Der Angriff nach dem Heimweg

Die gesetzliche Unfallversicherung tritt nicht ein, wenn die Verletzungen durch einen privaten Angriff erfolgt sind, nachdem das Fahrzeug bereits abgestellt worden ist.

Der Angriff nach dem Heimweg

Mit dieser Begründung hat das Landessozialgericht Baden-Württemberg in dem hier vorliegenden Fall die Annahme eines Arbeitsunfalls verneint und damit das erstinstanzliche Urteil bestätigt. Der Kläger, der bei der beklagten Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung freiwillig versichert war, befand sich auf dem Heimweg von seinem Arbeitsplatz. Nachdem er seinen Pkw in der Hofeinfahrt geparkt hatte und diesen verlassen wollte, sprach er einen Radfahrer durch das geöffnete Seitenfenster an, nicht mittig auf der Fahrbahn zu fahren und andere Verkehrsteilnehmer zu blockieren. Daraufhin gerieten beide aneinander, wobei der Radfahrer den Kläger, der sein Fahrzeug nun verlassen hatte, an den Schultern packte und mehrmals in Richtung der Fahrertür stieß. Zu Schlägen und Verletzungen kam es hierbei nicht. Der Radfahrer ließ zunächst von dem Kläger ab, kehrte jedoch zurück und drückte mit Gewalt dessen Haustür auf, die dieser bereits von innen fast verschlossen hatte. Er versetzte dem Kläger Fausthiebe und schlug mit einem Besenstiel auf sein Gesicht und seinen Körper. Hierdurch erlitt er multiple Verletzungen.

Die Beklagte lehnte es ab, das Ereignis als Arbeitsunfall festzustellen. Es liege kein sachlicher Zusammenhang zwischen dem Streit und der versicherten betrieblichen Tätigkeit vor. Das Klageverfahren verlief für den Kläger erfolglos. Dagegen ist Berufung eingelegt worden.

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In seiner Urteilsbegründung hat das Landessozialgericht Baden-Württemberg ausgeführt, dass die zu den Verletzungen führenden Einwirkungen durch die Schläge mit der Faust und dem Besenstiel erst erfolgten, als der Kläger die Haustür bereits durchschritten hatte. Zu diesem Zeitpunkt war der Arbeitsweg bereits beendet. Ohnehin verwirklichte sich bei dem Angriff kein Risiko, das unter den Schutzzweck der gesetzlichen Unfallversicherung fällt. Der Angriff des Radfahrers stand nicht im inneren Zusammenhang mit dem Zurücklegen des versicherten Weges des Klägers, sondern erfolgte aufgrund einer Zurechtweisung des Verhaltens im Straßenverkehr, also aus rein privaten Gründen. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Kläger den öffentlichen Verkehrsraum bereits verlassen und seinen Pkw in der Hoffeinfahrt abgestellt.

Nach Auffassung des Landessozialgerichts bezweckt das Recht der gesetzlichen Unfallversicherung nicht, Verletzungen abzusichern, die erst durch Angriffe ausgelöst werden, nachdem das Verkehrsmittel bereits abgestellt wurde.

Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 12. Dezember 2019 – L 10 U 891/19

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