Kein Kindergeld für eine nebenberufliche Studentin

Die Gewährung von Kindergeld wegen eines Jurastudiums des Kindes ist nicht mehr möglich, wenn das Kind nach Abschluss der Ausbildung zur Diplom-Finanzwirtin ein längerfristiges Dienstverhältnis in der Finanzverwaltung aufnimmt, das deutlich über 20 Wochenarbeitsstunden umfasst, und das Studium nur in den danach verbleibenden arbeitsfreien Zeiten durchführt.

Kein Kindergeld für eine nebenberufliche Studentin
  • Für die im Rahmen des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG durchzuführende Abgrenzung einer einheitlichen Erstausbildung mit daneben ausgeübter Erwerbstätigkeit von einer berufsbegleitend durchgeführten Weiterbildung (Zweitausbildung) ist das Berufsziel des Kindes nur im Rahmen des engen sachlichen Zusammenhangs zwischen den einzelnen Ausbildungsabschnitten zu würdigen. Für die Frage, ob die Berufstätigkeit oder die Ausbildung im Vordergrund steht, kommt dem Berufsziel keine weitere Bedeutung zu.
  • Der Umstand, dass der erste Ausbildungsabschnitt eine abgeschlossene Qualifikation darstellt, schließt nicht aus, dass dieser Ausbildungsabschnitt mit weiteren Ausbildungsabschnitten zu einer einheitlichen Erstausbildung zusammengefasst werden kann.
  • Die im BFH, Urteil vom 11.12.20181 genannten Kriterien für die Abgrenzung einer einheitlichen Erstausbildung mit daneben ausgeübter Erwerbstätigkeit von einer berufsbegleitend durchgeführten Weiterbildung (Zweitausbildung) stellen keinen abschließenden Katalog dar.

In dem hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall hatte eine Mutter geklagt, deren in Jahr 1999 geborene Tochter im August 2020 ein duales Studium zur Diplom-Finanzwirtin erfolgreich abschloss. Anschließend nahm die Tochter eine Tätigkeit im gehobenen Dienst der Finanzverwaltung auf, die zunächst 40 Wochenstunden und ab Dezember 2020 28 Wochenstunden umfasste. Im Oktober 2020 begann die Tochter ein Studium der Rechtswissenschaften. Die Familienkasse lehnte eine Kindergeldgewährung wegen des Universitätsstudiums ab September 2020 ab, da sie der Auffassung war, dass die Tochter  ihre Erstausbildung bereits mit dem dualen Studium zur Diplom-Finanzwirtin abgeschlossen habe. Das Studium der Rechtswissenschaften sei eine Zweitausbildung, die wegen der zu umfangreichen Erwerbstätigkeit der Tochter kindergeldrechtlich nicht mehr berücksichtigt werden könne.

Das Finanzgericht Düsseldorf wies die dagegen gerichtete Klage der Mutter ab2. Der Bundesfinanzhof wies die dagegen gerichtete Revision der Mutter als unbegründet zurück und folgte dem Finanzgericht dabei zwar im Ergebnis, aber nur teilweise in der Begründung:

Volljährige Kinder, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, werden nach Abschluss einer Erstausbildung während einer Zweitausbildung kindergeldrechtlich nur berücksichtigt, wenn sie keiner Erwerbstätigkeit von mehr als 20 Wochenstunden nachgehen (§ 32 Abs. 4 Sätze 2 und 3 des Einkommensteuergesetzes). Ob mehrere Ausbildungen zu einer einheitlichen Erstausbildung zusammengefasst werden können oder es sich um eine Erst- und eine Zweitausbildung handelt, hängt von mehreren Faktoren ab. Zunächst setzt eine einheitliche Erstausbildung einen engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang zwischen den Ausbildungsabschnitten voraus. Diesen hatte das Finanzgericht im Hinblick auf den kurzen zeitlichen Abstand und die inhaltliche Nähe der beiden Studiengänge zu Recht bejaht. Zudem muss die Ausbildung im zweiten Abschnitt noch die Haupttätigkeit des Kindes darstellen und nicht hinter die Erwerbstätigkeit zurücktreten. Insofern ist eine Gesamtbetrachtung durchzuführen. Da das Finanzgericht festgestellt hat, dass die Tochter bereits ein längerfristiges Beschäftigungsverhältnis aufgenommen hatte, für das der Ausbildungsberuf „Diplom-Finanzwirtin“ Voraussetzung war, allenfalls gleichviel Zeit in die Ausbildung und in die Erwerbstätigkeit investierte und sich die Ausbildungszeiten nach den arbeitsfreien Zeiten richteten, sprach die Gesamtbetrachtung für eine berufsbegleitend durchgeführte Weiterbildung (Zweitausbildung). Daher kam es auf den Umfang der Erwerbstätigkeit an, der über der Grenze von 20 Wochenstunden lag.

