Die Förderungsvoraussetzung des § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BAföG ist grundsätzlich nur erfüllt, wenn der Auszubildende einer bestimmten Ausbildungsstätte organisationsrechtlich angehört und die Ausbildung an dieser tatsächlich betreibt. Die hochschulrechtliche Einschreibung kann indes durch objektiv feststellbare Umstände sowohl widerlegt als auch ersetzt werden.

Im Falle eines amerikanischen Medizinstudiums wird die organisationsrechtliche Zugehörigkeit zu einer Ausbildungsstätte nach einem Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart hinreichend nachgewiesen durch eine Bestätigung der dortigen Ausbildungsstätte, dass der Austauschstudent in den Rechten und Pflichten den eingeschriebenen Studenten gleichgestellt ist.
Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat es dabei dahingestellt sein lassen, ob die Ausbildung der Klägerin im Rahmen ihres Praktischen Jahres in den USA nach § 5 Abs. 5 BAföG1 oder nach § 5 Abs. 2 BAföG2 förderungsfähig ist. Denn die Klägerin erfüllt mit der Ableistung ihres Praktischen Jahres in den USA die tatbestandlichen Voraussetzungen beider Normen.
Gemäß § 5 Abs. 5 S. 1 BAföG wird, wenn im Zusammenhang mit dem Besuch einer im Inland gelegenen Hochschule ein Praktikum gefordert wird, für die Teilnahme an dem Praktikum im Ausland Ausbildungsförderung nur geleistet, wenn die im Inland gelegene Ausbildungsstätte oder die zuständige Prüfungsstelle anerkennt, dass diese fachpraktische Ausbildung den Anforderungen der Prüfungsordnung an die Praktikantenstelle genügt und ausreichende Sprachkenntnisse vorhanden sind. Diese Voraussetzungen liegen vor. Die Medizinische Fakultät Heidelberg hat mit Schreiben vom 20.01.2010 bestätigt, dass die fachpraktische Ausbildung an den vier Kliniken in den USA, an denen die Klägerin einen Teil ihrer praktischen Ausbildung gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 1 und § 3 Abs. 1 ÄAppO erhält, die Voraussetzungen der Ärzteapprobationsordnung erfüllt und das Praktikum an den vier Instituten in den USA für die Klägerin nach ihrem Ausbildungsstand förderlich ist. Die Ausbildung an den vier Instituten dauert auch mindestens zwölf Wochen. Schließlich scheitert das Förderungsbegehren der Klägerin nicht am Erfordernis ausreichender Sprachkenntnisse. Auch die ergänzenden Voraussetzungen des § 2 Abs. 4 BAföG sind erfüllt. Die Mindestdauer und die Art der einzelnen fachpraktischen Tätigkeiten sind in § 3 Abs. 3 ÄAppO geregelt und die Klägerin wohnt während des Auslandspraktikums logischerweise nicht bei ihren Eltern.
Wird als Rechtsgrundlage für die Förderung des Praktischen Jahres im Ausland § 5 Abs. 2 BAföG herangezogen, weil das Praktische Jahr nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 ÄAppO als Teil des Studiums der Medizin angesehen wird, so erfüllt die Klägerin auch die diesbezüglichen tatbestandlichen Voraussetzungen. Danach wird Auszubildenden, die ihren ständigen Wohnsitz im Inland haben, Ausbildungsförderung für den Besuch einer im Ausland gelegenen Ausbildungsstätte geleistet, wenn er der Ausbildung nach dem Ausbildungsstand förderlich ist und zumindest ein Teil dieser Ausbildung auf die vorgeschriebene oder übliche Ausbildungszeit angerechnet werden kann (§ 5 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BAföG). Diese an die Förderung der ergänzenden Auslandsausbildung zu stellenden Anforderungen liegen in der Person der Klägerin vor. In der Stellungnahme der Medizinischen Fakultät Heidelberg vom 20.01.2010 wird die Ableistung des Praktischen Jahres durch die Klägerin in den Vereinigten Staaten mit Nachdruck befürwortet und nach ihrem Ausbildungsstand als förderlich angesehen. Förderlichkeit im Sinne des § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BAföG liegt bereits vor, wenn der Auszubildende über die reine Erweiterung seines Fachwissens hinaus durch Einblick in einen anderen Lebens- und Kulturkreis eine allgemeine Horizonterweiterung erfährt, die ihm in seinem späteren Berufsleben von Nutzen sein kann3. Die Klägerin verfügt für den Besuch der Ausbildungsstätten in den USA unstreitig auch über die erforderlichen ausreichenden englischen Sprachkenntnisse. Schließlich hat die Medizinische Fakultät Heidelberg im Schreiben vom 20.01.2010 dargelegt, dass die vier Kliniken in den USA, an denen die Klägerin ihr Praktisches Jahr absolviert, als gleichwertig mit den im Inland gelegenen Ausbildungsstätten anzusehen sind (§ 5 Abs. 4 BAföG). Die vom 24.08.2009 bis zum 04.04.2010 dauernde Ausbildung im Rahmen des Praktischen Jahres an Kliniken in den USA erfüllt auch die Mindestzeit von sechs Monaten (§ 5 Abs. 2 S. 3 BAföG).
Dabei ist, so das Verwaltungsgericht, auch vom „Besuch einer im Ausland gelegenen Ausbildungsstätte“ i.S.d. § 5 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BAföG auszugehen. Zwar ist diese Förderungsvoraussetzung grundsätzlich nur erfüllt, wenn der Auszubildende einer bestimmten Ausbildungsstätte organisationsrechtlich angehört und die Ausbildung an dieser tatsächlich betreibt3. Die hochschulrechtliche Einschreibung ist regelmäßig ein verlässliches Beweisanzeichen für die Aufnahme bzw. Fortführung einer förderungsfähigen Ausbildung an einer bestimmten Ausbildungsstätte. Sie kann indes durch objektiv feststellbare Umstände sowohl widerlegt als auch ersetzt werden4. Letzteres liegt hier vor.
Ausländische Studenten können im Rahmen des amerikanischen Medizinstudiums nicht voll immatrikuliert werden. Deshalb verlangen die deutschen Landesprüfungsämter für Medizin zur Anrechnung auf hiesige Studiengänge der Medizin nur die Bestätigung, dass Austauschstudenten „in den Rechten und Pflichten den eingeschriebenen Studenten gleichgestellt“ sind5. Derartige Bestätigungen der vier Institute in den USA, an denen die Klägerin ihr Praktisches Jahr absolviert, liegen vor. Damit ist vorliegend die erforderliche organisationsrechtliche Zugehörigkeit zu einer Ausbildungsstätte hinreichend nachgewiesen.
Verwaltungsgericht Stuttgart, Urteil vom 8. April 2010 – 11 K 3576/09
- so VGH B-W, Urteil vom 08.03.1991 – 7 S 2478/90[↩]
- so Nds. OVG, Urteil vom 31.10.1996 – 10 L 5536/95; VG Augsburg, Gerichtsbescheid vom 05.11.2007 – Au 3 K 07.415[↩]
- vgl. BVerwG, Urteil vom 05.12.2000 – 5 C 25/00, BVerwGE 112, 248[↩][↩]
- vgl. BVerwG, Urteil vom 05.12.2000 – 5 C 25/00, a.a.O.[↩]
- vgl. VGH B-W, Urteil vom 05.07.2000 – 7 S 1509/99 unter Bezugnahme auf eine eingeholte amtliche Auskunft der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen vom 03.03.2000[↩]