Nach § 51 Abs 4 Satz 1 SGB IX wird an Leistungsempfänger, die im Anschluss an eine abgeschlossene Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben arbeitslos sind, unter anderem Übergangsgeld während der Arbeitslosigkeit bis zu drei Monate weitergezahlt, wenn sie sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet haben und einen Anspruch auf Arbeitslosengeld von mindestens drei Monaten nicht geltend machen können.

Diese Voraussetzungen sind nach einer Entscheidung des Bundessozialgerichts auch erfüllt, wenn der Leistungsempfänger, der während der Weiterbildung einen neuen Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht erwerben konnte, sich aber nach Abschluss der Maßnahme wie ein Arbeitslosengeld-Bezieher hinreichend um eine neue Beschäftigung bemüht, diese jedoch später, aber noch innerhalb des Dreimonatszeitraums wieder verliert.
In dem vom Bundessozialgericht entschiedenen Fall ist der Kläger Leistungsempfänger im Sinne des § 51 Abs 4 Satz 1 SGB IX. Er hat an einer Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben erfolgreich teilgenommen und wegen der Teilnahme Übergangsgeld bezogen (§ 103 Nr 1, § 160 SGB III in Verbindung mit §§ 46 ff SGB IX1).
Der Kläger war im Anschluss an die abgeschlossene Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben arbeitslos und er hat sich auch im Sinne des § 54 Abs 4 Satz 1 SGB IX bei der zuständigen Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet. Der Kläger hat sich am Tag nach der Beendigung der Weiterbildungsmaßnahme, arbeitslos gemeldet und hat ab diesem Zeitpunkt bis zur Beschäftigungsaufnahme auch die Voraussetzungen der Arbeitslosigkeit (insbesondere Beschäftigungslosigkeit und Verfügbarkeit) erfüllt hat. Zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses (noch innerhalb des Drei-Monatszeitraums) hat er sich erneut arbeitslos gemeldet.
Da der Kläger die Voraussetzungen der Arbeitslosigkeit und der Arbeitslosmeldung schon im unmittelbaren Anschluss an den Abschluss der Weiterbildung mit Bezug von Übergangsgeld, und dann wieder sofort nach Beendigung der nur kurz ausgeübten Beschäftigung erfüllt hat, stellt sich nicht die im Urteil des Bundessozialgerichts zum früheren § 156 SGB III erörterte Frage, ob eine „nahtlose“ Arbeitslosmeldung zu verlangen ist2. Der Kläger hat vielmehr alles getan, um die Arbeitsverwaltung in die Lage zu versetzen, mit den Vermittlungsbemühungen zu beginnen und die Arbeitslosigkeit möglichst rasch zu beenden3. Ihm kann deshalb auch für den streitigen Zeitraum der erneuten Arbeitslosmeldung (nach Ende der zwischenzeitlichen Beschäftigung) nicht entgegengehalten werden, es fehle an einer Arbeitslosigkeit oder der Arbeitslosmeldung „im Anschluss“ an die abgeschlossene Leistung.
Auch die Voraussetzung des § 51 Abs 4 Satz 1 SGB IX, dass der Leistungsempfänger einen Anspruch auf Arbeitslosengeld von mindestens drei Monaten nicht geltend machen kann, ist unzweifelhaft erfüllt. Denn nach den Feststellungen war der frühere Arbeitslosengeld-Anspruch des Klägers bereits erschöpft.
Der teilweise auch im Schrifttum vertretenen Auffassung, mit der Aufnahme einer Arbeit ende der Anspruch auf Anschluss-Übergangsgeld endgültig4, folgt das Bundessozialgericht nicht. Dem Wortlaut des § 51 Abs 4 SGB IX lässt sich eine solche Beschränkung nicht entnehmen. Soweit nach § 51 Abs 4 Satz 1 Halbs 1 SGB IX Arbeitslosigkeit „im Anschluss“ an eine abgeschlossene Teilhabeleistung erforderlich ist, folgt hieraus nicht zwingend der endgültige Ausschluss des Anspruchs auf Übergangsgeld für den Fall, dass zunächst Arbeitslosigkeit vorliegt, dann eine Beschäftigung aufgenommen wird und danach erneut Arbeitslosigkeit eintritt. Denn nach § 51 Abs 4 Satz 1 Halbs 1 SGB IX ist das Übergangsgeld „bis zu drei Monaten“ weiter zu zahlen, und § 51 Abs 4 Satz 1 Halbs 2 SGB IX vermindert die Dauer von drei Monaten für den Fall, dass zeitweise noch ein Anspruch auf Arbeitslosengeld geltend gemacht werden kann. Der Gesetzeswortlaut lässt somit durchaus die Weiterzahlung von Übergangsgeld für insgesamt längstens drei Monate mit Unterbrechungen wegen vorübergehender Nichterfüllung einzelner Voraussetzungen zu.
Für diese Auffassung sprechen auch nicht Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung. § 51 Abs 4 Satz 1 SGB IX entspricht dem früheren § 160 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB III5 und ist seit dem 1. Juli 2001 an dessen Stelle getreten. Die Vorschrift knüpft an frühere Regelungen des Gesetzes über die Angleichung der Leistungen zur Rehabilitation (RehaAnglG) bzw des AFG an und erweitert diese6. Unter Berücksichtigung der Gesetzesmaterialien zu den Vorgängerregelungen ist vom Zweck des § 51 Abs 4 Satz 1 SGB IX auszugehen, behinderten Menschen, die durch den Bezug von Übergangsgeld einen Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht begründen und oftmals nach dem Ende der Weiterbildungsmaßnahme eine Arbeit nicht sofort aufnehmen können, die soziale Sicherung durch Anschluss-Übergangsgeld bis zur Dauer von drei Monaten zu gewährleisten7.