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 Nach § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a und c EStG besteht Anspruch auf Kindergeld für ein Kind, das das 18., aber noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat, wenn dieses für einen Beruf ausgebildet wird oder eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann. In den Fällen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG wird ein Kind nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums nur berücksichtigt, wenn es keiner Erwerbstätigkeit nachgeht (§ 32 Abs. 4 Satz 2 EStG). Eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis i.S. der § 8 und § 8a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch sind insoweit unschädlich (§ 32 Abs. 4 Satz 3 EStG).

Nach den Feststellungen des Finanzgerichts ist die Tochter im Streitzeitraum grundsätzlich kindergeldrechtlich zu berücksichtigen, da sie im September 2020 eine Ausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen konnte (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG) und sich ab Oktober 2020 in einer Ausbildung befand (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG).

Zu den Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG hat der Bundesfinanzhof in dem vom Finanzgericht zugrunde gelegten Urteil vom 11.12.20183 und etlichen Nachfolgeentscheidungen4 die Grundsätze dargelegt, nach denen eine einheitliche Erstausbildung mit daneben ausgeübter Erwerbstätigkeit von einer berufsbegleitend durchgeführten Weiterbildung (Zweitausbildung) abzugrenzen ist. Hierauf wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen.

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Bei Anwendung dieser Grundsätze ist das Finanzgericht im Ergebnis zu Recht zu der Auffassung gelangt, dass das Studium der Rechtswissenschaften keinen Teil einer einheitlichen Erstausbildung, sondern eine Zweitausbildung darstellte.

Die Ausbildung zur Diplom-Finanzwirtin (duales Studium) und das Studium der Rechtswissenschaften standen nach den Feststellungen des Finanzgerichts zwar in engem sachlichen und zeitlichen Zusammenhang5.

Aus den weiteren Feststellungen des Finanzgerichts ergibt sich aber, dass das Studium der Rechtswissenschaften gegenüber der anschließend aufgenommenen Erwerbstätigkeit in den Hintergrund trat.

Nach den Feststellungen des Finanzgerichts hat sich die Tochter nach der Erlangung ihres Abschlusses als Diplom-Finanzwirtin in einem längerfristigen Beschäftigungsverhältnis an die Landesfinanzverwaltung als Dienstherr gebunden6. Dies geschah nach den vom Finanzgericht in Bezug genommenen und als glaubhaft eingestuften Angaben der Tochter schon deshalb, weil die Tochter vermeiden wollte, eine Abstandszahlung von 30.000 € leisten zu müssen, die sich erst innerhalb einer Dienstzeit von fünf Jahren um jährlich ein Fünftel auf 0 € reduziert.

Dieses Kriterium spricht daher für eine im Vordergrund stehende Berufsausübung.

Zur Frage des zeitlichen Verhältnisses zwischen der Arbeitstätigkeit und den Ausbildungsmaßnahmen6 hat das Finanzgericht nur wenige tatsächliche Feststellungen getroffen. So hat es festgestellt, dass die Tochter bis November 2020  40 Wochenstunden und ab Dezember 2020  28 Wochenstunden gearbeitet habe. Hinsichtlich des von der Familienkasse streitig gestellten Umfangs der für die Ausbildungsmaßnahmen aufgewendeten Zeit führte das Finanzgericht aus, die Tochter habe glaubhaft erläutert, dass sie das Studium der Rechtswissenschaften ernsthaft, konsequent und erfolgreich betreibe. Daraus hat das Finanzgericht ein gleichgewichtiges Verhältnis von Arbeits- und Ausbildungszeit abgeleitet.

