Für eine Cannabis enthaltende Arzneimittelversorgung ist es nicht ausreichend, wenn die Therapie lediglich befürwortet wird und vom Arzt auf die allgemeinen Nebenwirkungen der Standardtherapie hingewiesen wird.

Mit dieser Begründung hat das Sozialgericht Karlsruhe in dem hier vorliegenden Fall die Klage einer Frau abgewiesen, die von ihrer Krankenkasse die Versorgung mit Arzneimitteln mit dem Wirkstoff Dronabinol sowie die Versorgung mit Cannabis erreichen wollte. Die Klägerin ist an einem Mamma-Karzinom erkrankt. Diese Erkrankung und deren Behandlung haben dazu geführt, dass sie enorm an Gewicht verloren hat und unter starker seelischer Belastung leidet. Diese Beschwerden und ihre Schmerzen wollte die Klägerin mit Arzneimitteln mit dem Wirkstoff Dronabinol oder Cannabis behandeln. Das diese Behandlung erforderlich ist, hat sie mit Attesten und einer Stellungnahme ihrer behandelnden Ärztin bekräftigt: Danach könnten alle Beschwerden der Klägerin mit Cannabis gebessert werden.
Ein dementsprechender Antrag ist von der Krankenkasse abgelehnt worden, nachdem eine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung eingeholt worden war. Nach Auffassung der Krankenkasse stehen der Klägerin Standardtherapien zur Behandlung ihrer Beschwerden zur Verfügung.
Daraufhin ist Widerspruch eingelegt worden, der ohne Erfolg geblieben ist. Ihr Ziel hat die Klägerin deshalb vor dem Sozialgericht Karlsruhe weiterverfolgt.
Es besteht seit dem 10. März 2017 die Möglichkeit, dass Cannabis zu medizinischen Zwecken verschrieben werden darf. Doch mit der Einführung des Gesetzes zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften ist zwar eine große Hürde genommen worden, doch die Umsetzung ist immer noch mit einigen Schwierigkeiten verbunden. Vielfach ist gar nicht bekannt, welche Produkte von diesem Gesetz betroffen sind. So wird z.B. das Cannabidiol (CBD) seit sehr langer Zeit als schmerzlindernd eingesetzt. Gerade das CBD Öl ist dabei sehr beliebt. In gängigen Internetshops wie z.B. bei Nordic Oil.de werden diverse Öle angeboten.
Ärzte können Medizinal-Cannabisblüten oder Cannabisextrakt in pharmazeutischer Qualität auf einem Betäubungsmittelrezept verschreiben – dabei müssen sie aber arznei- und betäubungsmittelrechtliche Vorgaben einhalten. Auch wenn anfängliche Lieferschwierigkeiten inzwischen vorbei sind, bleiben Unsicherheiten in Bezug auf den Umgang mit dem Gesetz bestehen. Gerade auch in diesem hier vorliegenden Fall hat ein Arzt die Therapie mit einem Cannabismittel befürwortet und den Antrag bei der Krankenkasse unterstützt.
In seiner Urteilsbegründung hat das Sozialgericht Karlsruhe darauf hingewiesen, dass für eine begründete Einschätzung nach dem Gesetzeswortlaut eine Auseinandersetzung mit den individuellen Verhältnissen des Versicherten unter Abwägung der bisherigen Therapieversuche, konkret zu erwartender Nebenwirkungen der Standardtherapie und Nebenwirkungen der Therapie mit Cannabis erforderlich seien. In diesem Fall habe die behandelnde Ärztin der Klägerin lediglich allgemeine Ausführungen zu Nebenwirkungen der Standardtherapien getätigt. Nach Auffassung des Sozialgerichts Karlsruhe habe sie sich nicht mit den Nebenwirkungen der Therapie mit Cannabis auseinandergesetzt. Daher fehle es an einer ausreichenden ärztlichen Begründung.
Außerdem führt das Sozialgericht Karlsruhe aus, dass für die Beschwerden der Klägerin allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Therapien zur Verfügung stünden. Aufgrund des Fehlens einer ausreichend begründeten Einschätzung der behandelnden Ärztin bezüglich der fehlenden Anwendbarkeit der Standardtherapien hat das Sozialgericht Karlsruhe die Klage abgewiesen.
Sozialgericht Karlsruhe, Urteil vom 7. Februar 2019 – S 13 KR 4081/17