Kindergeldrückforderung – in Weiterleitungsfällen

Es begegnet keinen rechtlichen Bedenken, dass Familienkassen in den sogenannten Weiterleitungsfällen die Erfüllungswirkung der Weiterleitung nicht rückwirkend, sondern erst ab dem Zeitpunkt der Vorlage der wirksamen Weiterleitungserklärung des anderen Elternteils anerkennen. 

Kindergeldrückforderung – in Weiterleitungsfällen

Bereits entstandene Säumniszuschläge sind auch nicht durch die spätere Anerkennung der teilweisen Weiterleitung des Kindergelds durch den Vater an die Mutter entfallen. Es ist insoweit nicht zu beanstanden, dass die Familienkasse bei der Berechnung der Säumniszuschläge nicht nur den Restbetrag der Rückforderung, sondern die gesamte ursprüngliche Rückforderung zugrunde gelegt hat, das heißt die weitergeleiteten Beträge nicht rückwirkend berücksichtigt hat.

Die für die Familienkassen geltenden Verwaltungsanweisungen sehen im Falle der Erhebung des Weiterleitungseinwandes die Möglichkeit einer Billigkeitsmaßnahme vor1. Nicht im Gesetz selbst angeordnete finanzbehördliche Vereinfachungsregeln wie das sogenannte Weiterleitungsverfahren sind so auszulegen, wie die Verwaltung sie verstanden wissen will2. Es begegnet aus diesem Grund keinen rechtlichen Bedenken, wenn die Familienkassen die Erfüllungswirkung einer anerkannten Weiterleitung nicht ex tunc, sondern lediglich ex nunc annehmen. Da es an einer Gegenseitigkeit der Forderungen (hier: der Mutter gegen die Familienkasse) und Rückforderungen (hier: der Rückforderung der Familienkasse gegen den Vater) fehlt, kommt eine rückwirkende Berücksichtigung nach § 75 Abs. 1 EStG, § 226 Abs. 1, § 47 AO i.V.m. § 389 BGB nicht in Betracht.

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Für die Unbedenklichkeit dessen, dass Säumniszuschläge in den in – V 37 der DA-KG 2019 beschriebenen Weiterleitungsfällen3 nicht rückwirkend entfallen, spricht auch die in § 240 Abs. 1 Satz 4 AO zum Ausdruck kommende gesetzliche Wertung. Nach dieser Vorschrift bleiben, wenn die Festsetzung einer Steuer oder Steuervergütung aufgehoben, geändert oder nach § 129 AO berichtigt wird, die bis dahin verwirkten Säumniszuschläge unberührt4.

 

Bundesfinanzhof, Urteil vom 17. August 2023 – III R 37/22

  1. s. die zur Zeit der Einspruchsentscheidung dgeltende Regelung – V 37 der Dienstanweisung des Bundeszentralamts für Steuern -BZSt- zum Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz vom 09.07.2019 -DA-KG 2019-, BStBl I 2019, 654; vgl. auch BFH, Urteil vom 19.05.2022 – III R 16/20, BFH/NV 2022, 1160, Rz 18[]
  2. vgl. BFH, Urteile vom 22.09.2011 – III R 82/08, BFHE 235, 336, BStBl II 2012, 734, Rz 21; und vom 19.05.2022 – III R 16/20, BFH/NV 2022, 1160, Rz 25[]
  3. vgl. dazu BFH, Urteil vom 16.03.2004 – VIII R 48/03, BFH/NV 2004, 1218, Rz 16[]
  4. vgl. BFH, Urteil vom 10.03.2016 – III R 2/15, BFHE 253, 12, BStBl II 2016, 508, Rz 30[]

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