Eine Arbeitslosmeldung wirkt bei einer mehr als sechswöchigen Unterbrechung der Arbeitslosigkeit nach zwischenzeitlicher Teilnahme an einer medizinischen Reha-Maßnahme nicht fort, wenn der bei Entlassung aus der Reha-Maßnahme weiterhin arbeitsunfähige Arbeitslose die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld wegen anderweitigen Leistungsbezugs bestandskräftig werden lässt, er sich (damit) bewusst für den Bezug von Krankengeld anstatt fortgezahltem Arbeitslosengeld entscheidet und sich erst nach Ende der Arbeitsunfähigkeit wieder arbeitslos meldet, um für die Zukunft erneut Arbeitslosengeld zu beantragen1.

Nach § 126 Abs 1 S 1 SGB III aF verliert ein Arbeitsloser, der während des Bezugs von Arbeitslosengeld infolge Krankheit arbeitsunfähig wird, ohne dass ihn ein Verschulden trifft, oder er während des Bezugs von Arbeitslosengeld auf Kosten der Krankenkasse stationär behandelt wird, seinen Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Zeit der AU oder der stationären Behandlung bis zur Dauer von sechs Wochen nicht (Leistungsfortzahlung).
Im vorliegend vom Bundessozialgericht entschiedenen Fall stand der Versicherten zwar ab 1.12.2005 Arbeitslosengeld für eine Anspruchsdauer von 720 Tagen zu und die Zeit ihres stationären Krankenhausaufenthalts vom 11. bis 21.03.2007 unterbrach die Arbeitslosengeld-Gewährung nicht. Während der sich hieran anschließenden stationären Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation bezog die Versicherte Übergangsgeld von der Deutschen Rentenversicherung (DRV), die zum Ruhen des Arbeitslosengeld-Anspruchs führte (§ 142 Abs 1 Nr 2 SGB III aF). Die Arbeitsagentur hob im Hinblick hierauf die Leistungsbewilligung vollständig und nicht nur für die Zeit des Bezugs von Übergangsgeld durch die DRV auf. Da die Versicherte diese Entscheidung nicht anfocht, wurde die Leistungsaufhebung bestandskräftig. Zwar wurde die Versicherte aus der Rehabilitationsmaßnahme arbeitsunfähig entlassen. Auch war ihr Anspruch auf Arbeitslosengeld im streitigen Zeitraum vom 12. bis 21.04.2007 noch nicht erschöpft. Es fehlt aber im streitigen Zeitraum an einem für die Erbringung der Leistung durch die Beklagte erforderlichen Antrag der Versicherten auf Bewilligung von Arbeitslosengeld.
Leistungen der Arbeitsförderung werden nur auf Antrag erbracht (§ 323 Abs 1 S 1 SGB III aF). Zwar gilt Arbeitslosengeld mit der persönlichen Arbeitslosmeldung als beantragt, wenn der Arbeitslose keine andere Erklärung abgibt (§ 323 Abs 1 S 2 SGB III aF). Denn die persönliche Arbeitslosmeldung (vgl § 122 Abs 1 SGB III aF) führt nach dieser Sonderregelung zu der Fiktion der Beantragung von Arbeitslosengeld. Die Versicherte hatte sich jedoch lediglich Ende 2005 arbeitslos gemeldet und einen solchen Antrag nach vollständiger Aufhebung der Bewilligung durch die Beklagte mit Bescheid vom 02.04.2007 wegen des Ruhens von Arbeitslosengeld bei gleichzeitigem Bezug von Übg nicht erneuert. Für die hier streitige Zeit besteht danach kein Anspruch der Versicherten auf Arbeitslosengeld.
Von einer Fortwirkung der früheren Arbeitslosmeldung kann unter den gegebenen Umständen nicht ausgegangen werden. Nach § 122 Abs 2 Nr 1 SGB III aF erlischt die Wirkung der Arbeitslosmeldung – und damit auch der Beantragung von Arbeitslosengeld – zwar (erst) bei einer mehr als sechswöchigen Unterbrechung der Arbeitslosigkeit. Meldet sich der Arbeitslose in dieser Frist erneut arbeitslos, bedarf es nicht eines erneuten Arbeitslosengeld-Antrags. Mit der Aufrechterhaltung der materiellen Wirkung der Arbeitslosmeldung wollte der Gesetzgeber insoweit eine Abkehr von der früheren, auf den jeweils eingetretenen Versicherungsfall abstellenden Praxis einleiten2.