Aus Sinn und Zweck des § 51 Abs 4 Satz 1 SGB IX folgt somit, dass der Leistungsempfänger, der während der Weiterbildung einen neuen Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht erwerben konnte, sich aber nach Abschluss der Maßnahme wie ein Arbeitslosengeld-Bezieher hinreichend um eine neue Beschäftigung bemüht, jedenfalls für die Dauer von drei Monaten in Höhe des zuvor bezogenen Übergangsgeld sozial abgesichert sein soll. Es ist nicht zu erkennen, weshalb diese vom Gesetz vorgesehene Sicherung nicht mehr gelten soll, wenn zunächst die Aufnahme einer Beschäftigung gelingt, diese jedoch später, aber noch innerhalb des Dreimonatszeitraums wieder endet8. Eine derartige Begrenzung des Anspruchs würde, worauf das LSG zutreffend hingewiesen hat, die Leistungsempfänger unangemessen benachteiligen, die sich zunächst mit Erfolg um eine Beschäftigung bemüht haben.
Die Argumentation, es handele sich um die „Verwirklichung eines allgemeinen Lebensrisikos“, verkennt, dass soeben umgeschulte behinderte Menschen insoweit nicht mit Personen gleichgestellt werden können, die bereits im Arbeitsmarkt etabliert sind. Gerade für Personen wie den Arbeitslosen, die keinen Arbeitslosengeld-Anspruch haben, wollte der Gesetzgeber einen besonderen Schutz für den Zeitraum von drei Monaten vorsehen. Der Erhalt des Anspruchs auf Anschluss-Übergangsgeld auch bei einer Unterbrechung durch Aufnahme einer kurzfristigen Beschäftigung vermeidet außerdem Schwierigkeiten, die sich anderenfalls bei der Prüfung eines etwaigen sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs unter dem Gesichtspunkt einer möglichen Verletzung von Beratungspflichten ergeben könnten. Dies zeigt gerade die vorliegende Fallgestaltung, in der die vom Arbeitslosen über die Arbeitsaufnahme informierte Agentur für Arbeit ihrerseits die Förderung dieses Arbeitsplatzes durch einen Eingliederungszuschuss in Aussicht gestellt hatte.
Bundessozialgericht, Urteil vom 23. Februar 2011 – B 11 AL 15/10 R
- zur Akzessorietät vgl Luik in Eicher/Schlegel, SGB III, § 160 RdNr 24, Stand 2009; zum Erfordernis des erfolgreichen Abschlusses vgl BSG, Urteil vom 23.02.2000 – B 5 RJ 38/98 R, DRV 2001, 119; Böttiger in Eicher/Schlegel, SGB III, RdNr 25 zu § 51 SGB IX (Anlage Unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen SGB IX), Stand 2007; zum Meinungsstand, ob Maßnahme erfolgreich beendet worden sein muss, vgl Nachweise bei Keller in Mutschler/Bartz/Schmidt-de Caluwe, SGB III, 3. Aufl 2008, § 160 RdNr 55[↩]
- vgl BSGE 86, 147, 148 ff = SozR 3-4300 § 156 Nr 1; vgl auch zum früheren § 59d Abs 2 AFG: Niesel, AFG, 2. Aufl 1997, § 59d RdNr 26; zu § 59c AFG s BSG SozR 3-4100 § 59c Nr 3[↩]
- vgl BSGE aaO S 149[↩]
- vgl etwa Keller in Mutschler/Bartz/Schmidt-de Caluwe, SGB III, 3. Aufl 2008, § 160 RdNr 69; Schütze in Hauck/Noftz, SGB IX, § 51 RdNr 27; ebenso wohl Karmanski in Niesel/Brand, SGB III, 5. Aufl 2010, § 160 RdNr 103, der nur geringfügige Beschäftigungen bzw den missglückten Arbeitsversuch als Ausnahmetatbestände erwähnt[↩]
- i.d.F. des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes (AFRG) vom 24.03.1997, BGBl I 594[↩]
- vgl § 17 Abs 3 RehaAnglG und § 59d Abs 2 AFG: Weitergewährung von Übergangsgeld bis zu sechs Wochen[↩]
- vgl zum AFRG: BT-Drucks 13/4941 S 183, zu § 160, und S 182, zu § 156; zum SGB IX: BT-Drucks 14/5074 S 110, zu §§ 50 bis 52; vgl auch Keller in Mutschler/Bartz/Schmidt-de Caluwe, SGB III, 3. Aufl 2008, § 160 RdNr 51 mit Hinweis auf BR-Drucks 517/73 S 60 zum RehaAnglG; Schütze in Hauck/Noftz, SGB III, § 51 RdNr 20[↩]
- zur Unschädlichkeit einer Unterbrechung vgl auch LSG Niedersachsen, Urteil vom 17.08.2000 – L 8 AL 475/99; Breith 2000, 1059[↩]