedoch grundsätzlich eine unversicherte Tätigkeit, die keinen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt und deshalb den gesetzlichen Unfallversicherungsschutz schlechthin nicht zu begründen vermag. Dass der Alkoholkonsum Bestandteil der um 22.02 Uhr beendeten Verrichtung der Beschäftigung (und deshalb unter Umständen versichert) gewesen wäre, wurde nicht festgestellt und ist auch nicht ersichtlich. Eine Verkehrsgefahr, die sich erst und allein aus der unversicherten Tätigkeit des Alkoholgenusses ergibt, eröffnet schon nicht den Schutz der Wegeunfallversicherung. Der Alkoholkonsum des Versicherten eröffnete vielmehr einen versicherungsfremden Gefahrenbereich, der allein mit dem Zurücklegen des Weges im Pkw nicht gegeben war und damit vom Schutzzweck der Wegeunfallversicherung nicht erfasst ist.
Da die Einwirkung auf den Versicherten nicht auf einer dem Schutzbereich der Wegeunfallversicherung unterfallenden, sich aus dem versicherten Zurücklegen des Weges ergebenden Gefahrenquelle beruht, ist schon deshalb für die rechtliche Zurechnung der Einwirkung auf den Versicherten zur versicherten Verrichtung kein Raum. Aus diesem Grund kommt es nicht darauf an, dass der nicht alkoholkranke Versicherte absolut fahruntüchtig war und das Fahren im Zustand der absoluten Fahruntüchtigkeit als unversicherte Mitursache gegebenenfalls die Zurechnung der verwirklichten Gefahr zur versicherten Wirkursache ausschließt16.
Bundessozialgericht, Urteil vom 13. November 2012 – B 2 U 19/11 R
- vgl BSG vom 15.05.2012 – B 2 U 16/11 R; und vom 24.07.2012 – B 2 U 9/11 R[↩]
- zur versicherten Beschäftigung vgl BSG vom 15.05.2012 – B 2 U 8/11 R, SozR 4-2700 § 2 Nr 20[↩]
- BSG vom 15.05.2012 – B 2 U 16/11 R, SozR 4-2700 § 2 Nr 21[↩]
- vgl hierzu BSG vom 02.12.2008 – B 2 U 26/06 R, BSGE 102, 111 = SozR 4-2700 § 8 Nr 29 jeweils RdNr 28 f mwN[↩]
- vgl hierzu KG Berlin vom 12.04.2012 – (4) 121 Ss 57/12 (86/12); BVerwG vom 27.03.2012 – 2 WD 16/11[↩]
- so schon GS RVA vom 26.02.1914, AN 1914, 411, 2690[↩]
- dazu näher BSG vom 24.07.2012 – B 2 U 9/11 R[↩]
- vgl BSG vom 24.07.2012 – B 2 U 9/11 R[↩][↩]
- stellv eingehend BGH vom 10.07.2012 – VI ZR 127/11, mwN, zu § 823 Abs 1 BGB; stellv zum Schutzzweck allgemeiner Gesetze im Sinne von Art 5 Abs 2 GG BVerfG vom 04.11.2009 – 1 BvR 2150/08, BVerfGE 124, 300, 322 f, 325 f mwN; zum Schutzzweck von Nichtraucherschutzgesetzen BVerfG vom 30.07.2008 – 1 BvR 3262/07 u.a., BVerfGE 121, 317, 349 f[↩]
- vgl BGH vom 10.07.2012 – VI ZR 127/11, mwN, zu § 823 Abs 1 BGB[↩]
- vgl BVerfG vom 25.01.2011 – 1 BvR 918/10, BVerfGE 128, 193, 206, 210 f mwN; zu den anerkannten Methoden stellv BVerfG vom 15.01.2009 – 2 BvR 2044/07´, BVerfGE 122, 248, 257 f, insb abw Meinung S 282 f mwN[↩]
- zu solchem Missbrauch Peter Becker, Die wesentliche Bedingung – aus juristischer Sicht, MedSach 2007, 92, 94[↩]
- vgl BSG vom 17.02.2009 – B 2 U 18/07 R , SozR 4-2700 § 8 Nr 31 RdNr 12 mwN[↩]
- RGBl I 97[↩]
- vgl Bericht des 9. Ausschusses für Soziale Angelegenheiten Nr 1060 S 6[↩]
- zu einigen Problemen der Alkoholfahrt vgl Sandbiller, Alkoholkonsum und Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung bei Wegeunfällen, SGb 2012, 576 f[↩]