Schwerbehindertenrecht – und das Rechtsdienstleistungsgesetz

Ein aufgrund einer Alterlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz (RBerG) registrierter Erlaubnisinhaber im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 2 RDGEG hat, wenn er mangels Vertretungsbefugnis in einem bestimmten Rechtsgebiet als Vertreter zurückgewiesen wird, gemäß § 43 Abs. 1 VwGO ein berechtigtes Interesse an der Feststellung des Umfangs seiner Vertretungsbefugnis gemäß § 3 Abs. 2 RDGEG.

Schwerbehindertenrecht – und das Rechtsdienstleistungsgesetz

Nach § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 RDGEG stehen registrierte Erlaubnisinhaber unter anderem nach § 73 Abs. 2 Satz 1 SGG einem Rechtsanwalt gleich, soweit ihnen die gerichtliche Vertretung nach dem Umfang ihrer bisherigen Erlaubnis gestattet war; in diesem Fall ist der Umfang der Befugnis zu registrieren und im Rechtsdienstleistungsregister bekannt zu machen (§ 3 Abs. 2 Satz 2 RDGEG). Die Voraussetzungen einer derartigen gesetzlichen Gleichstellung sind im Falle des Klägers erfüllt.

Im vorliegenden Fall ist der Kläger zusätzlich zu seiner Registrierung nach § 1 Abs. 3 Satz 1 RDGEG als Erlaubnisinhaber nach § 1 Abs. 3 Satz 2 RDGEG registriert und damit registrierter Erlaubnisinhaber im Sinne der zuletzt genannten Norm. Denn er ist Inhaber einer Erlaubnis als Rentenberater nach Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 RBerG, dessen Befugnisse über die in § 10 Abs. 1 RDG geregelten Befugnisse hinausgehen.

Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 RDG dürfen natürliche und juristische Personen Rechtsdienstleistungen im Bereich der Rentenberatung unter anderem auf dem Gebiet des Schwerbehindertenrechts – nur – mit Bezug zu einer gesetzlichen Rente erbringen. Das Berufungsgericht hat angenommen, dass die dem Kläger erteilten Erlaubnisse nach Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 RBerG diese Beschränkung auf Verfahren mit Rentenbezug nicht enthalten und dies auch für die Registrierung der Erlaubnisse gilt. Diese Auslegung der betreffenden Verwaltungsakte lässt keinen Verstoß gegen revisibles Recht erkennen. Die Befugnisse des Klägers reichen damit kraft der ihm erteilten Erlaubnisse weiter als die gesetzlich (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 RDG) vorgesehenen Befugnisse eines Rentenberaters, weil sie auch die Verfahren im Bereich des Schwerbehindertenrechts ohne Bezug zu einer gesetzlichen Rente umfassen.

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Nicht nur die Erlaubnis, sondern auch die daran anknüpfende Registrierung des Klägers stellt einen Verwaltungsakt dar, der unabhängig von seiner Rechtmäßigkeit wirksam ist1, sofern – wie hier – keine Nichtigkeitsgründe vorliegen. Den Feststellungen des Berufungsgerichts lässt sich nichts entnehmen, was gegen die Wirksamkeit der Registrierung spricht. Sie bindet den Beklagten als Träger der Registrierungsbehörde. Ob und in welchem Umfang nach aktueller Rechtslage weitere Behörden und Gerichte an die Registrierung gebunden sind2, muss in diesem Revisionsverfahren nicht abschließend beantwortet werden.

Allerdings spricht vieles dafür, dass seit dem Inkrafttreten des § 1 Abs. 3 Satz 3 und 4 RDGEG in der Fassung des Art. 5 Nr. 1 des Gesetzes zur Förderung verbrauchergerechter Angebote im Rechtsdienstleistungsmarkt vom 10.08.20213 die Registrierung Bindungswirkung für alle Gerichte und Behörden entfaltet. Mit der Neuregelung, die am 1.10.2021 in Kraft getreten ist (Art. 9 des vorgenannten Gesetzes), soll klargestellt werden, dass sich aus dem Einführungsgesetz zum Rechtsdienstleistungsgesetz ein Letztentscheidungsrecht der Registrierungsbehörde ergibt. Die damit erzielte Bindungswirkung der Registrierung gegenüber jedem Gericht und jeder Behörde soll für alle Beteiligten Rechtssicherheit schaffen4. Diese gesetzgeberische Klarstellung erfolgte als ausdrückliche Reaktion auf die bisherige Rechtsprechung, die ein derartiges Letztentscheidungsrecht der Registrierungsbehörde verneint hat5. Wie die Beteiligte zutreffend ausführt, legt die gesetzgeberische Zwecksetzung ein Verständnis des § 3 Abs. 2 RDGEG nahe, nach dem eine erteilte Erlaubnis und deren Registrierung ebenfalls Bindungswirkung gegenüber allen Gerichten und Behörden entfalten. Eine solche Auslegung stünde im Einklang mit dem Anliegen des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz, für alle registrierten Erlaubnisinhaber den bisherigen Status Quo zu wahren und ihnen eine Prozessvertretung in dem Umfang zu ermöglichen, der ihrer Zulassung entspricht6. Ob sie zutrifft, bedarf jedoch hier keiner Entscheidung, weil das Berufungsgericht die Frage einer „Drittbindungswirkung“ der Registrierung ausdrücklich offengelassen hat. Es kann daher nicht auf Annahmen zur Erstreckung der Bindungswirkung auf alle Gerichte und Behörden beruhen.

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Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 19. Juli 2022 – 8 C 10.21

  1. vgl. zur Registrierung BSG, Urteil vom 24.09.2020 – B 9 SB 2/18 R – BSGE 131, 42 Rn. 48 ff.[]
  2. eine derartige „Drittwirkung“ für die Rechtslage vor dem 1.10.2021 verneinend BSG, Urteil vom 24.09.2020 – B 9 SB 2/18 R – BSGE 131, 42 Rn. 52 ff.[]
  3. BGBl. I S. 3415[]
  4. vgl. BT-Drs.19/30495, S.19[]
  5. vgl. BT-Drs.19/30495, S. 18 unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 24.09.2020 – B 9 SB 2/18 R – BSGE 131, 42 Rn. 52 ff.[]
  6. vgl. BT-Drs. 16/3655, S. 79[]