Die Sozialversicherungspflicht aufgrund der Beschäftigung von Ortsvorstehern und Bürgermeistern ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil sie ihre Tätigkeit zugleich als Ehrenbeamte ausüben.

Vielmehr kommt es auch bei diesen Organen juristischer Personen des öffentlichen Rechts darauf an, inwieweit sie in ihrer Tätigkeit Weisungen unterliegen und konkret in Verwaltungsabläufe eingegliedert, zum Beispiel Dienstvorgesetzte sind. Ein weiteres Kriterium ist, ob die Betroffenen eine Gegenleistung erhalten, die sich als Arbeitsentgelt und nicht als Aufwandsentschädigung für eine von ideellen Zwecken geprägte Tätigkeit darstellt. Dies ist in jedem Einzelfall zu prüfen. Die Gegenleistung darf unter Berücksichtigung bestimmter Merkmale – wie Höhe, Bemessung, steuerrechtliche Ehrenamts- und kommunalrechtliche Entschädigungspauschalen – nicht evident über den Ausgleich für den tatsächlichen Aufwand des Ehrenamts hinausgehen.
Dies hat jetzt das Bundessozialgericht in zwei Revisionsverfahren – eines ehrenamtlichen Bürgermeisters und eines Ortsvorsteher – entschieden:
In dem einen Verfahren1 ging es um den Beigeladene Bürgermeister der klagenden Stadt, die in eine Verwaltungsgemeinschaft eingebunden war. Er war nach dem Kommunalrecht ehrenamtlich tätig und erhielt dafür eine Aufwandsentschädigung von monatlich 1.200 €. Im zweiten Verfahren2 waren die Ortsvorsteher als Ehrenbeamte auf Zeit in Ortsteilen der klagenden Stadt tätig und erhielten Aufwandsentschädigungen von monatlich zwischen 221 und 250 €. In beiden Fällen forderten die Rentenversicherungsträger von den Städten nach einer Betriebsprüfung Sozialversicherungsbeiträge beziehungsweise Pauschalbeiträge auf die Aufwandsentschädigungen nach. Hiergegen haben die Städte geltend gemacht, die Bürgermeister und Ortsvorsteher seien ehrenamtlich tätig gewesen. Eine Aufwandsentschädigung sei kein Arbeitsentgelt. Sozialversicherungsbeiträge dürften darauf nicht erhoben werden. Vorinstanzlich gaben die Landessozialgerichte den klagenden Städten Recht. Dagegen wenden sich die Rentenversicherungsträger mit ihren Revisionen:
Ortsvorsteher, die im Wesentlichen ihr Wahlamt ausüben, sind grundsätzlich nicht abhängig beschäftigt. Eine dafür gezahlte Aufwandsentschädigung ist jedenfalls dann nicht beitragspflichtig, wenn sie nicht offensichtlich eine verdeckte Vergütung ist. Demzufolge hat das Bundessozialgericht in diesem Verfahren die Revision des Rentenversicherungsträgers zurückgewiesen.
Bürgermeister sind dagegen grundsätzlich sozialversicherungspflichtig beschäftigt, wenn sie nicht nur Vorsitzende des Stadtrats, sondern auch Spitze der Verwaltung und Dienstvorgesetzte sind und dafür eine Entschädigung erhalten, die deutlich über steuerrechtliche Ehrenamtspauschalen hinausgeht. In diesem Verfahren hat die Revision des Rentenversicherungsträgers Erfolg gehabt
Bundessozialgericht, Urteile 27. April 2021 – B 12 KR 25/19 R und B 12 R 8/20 R
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