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Insofern erscheint es vor dem Hintergrund, dass die Tochter sich in ihrer Zeugenaussage zum zeitlichen Umfang der Ausbildungsmaßnahmen nicht detailliert eingelassen hat, zwar zweifelhaft, dass sie von Oktober bis November 2020 jeweils 40 Wochenstunden und von Dezember 2020 bis Januar 2021 jeweils 28 Wochenstunden für ihre Ausbildung aufwendete. Da diese Sachverhaltsfeststellung von den Beteiligten aber nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffen wurde, weder gegen Denkgesetze noch gegen allgemeine Erfahrungssätze verstößt und jedenfalls möglich ist, ist der Bundesfinanzhof als Revisionsgericht nach § 118 Abs. 2 FGO hieran gebunden.

Dieses Kriterium ist daher im Hinblick auf die Frage, welche Tätigkeit der Tochter die Haupt- und welche die Nebensache bildete, als neutral einzustufen.

Das im BFH, Urteil in BFHE 263, 209, BStBl II 2019, 765, Rz 18 genannte Kriterium, ob das Kind mit der nach Erlangung des ersten Abschlusses aufgenommenen Berufstätigkeit bereits die durch den Abschluss erlangte Qualifikation nutzt, hat das Finanzgericht als gegeben erachtet. Die Tochter hat nach den Feststellungen des Finanzgerichts ihren Abschluss als Diplom-Finanzwirtin genutzt, um im erlernten Beruf zu arbeiten.

Dieses Kriterium spricht daher für eine im Vordergrund stehende Berufsausübung.

Zur Frage, inwieweit die Arbeitstätigkeit im Hinblick auf den Zeitpunkt ihrer Durchführung den im nächsten Ausbildungsabschnitt durchgeführten Ausbildungsmaßnahmen untergeordnet war und die Beschäftigung mithin nach ihrem äußeren Erscheinungsbild „neben der Ausbildung“ durchgeführt wurde7, hat das Finanzgericht festgestellt, dass die Tochter die Berufstätigkeit von 06:00 Uhr bis 11:45 Uhr durchführte. Weiter führte es aus, dass nach dem äußeren Erscheinungsbild beides von der Tochter gut nebeneinander organisiert und miteinander vereinbart werde.

Insofern fällt zunächst auf, dass das Finanzgericht seine Würdigung allein auf den Zeitraum der bereits auf 28 Wochenstunden reduzierten Arbeitszeit (Dezember 2020 und Januar 2021) beschränkte. Es ist nach den Feststellungen des Finanzgerichts aber davon auszugehen, dass sich die Arbeitszeit in den Monaten Oktober bis November 2020, als die Tochter noch 40 Wochenstunden arbeitete, bis deutlich in den Nachmittag hinein erstreckte (mindestens von 06:00 Uhr bis 14:30 Uhr bei Annahme einer halbstündigen Mittagspause). Zudem ergibt sich aus der Zeugenaussage der Tochter, dass es sich im Streitzeitraum aufgrund der coronabedingten Einschränkungen des Lehrbetriebs um ein reines Onlinestudium handelte, sie deswegen damit auch keine zeitlichen Probleme hatte und insbesondere auch auf die Wochenenden zurückgreifen konnte. Daher sprechen die vom Finanzgericht festgestellten Tatsachen deutlich dafür, dass im Hinblick auf den Zeitpunkt der Durchführung die Arbeitstätigkeit im Vordergrund stand und die Ausbildungsmaßnahmen in die Zeit gelegt wurden, die durch das Arbeitsverhältnis nicht belegt wurden.

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Selbst wenn man aber von der Würdigung des Finanzgerichts „In diesem Zusammenhang lässt sich auch weder von einer zeitlichen Unterordnung des Studiums unter die Berufstätigkeit noch von der zeitlichen Unterordnung der Berufstätigkeit unter das Studium sprechen8“ ausgeht, wäre dieses Kriterium als neutral einzustufen.