Erlischt die Wirkung der Arbeitslosmeldung bei mehr als sechswöchiger Unterbrechung der Arbeitslosigkeit, entfällt wegen Nichterfüllung dieser Anspruchsvoraussetzung (Arbeitslosmeldung) auch der Anspruch auf Arbeitslosengeld3. Nur wenn die vorherige Arbeitslosmeldung wirksam bleibt, muss auch die für den Leistungsbezug erforderliche Anspruchsvoraussetzung der Antragstellung nicht erneut erfüllt werden.
Zwar hat das Bundessozialgericht bei kurzfristig verspätet erfolgter Kontaktaufnahme zur Arbeitsverwaltung nach Maßnahmeende – ausnahmsweise – eine „unschädliche Unterbrechung“ der Arbeitslosigkeit angenommen4. Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor. Die Versicherte hat die Leistungsaufhebung vielmehr akzeptiert und bewusst (nur) die Inanspruchnahme der anderen Sozialleistung (Krankengeld) verfolgt. § 122 Abs 2 Nr 1 SGB III aF schließt jedoch einen „anderen Grund“ für eine Unwirksamkeit der Arbeitslosmeldung nicht aus5. Ein solcher liegt hier bereits in der Nichtanfechtung der (vollständigen) Leistungsaufhebung durch die Beklagte am 2.04.2007. Bis zur erneuten Arbeitslosmeldung ließ die Versicherte eine Frist von 17 Wochen verstreichen; ein Bezug zur Arbeitslosmeldung zum 1.12.2005 bestand daher nicht mehr.
Die Versicherte hat sich vorliegend auch bewusst für das Ausschöpfen ihres Krankengeld-Anspruchs entschieden und damit zugleich zu erkennen gegeben, dass sie dem Arbeitsmarkt derzeit nicht zur Verfügung stehe6. Damit war ihr Status als Arbeitslose durch die Rehabilitationsmaßnahme nicht nur für eine bestimmbare Zeit „voraussichtlich“ unterbrochen7; die Versicherte hat die Beendigung ihres Status als Arbeitslose durch Aufhebung der Arbeitslosengeld-Bewilligung bewusst hingenommen. Sie hat damit eine Entscheidung zu Gunsten des Bezugs von Krankengeld getroffen, der die Gesetzeslage nicht entgegensteht und auch von der beklagten Krankenkasse „zu respektieren“ ist. Eine Gewährung von Arbeitslosengeld gegen den Willen des Arbeitslosen ist dem Arbeitsförderungsrecht fremd (vgl auch § 118 Abs 2 SGB III aF).
Bundessozialgericht, Urteil vom 11. März 2014 – B 11 AL 4/14 R
- Abgrenzung zu BSG vom 07.10.2004 – B 11 AL 23/04 R, BSGE 93, 209, SozR 4-4300 § 122 Nr 2[↩]
- BSG Urteil vom 07.10.2004 – B 11 AL 23/04 R, BSGE 93, 209, SozR 4-4300 § 122 Nr 2 mit Hinweis auf BT-Drs. 13/4941 S 176; BSGE 95, 1, SozR 4-4300 § 147 Nr 4; Spellbrink in Eicher/Schlegel, SGB III, § 122 RdNr 42, Stand Einzelkommentierung August 2004[↩]
- vgl Leitherer in Eicher/Schlegel, SGB III, § 323 RdNr 36, Stand Einzelkommentierung Juli 2010[↩]
- vgl BSG Urteil vom 07.10.2004 – B 11 AL 23/04 R, BSGE 93, 209, SozR 4-4300 § 122 Nr 2[↩]
- vgl BSG SozR 3-4300 § 122 Nr 1[↩]
- zur Gestaltungsmöglichkeit des Versicherten vgl Behrend in Eicher/Schlegel, SGB III nF, § 145 RdNr 73 ff, 83, Stand Einzelkommentierung Juli 2013[↩]
- vgl zu diesem Begriff BSGE 93, 209, SozR 4-4300 § 122 Nr 2, RdNr 11[↩]