Da das Finanzgericht somit (mindestens) zwei Kriterien festgestellt hat, die für eine im Vordergrund stehende Berufstätigkeit sprechen, (höchstens) zwei Kriterien, die für ein Gleichgewicht zwischen Berufstätigkeit und Ausbildung sprechen, und kein Kriterium, das für eine im Vordergrund stehende Ausbildung spricht, kann die Gesamtbetrachtung nur zu einer im Vordergrund stehenden Berufstätigkeit führen.

Keine andere Beurteilung ergibt sich aufgrund der mit der Revision verfolgten Einbeziehung des Berufsziels „Finanzrichterin“ in die Gesamtbetrachtung. Das Berufsziel des Kindes ist bereits zu würdigen, um überhaupt in die Prüfung eintreten zu können, ob mehrere Ausbildungsabschnitte zu einer einheitlichen Erstausbildung verknüpft werden können9. Dies hat das Finanzgericht im Streitfall getan, indem es im Hinblick auf das von der Tochter angestrebte Berufsziel einen engen sachlichen Zusammenhang zwischen der Ausbildung zur Diplom-Finanzwirtin (duales Studium) und dem Studium der Rechtswissenschaften bejaht hat. Für die weiter erforderliche Abgrenzung zwischen einer einheitlichen Erstausbildung mit daneben ausgeübter Erwerbstätigkeit und einer berufsbegleitend durchgeführten Weiterbildung (Zweitausbildung) kann dieser Gesichtspunkt nicht erneut fruchtbar gemacht werden.

Der Streitfall bietet -entgegen dem vom Finanzgericht mit der Revisionszulassung verfolgten Zweck- auch keinen Anlass, von den im BFH, Urteil in BFHE 263, 209, BStBl II 2019, 765 aufgestellten und in etlichen Folgeentscheidungen bestätigten Rechtsgrundsätzen abzuweichen oder diese fortzuentwickeln. Insbesondere vermag der Bundesfinanzhof nicht zu erkennen, dass das Finanzgericht zusätzliche Kriterien entwickelt hätte, die geeignet wären, die erforderliche Abgrenzung zwischen einer einheitlichen Erstausbildung mit daneben ausgeübter Erwerbstätigkeit und einer berufsbegleitend durchgeführten Weiterbildung (Zweitausbildung) zu fördern.

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Unklar ist, was sich aus der Aussage des Finanzgerichts, die Ausbildung zur Diplom-Finanzwirtin sei kein integrativer Teil einer weitergehenden einheitlichen Ausbildung, stelle also keine typische Zwischenstufe dar, sondern beinhalte eine abgeschlossene Qualifikation, ergeben soll.

Das Finanzgericht hat selbst den engen sachlichen Zusammenhang zwischen den beiden Ausbildungsabschnitten bejaht und diesen damit begründet, dass die Tochter hier die Berufsausbildung zur Volljuristin mit der Spezialisierung (insbesondere) im Steuerrecht anstrebe. Weiter hat es ausgeführt, dass die vorgeschaltete Ausbildung in der Finanzverwaltung beste Bedingungen für ein anschließendes Studium der Rechtswissenschaften mit Schwerpunkt Steuerrecht biete und der „rote Faden“ im Hinblick auf das angestrebte Berufsziel eindeutig erkennbar sei.

Der Umstand, dass die Ausbildung zur Diplom-Finanzwirtin eine abgeschlossene Qualifikation beinhaltet, ermöglicht keine Abgrenzung zwischen einheitlicher Erstausbildung und nebenberuflicher Zweitausbildung. Wäre die Ausbildung zur Diplom-Finanzwirtin keine abgeschlossene Qualifikation, etwa weil sie vor der Prüfung abgebrochen wurde oder weil sie zu keinem Abschluss führte (wie z.B. ein Praktikum), würde sich das Abgrenzungsproblem gar nicht stellen, da dieser Ausbildungsabschnitt dann mangels „Erlangung des ersten Abschlusses in einem öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang“10 schon keine Erstausbildung darstellen könnte. Das Abgrenzungsproblem ergibt sich vielmehr gerade daraus, dass nicht jeder formale Abschluss zugleich zwingend zum Verbrauch der Erstausbildung führen muss.

Der Umstand, dass bereits während der Ausbildung zur Diplom-Finanzwirtin die wirtschaftliche Unabhängigkeit durch die Ausbildungsvergütung gewährleistet gewesen sein soll, kann nichts über die Abgrenzung zwischen einheitlicher Erstausbildung und nebenberuflicher Zweitausbildung besagen, weil das Studium in diesem Zeitraum noch nicht durchgeführt wurde.

Dagegen liegt das weitere Argument, die anschließende Berufstätigkeit im gehobenen Dienst der Finanzverwaltung habe die wirtschaftliche Existenz auch während der Zeit des Studiums der Rechtswissenschaften abgesichert, auf der bisherigen Linie der Bundesfinanzhofsrechtsprechung. Denn dieses ist nur eine andere Umschreibung dafür, dass die durch den Abschluss erlangte Qualifikation bereits für eine (existenzsichernde) Berufstätigkeit genutzt wurde.

Soweit das Argument, die Berufstätigkeit ermögliche Berufserfahrung und habe im Lebenslauf auch ein eigenes Gewicht, auf die Ausnutzung der durch den Abschluss erlangten Qualifikation in einer qualifikationsspezifischen Tätigkeit abzielen sollte -worauf das Argument „Sprungbrett“ hindeutet-, liegt es ebenfalls auf der bisherigen Linie der Bundesfinanzhofsrechtsprechung.

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Verstünde man das Argument dagegen losgelöst von der erlangten Qualifikation, besäße es nach Auffassung des Bundesfinanzhofs keinen Abgrenzungswert. Denn auch jede während des Studiums der Rechtswissenschaften ausgeübte fachfremde Berufstätigkeit bringt Berufserfahrung ein und kann im Lebenslauf, z.B. über spezifische Branchenerfahrung, eigenes Gewicht erlangen.

Im Übrigen geht der Bundesfinanzhof davon aus, dass sich die nach der Bundesfinanzhofsrechtsprechung anzuwendenden Abgrenzungskriterien bei Ausschöpfung der Sachverhaltsermittlungsmöglichkeiten klar in die eine oder andere Richtung beurteilen lassen, sodass gleichgewichtige und nicht eindeutige Indizienlagen regelmäßig ausgeschlossen sein dürften. Das schließt nicht aus, dass die Familienkassen und Finanzgericht im Einzelfall auch andere geeignete Abgrenzungskriterien finden und in die Gesamtbetrachtung einbeziehen können.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 7. April 2022 – III R 22/21

  1. BFH, Urteil vom 11.12.2018  – III R 26/18, BFHE 263, 209, BStBl II 2019, 765, Rz 14 ff.[]
  2. FG Düsseldorf, Urteil vom 14.06.2021 – 9 K 370/21 Kg[]
  3. BFH, Urteil vom 11.12.2018 – III R 26/18, BFHE 263, 209, BStBl II 2019, 765, Rz 14 ff.[]
  4. z.B. BFH, Urteil vom 17.01.2019 – III R 8/18, BFH/NV 2019, 815, Rz 13 ff., zu einer dreijährigen Ausbildung zum Steuerfachangestellten und einem anschließenden Bachelorstudium im Studienfach „Steuerrecht Teilzeit“[]
  5. s. dazu BFH, Urteil in BFHE 263, 209, BStBl II 2019, 765, Rz 14[]
  6. s. dazu BFH, Urteil in BFHE 263, 209, BStBl II 2019, 765, Rz 17[][]
  7. BFH, Urteil in BFHE 263, 209, BStBl II 2019, 765, Rz 19[]
  8. vgl. BFH, Urteil a.a.O., Rz 19[]
  9. BFH, Urteile in BFHE 263, 209, BStBl II 2019, 765, Rz 17; und vom 03.07.2014 – III R 52/13, BFHE 246, 427, BStBl II 2015, 152, Rz 30[]
  10. s. dazu BFH, Urteil in BFHE 263, 209, BStBl II 2019, 765, Rz 14, m.w.N.[]

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